| # taz.de -- Serie South Park: Hadern mit dem Realitätsprinzip | |
| > Seit 1999 gibt es „South Park“ auf deutschen Bildschirmen. Gerade ist die | |
| > 27. Staffel angelaufen und der Zeitgeist ist immer noch dabei. | |
| Bild: Die 27. Staffel von South Park | |
| Die erste Folge lief 1997 über den Äther, gut zwei Jahre später hatte RTL | |
| die deutsche Erstausstrahlung von [1][„South Park“] im Programm. Inzwischen | |
| kann man die in Eigenregie produzierte Zeichentrickserie um eine Gruppe | |
| Grundschüler aus dem fiktiven Colorado-Städtchen von Matt Stone und Trey | |
| Parker auch hier im Original schauen. | |
| Dass grundsätzlich alles und jeder kompromittiert ist, gehört von Beginn an | |
| zum Modus Operandi der Serie. Das US-amerikanische Gleichheitsversprechen | |
| interpretierten Stone und Parker als Recht, gleichermaßen gnadenlos | |
| verspottet werden zu dürfen. Seit fast 30 Jahren kann man sich Ausgabe für | |
| Ausgabe fragen: Was würde Cartman tun, welchem zeitgeistigen Phänomen würde | |
| der neunmalkluge Misanthrop sich diesmal andienen? | |
| PC Principal, der militärisch gestählte Rektor der Schule, hat jedenfalls | |
| neuerdings die ultraprogressive gegen die radikal christliche Gesinnung | |
| eingetauscht. | |
| Gerade ist die 27. Staffel angelaufen. In Deutschland, wo Popkultur | |
| traditionell eine untergeordnete Rolle in den Feuilletons spielt, liest man | |
| selten über derart fortgeschrittene Serien – es sei denn, es geht um den | |
| amtierenden US-Präsidenten. | |
| ## Der Präsident im Bett mit Satan | |
| Dabei ist die „Kritik“ an dem mit Satan im Bett liegenden, von den | |
| Serienmachern mit viel Hohn für Übergewicht und kleine Geschlechtsteile | |
| ausgestatteten Politiker nicht annähernd das Spannendste an der aktuellen | |
| Staffel (wirklich bemerkenswert wäre doch zur Abwechslung gutes | |
| Unterhaltungsfernsehen von völlig unkritischen MAGA-Fans). Spannender ist, | |
| wie so ein Format in Echtzeit unter zunehmend wegbrechenden Gewissheiten | |
| überhaupt funktioniert. | |
| Anfang 2017 gab es schon mal eine Art Reality-Knick. Die Ereignisse hatten | |
| die Comedy und auch die Late-Night-Hosts in den USA eingeholt, es war eine | |
| Zeitlang einfach nicht mehr so lustig. Bei manchen mag es die Kränkung über | |
| das persönlich nicht genehme Wahlergebnis sein. Aber vielen schien zu | |
| dämmern, dass die Phänomene, die bald folgen würden, wenig mit dem etwas | |
| beargwöhnten, doch vertrauten Konservativismus zu tun hatten, sondern | |
| geradezu dessen disruptives Gegenteil bedeuteten. | |
| Das Versprechen des Formats ist sein Trotzdem, alles geht weiter. Bei | |
| „South Park“ durfte man aus gutem Grund hoffen, dass Parker und Stone dem | |
| Wahnsinn der Gegenwart immer noch ein Schnippchen schlagen würden. Jetzt | |
| kann man der Serie beim Hadern mit dem Realitätsprinzip in Echtzeit | |
| zusehen. | |
| ## Schlaue Analyse und Fäkalhumor | |
| Auf einen groben Klotz gehört halt manchmal ein grober Keil. „South Park“ | |
| war immer schon beides: schlaue Analyse wie Hoden- und Fäkalhumor. Die | |
| Gewichtung kann man sich zum Glück nicht aussuchen. Sehnsüchte nach | |
| kommoden Statements enttäuschen die Serienmacher immer wieder. Gerade dann | |
| blitzt zwischen derben Albernheiten Wahrhaftiges durch. | |
| Wenn ihrerseits wenig betuchte Leute von der Straße weg angeheuert werden, | |
| um nach einem Crashkurs als ICE-Agenten wahllos MigrantInnen | |
| zusammenzuscheuchen. Und wenn Kyle in der aktuellen Folge seine | |
| MitschülerInnen daran erinnert, dass Juden und Palästinenser keine | |
| Fußballteams sind, auf die man Wetten abschließt („Israel, nicht Juden!“, | |
| korrigiert später seine Mutter), dann sind das für „South | |
| Park“-Verhältnisse geradezu aufrichtige Erkenntnisse aus einer Gesellschaft | |
| im medial vermittelten Dauerbetrieb. | |
| Die aktuelle Staffel ist noch nicht zu Ende. In wahnsinnigem Tempo | |
| verarbeiten Trey Parker und Matt Stone quasi live eine politische | |
| Gegenwart, die vielen nurmehr als Travestie erscheint. Und versuchen dabei, | |
| ein geradezu [2][Kant’sches Prinzip, niemanden ob seiner | |
| selbstverschuldeten Unmündigkeit zu schonen]. | |
| 5 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katharina J. Cichosch | |
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