# taz.de -- 25 Jahre später: „Wer hat den NSU unterstützt?“ | |
> In Nürnberg fand eine Gedenkveranstaltung für Enver Şimşek statt, eines | |
> der Mordopfer der Anschlagserie des NSU. Die Angehörigen haben noch | |
> Fragen. | |
Bild: Eine Gedenktafel mit dem Abbild des vom NSU ermordeten Enver Şimşek hä… | |
Nürnberg taz | 25 Jahre nach dem Mord an Enver Şimşek versammelten sich am | |
Dienstagabend rund 500 Menschen zur Gedenkveranstaltung in Nürnberg, | |
organisiert vom “[1][Solidaritätsnetzwerk der Betroffenen rechter, | |
rassistischer und antisemitischer Gewalt]“, um an ihn zu erinnern. Şimşek | |
war ein Blumengroßhändler und das erste Opfer des rechtsterroristischen | |
„Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU). Er wurde im September 2000 in | |
Nürnberg angeschossen und starb zwei Tage später im Krankenhaus. Dass der | |
NSU hinter dem Mord stand, erfuhr die Familie erst elf Jahre später. | |
„Es schmerzt so sehr, wenn ich daran denke, was uns genommen wurde. Und der | |
Schmerz wird mit den Jahren nicht weniger, im Gegenteil, er wird größer“, | |
sagte die Tochter von Enver Şimşek, Semiya Şimşek auf der | |
Gedenkveranstaltung am Dienstagabend. “ Ich versuche aber immer an die | |
schönsten Zeiten zu denken: an unsere Fahrt nach Holland, wenn ich mit ihm | |
in Blumentransporter unterwegs war, an seine Fürsorge, wenn er mir die | |
Haare gekämmt hat, an sein Lächeln“ Sie war zum Zeitpunkt der Tat 14 Jahre | |
alt und wurde gemeinsam mit ihrer Familie über Jahre verdächtigt. Lange | |
vermutete die Polizei unter anderem Şimşeks Ehefrau hinter der Tat und ging | |
sie davon aus, Şimşek sei im Drogengeschäft tätig gewesen. In der Presse | |
war von „Dönermorden“ die Rede. Auch die Anwältin der Familie erinnerte am | |
Dienstagabend daran, dass die Familie in der Zeit nach dem Mord „vom Staat | |
kriminalisiert“ wurde. „Seine Würde und die Würde seiner Familie wurden m… | |
Füßen getreten“, so die Anwältin. Unmenschlich und entwürdigend seien die | |
Angehörigen von der Polizei behandelt worden, „obwohl sie ihre Angehörigen | |
gerade erst verloren haben“. | |
Unter den Anwesenden war auch Gamze Kubaşık, Tochter von Mehmet Kubaşık, | |
der 2006 in Dortmund ermordet wurde. Bis heute seien die entscheidenden | |
Fragen offen geblieben, sagte die 39-Jährige: „Wer hat den NSU unterstützt? | |
Welche Netzwerke haben mitgewirkt? Welche staatlichen Stellen haben | |
versagt, weggeschaut oder vertuscht?“ Die Behörden, die Politik und die | |
Justiz hätten das Vertrauen zerstört. Dennoch: „Wir sind nicht still | |
geblieben.“ | |
Kubaşık und Şimşek wandten sich zuletzt [2][mit einer Petition] an das | |
[3][Aussteigerprogramm „EXIT“] sowie an die Bundesregierung. Anlass war die | |
Aufnahme der verurteilten NSU-Terroristin Beate Zschäpe in das Programm. Im | |
Juli 2018 war Zschäpe wegen ihrer Beteiligung an der zehnfachen Mordserie | |
des NSU zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit besonderer Schwere der | |
Schuld verurteilt worden. Inzwischen ist sie im Aussteigerprogramm „EXIT“ | |
aufgenommen worden. „Es darf nicht sein, dass eine Täterin, die Mitschuld | |
an zehn Morden hat und keine Reue zeigt und nicht zur Aufklärung beiträgt, | |
in ein Aussteigerprogramm aufgenommen wird“, so Şimşek am Dienstag. | |
Beate Zschäpe ging 1998 gemeinsam mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in den | |
Untergrund und bildete mit ihnen das Kerntrio der rechtsterroristischen | |
Neonazi-Gruppe NSU. Zwischen 2000 und 2007 ermordete der NSU zehn Menschen | |
– neun von ihnen aus rassistischen Motiven: Enver Şimşek, Abdurrahim | |
Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaş… | |
Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat. | |
10 Sep 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://selbstbestimmt-erinnern.de/kontakt/ | |
[2] https://weact.campact.de/petitions/schluss-mit-der-tater-opfer-umkehr-keine… | |
[3] https://www.exit-deutschland.de/ | |
## AUTOREN | |
Yağmur Ekim Çay | |
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