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# taz.de -- Berlin-Wahl am 20. September 2026: Umkämpftes Haus
> Wäre jetzt und nicht erst in einem Jahr Abgeordnetenhauswahl, wäre zwar
> der erste Platz klar an die CDU vergeben. Alles andere aber ist völlig
> offen.
Bild: Wer hat künftig die Mehrheit im Berliner Abgeordnetenhaus? Das entscheid…
Berlin taz | Über den „einsamen Kai“ [1][hat die SPD vor der
Abgeordnetenhauswahl 2023 gespottet]. Und wollte damit verdecken, dass sie
am Wahlabend hinter CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner und seiner CDU liegen,
dieser aber ohne Koalitionspartner dastehen könnte. Nun, ein Jahr vor der
nächsten Wahl, ist die Lage ähnlich: Zumindest nach bisherigen Umfragedaten
steuert die CDU erneut auf einen Wahlsieg zu. Die zentrale Frage aber ist:
Ist das egal, weil es am 20. September 2026 für eine linke Mehrheit reicht?
Das gilt sowohl rechnerisch wie inhaltlich. SPD wie Grüne sehen sich zwar
zumindest in Teilen der Linkspartei näher als der CDU. Sie fragen sich aber
nach den dortigen Verwerfungen seit dem Herbst 2024, mit welcher Linken sie
es zu tun haben.
Die jüngste repräsentative Umfrage liegt gut drei Monate zurück, aktuelle
Zahlen einer Befragung im Auftrag des Tagesspiegel bestätigen aber die
schon im Sommer beschriebene Lage. Die CDU kommt auf 25 Prozent und liegt
damit aller Kritik an Partei und schwarz-rotem Senat zum Trotz nur um 3
Prozentpunkte unter ihrem Wahlsiegergebnis von 2023 und 6 bis 9 Punkte vor
allen anderen. Im linken Lager vorne ist die Linke – jene Partei, [2][die
noch Ende 2024 bundesweit mit nur 3 Prozent vor dem Aus stand] und es nicht
wieder in den Bundestag zu schaffen schien.
Fast auf einer Höhe dahinter: Grüne, SPD – und die AfD. Ob und wie sich
eine Koalition bilden lässt, wird auch davon abhängen, [3][ob es das in
Brandenburg mitregierende, aber bei der Bundestagswahl gescheiterte Bündnis
Sahra Wagenknecht], kurz BSW, ins Abgeordnetenhaus schafft.
Bei SPD, Grünen und Linkspartei verweist man gerne darauf, dass Berlin
grundsätzlich eine linke Stadt sei und seit der Wiedervereinigung
mehrheitlich stets links gewählt habe. Genau betrachtet stimmt das
allerdings seit 2023 nicht mehr. Bei der damaligen Wiederholungswahl kamen
SPD, Grüne und Linke zusammen erstmals [4][nicht mehr auf eine Mehrheit der
Stimmen, sondern bloß auf 49 Prozent]. Für eine Mehrheit im Parlament hätte
das dennoch gereicht, weil kleinere Partei wie die FDP an der
Fünfprozenthürde scheiterten und deren Stimmen so unter den Tisch fielen.
Die SPD entschied sich jedoch bekannterweise dafür, wie zuletzt 2001
Juniorpartner von CDU und Wegner zu sein.
## Eine Kenia-Koalition gab es schon in Brandenburg
Die Christdemokraten bräuchten nach jetzigem Stand zwei Koalitionspartner
und könnte nach ihren Ausschlusskriterien – weder mit der AfD noch mit der
Linkspartei – nur mit SPD und Grünen ein Bündnis bilden. Eine solche nach
den Landesfarben benannte schwarz-rot-grüne Kenia-Koalition gab es von 2019
bis 2024 in Brandenburg.
Eine, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle spielt in all dem die Frage:
Wie zündet der designierte Spitzenkandidat der SPD, den die Partei im
November offiziell benennen will? Nachdem die Partei sich zu zerlegen
schien zwischen den Ambitionen von Ex-Regierungschefin Franziska Giffey und
Langzeit-Fraktionschef Raed Saleh, hat der von Hannover nach Berlin
zurückkehrende Steffen Krach immerhin parteiintern schon für Beruhigung
gesorgt.
Krach war bis 2021 Staatssekretär für Wissenschaft und damit nominell nur
ein Mann der zweiten Reihe. Da aber der damalige Regierungschef Michael
Müller das Ressort zwar mitverantwortete, aber wegen seines Hauptjobs eher
wenig Zeit dafür fand, war Krach de facto Berlins Wissenschaftsminister.
Fachlich beschlagen, durchsetzungsfähig – diese Attribute bestreitet auch
jenseits der SPD kaum jemand. Was auch gut zu wissen ist: Bei
Fraktionsklausuren war Krach zu später Stunde für die Musik zuständig – mit
einem kongenialen Partner in dieser Sache, nämlich dem damaligen
Senatskanzleichef Björn Böhning. Der ist inzwischen als Staatssekretär in
der Bundesregierung der entscheidende SPD-Koordinator im
Koalitionsausschuss.
## SPD-Mann Krach ist gegen Enteignungen
Die Sache mit Krach ist bloß: Er ist eher ein Mann der Mitte und spiegelt
genauso wenig wie seine Vorgänger Giffey und Müller die linke Mehrheit beim
SPD-Landesparteitag. [5][„Kein Unternehmen muss Angst haben, enteignet zu
werden“], sagte Krach beispielsweise Anfang September in einem Interview.
Ein SPD-Landesparteitag hingegen hat sich schon Mitte 2022 für ein
Enteignungsgesetz ausgesprochen.
Es dürfte nahe liegen, dass die CDU hier ansetzen und versuchen wird, Krach
als das nette Gesicht einer auf Funktionärsebene vielfach ganz anders
tickenden, viel weiter links verorteten SPD darzustellen, der als
Regierungschef eine ganz andere Linie vertreten müsste. Minimalziel für
Krach ist, die SPD wieder zur stärksten Kraft im linken Lager zu machen und
somit in einer Koalition mit Linkspartei und Grünen das Rote Rathaus für
sich beanspruchen zu können.
Das große Fragezeichen ist dabei die Zukunft der Linkspartei. Nach dem
Streit über den Umgang mit Antisemitismus in den eigenen Reihen haben
prägende Gesichter der vergangenen 10, 15 Jahre die Partei verlassen,
darunter drei Ex-Senatsmitglieder wie Klaus Lederer und Ex-Fraktionschef
Carsten Schatz. Andere bisher tragende Kräfte sind zwar weiter
Parteimitglieder, treten aber 2026 nicht mehr zur Abgeordnetenhauswahl an.
Erst diese Woche gab Fraktionschefin Anne Helm bekannt, dann nicht mehr
kandidieren zu wollen.
Wohin geht der Kurs eines Landesverbands, der all diese Leute verliert,
dessen Mitgliedschaft aber seit Oktober von 8.300 Mitglieder auf über
16.000 gewachsen ist? Wohin werden all diese Neuen die Partei steuern? Das
ist weder eine rein akademische noch eine bloße Medienüberlegung. Es ist
vielmehr die Frage, die ganz schnell auftaucht, wenn man mit SPDlern und
Grünen über die Abgeordnetenhauswahl spricht. Dort könnte die erst seit Mai
amtierende Landesvorsitzende Kerstin Wolter die Linke als Spitzenkandidatin
anführen.
## Grüner Spitzenkandidat: Haben die besten Antworten
Wobei die Grünen bei jener Wahl nicht nur wegen des Verhältnisses zur
Linkspartei deshalb in einer besonderen Lage sind. Denn es ist möglich,
dass Berlin am 20. September 2026 nicht nur ein neues Abgeordnetenhaus
wählt, sondern auch über einen Volksentscheid abstimmt, die Stadt innerhalb
des S-Bahn-Rings autofrei zu machen. Das klingt grün, hat aber nicht die
Unterstützung der beiden designierten grünen Spitzenkandidaten.
Schon 2022 und damals noch als Verkehrssenatorin sagte Bettina Jarasch, die
ihre Partei die 2026 mit Co-Fraktionschef Werner Graf in die Wahl führen
soll, der taz über das Volksbegehren: „Ich teile ja fast alle Ziele der
Initiative, [6][aber ich halte den Weg politisch und auch praktisch für
falsch.“] An dieser Ablehnung hat sich nichts geändert, und die Grünen
stehen mitten zwischen dem Ziel, nicht als Verbotspartei dazustehen und dem
Drängen auch zahlreicher Anhänger, den Autoverkehr drastisch
einzuschränken.
Werner Graf, als der Mann, der bei einem Grünen-Wahlsieg ins Rote Rathaus
einziehen soll, sagt in diesen Wochen Richtung 2026: „Ich bin fest davon
überzeugt, dass wir die besten Antworten haben.“ Offen ist bloß, ob die zu
den Fragen passen, die bei der Wahl in einem Jahr entscheidend sind.
19 Sep 2025
## LINKS
[1] /Berliner-Abgeordnetenhauswahl-2023/!5906103
[2] https://www.wahlrecht.de/umfragen/forsa.htm
[3] /100-Tage-SPD-BSW--Koalition/!6073219
[4] https://www.wahlen-berlin.de/wahlen/BE2023/AFSPRAES/agh/index.html
[5] https://www.tagesspiegel.de/berlin/da-fuhle-ich-mich-als-vater-von-drei-kin…
[6] /Senatorin-Jarasch-ueber-gruenen-Stadtumbau/!5833830
## AUTOREN
Stefan Alberti
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Kai Wegner
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Elif Eralp
Berlin
Grüne Berlin
Bettina Jarasch
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fest.
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