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# taz.de -- Fehlende Kitaplätze: Es fängt schon früh an mit der Ungerechtigk…
> Armutsgefährdete Familien erhalten deutlich seltener einen Kitaplatz,
> zeigt eine Studie. Das ist nicht nur für die Kinder schlecht.
Bild: Nicht alle Kinder erhalten einen Kitaplatz
Berlin taz | Ob Eltern in Deutschland einen Kitaplatz erhalten, hängt stark
von ihrem Einkommen ab. Das zeigt [1][ein Bericht des Paritätischen
Wohlfahrtsverbandes], der am Dienstag veröffentlicht worden ist. Demnach
gehen nur 19 Prozent der ein- bis zweijährigen Kinder aus armutsbetroffenen
Familien in eine Kita. Bei Kindern aus besser gestellten Familien ist der
Anteil mit 42 Prozent doppelt so hoch. Und das, obwohl beide Gruppen einen
ähnlich hohen Betreuungswunsch haben und ein Rechtsanspruch auf einen
Kitaplatz ab dem ersten Lebensjahr besteht.
Auch bei älteren Kindern, bei denen die Betreuungsquote insgesamt deutlich
höher liegt, ist der Zusammenhang sichtbar. So besuchen bei den über
Dreijährigen 27 Prozent der Kinder aus armutsbetroffenen Familien keine
Kita – bei den übrigen Kindern sind es dagegen nur 11 Prozent. „Die
Bundesregierung muss diese Ungerechtigkeit beenden und Kitabetreuung für
alle ermöglichen“, forderte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen
Gesamtverbandes, Joachim Rock.
Die Studie zeigt, dass die ungleichen Chancen auf staatliche
Kinderbetreuung sogar noch stärker ausfallen, wenn man die gewährten
Betreuungszeiten berücksichtigt. So werden Kinder aus einkommensschwächeren
Familien, wenn sie denn in die Kita gehen, häufig deutlich kürzer betreut.
Bei den über Dreijährigen etwa erhält nicht mal ein Drittel dieser Kinder
eine Betreuung für 25 oder mehr Stunden – bei den einkommensstärksten
Familien hingegen sind dies fast zwei Drittel.
Für die betroffenen Eltern hat der erschwerte Kitazugang erhebliche Folgen:
Allen voran sind ihre Möglichkeiten, selbst arbeiten zu gehen und somit
aktiv aus der Armutsgefährdung rauszukommen, stark eingeschränkt, warnen
die Autor:innen der Studie: „Fehlende Kindertagesbetreuung ist aus
dieser Sicht eine Lose-Lose-Lose-Situation für Familien, Wirtschaft und den
Staat.“ In vielen Fällen sei es auch „eine Lose-Situation für das Kind, da
es um vielfältige Bildungsanregungen und Peer-Kontakte gebracht wird“.
## Ungleichheiten früh sichtbar
Auch Bildungsforscher:innen betonen, [2][wie wichtig ein früher
Kitabesuch für Kinder aus sozial benachteiligten Familien] wäre. Schon mit
zwei Jahren zeigen sie im Schnitt einen geringeren Wortschatz und
niedrigere soziale Kompetenzen. Studien belegen, dass Kinder aus weniger
privilegierten Verhältnissen in ihrer Entwicklung [3][stärker vom
Kitabesuch profitieren] als Kinder aus eher privilegierten Familien.
Der vorliegende Bericht bestätigt eine Studie des Bundesinstituts für
Bevölkerungsforschung (BiB) aus dem Jahr 2023, die bereits auf die
ungleichen Chancen auf einen Kitaplatz hinwies. „Erneut zeigen die
Ergebnisse, dass Familien, die von einem Kitaplatz besonders profitieren
würden, unterrepräsentiert sind“, sagte die BiB-Direktorin C. Katharina
Spieß der taz. Aus ihrer Sicht muss der Staat besser über Zugänge
informieren, „und auch darüber, wie die Kosten für niedrige Einkommen
übernommen werden können, sofern der Kitaplatz nicht ohnehin gebührenfrei
ist“.
## Bürokratische Hürden
Zwar sind Eltern, die Transferleistungen beziehen, auf Antrag von
Kitagebühren befreit. Die Studie des Paritätischen zeigt jedoch, dass in
der Praxis vielen von ihnen trotzdem vergleichsweise hohe Kosten für die
Betreuung entstehen – offensichtlich scheitern sie an der Bürokratie. Die
Autor:innen fordern, entsprechende Familien automatisch von den Kosten
zu befreien. Zudem soll der Bund dauerhaft in Kitas investieren.
Das haben Union und SPD nicht vor. Sie planen aber deutlich mehr Geld für
den Kitaausbau ein als noch unter der Ampel. 2026 sollen das 6,5 Milliarden
Euro sein.
Aus Sicht der linken Fraktionsvorsitzenden Heidi Reichinnek reicht das
nicht aus. „Im Ergebnis wird die soziale Spaltung befördert statt
reduziert“. Daher würde die Linke das Thema „auch in den
Haushaltsverhandlungen auf die Agenda setzen und mit unserem Kita-Gipfel im
Herbst mit allen relevanten Akteuren Druck machen.“
9 Sep 2025
## LINKS
[1] https://www.der-paritaetische.de/themen/sozial-und-europapolitik/armutsberi…
[2] /Sprachfoerderung-im-Vorschulalter/!6093044
[3] /Fehlende-Plaetze-in-Kitas/!5985377
## AUTOREN
Ralf Pauli
## TAGS
Kita-Finanzierung
Kita-Ausbau
Paritätischer Wohlfahrtsverband
Chancengleichheit
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