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# taz.de -- Denkmal in Wedding eingeweiht: Ein schwacher Trost
> Ein neues Denkmal in Wedding erinnert an Opfer sexualisierter Gewalt in
> Kriegen. Dabei gibt es bereits eine Statue dazu – die aber verschwinden
> soll.
Bild: Für zwei Jahre in Berlin: „Petrified Survivors“ der britischen Küns…
Berlin taz | Eine versteinerte Frau steht wie angewurzelt auf einem Sockel,
umhüllt von den Ranken einer Würgefeige. Ihre Hände sind auf den Rücken
gefesselt. Die Skulptur „Petrified Survivors“ („Versteinerte Überlebende…
der britischen Künstlerin Rebecca Hawkins soll an Frauen erinnern, die
Opfer von sexualisierter Gewalt in Kriegen wurden. Sie wurde am Dienstag
feierlich in Anwesenheit von Hawkins in Wedding enthüllt.
Die Statue stand bisher in Den Haag und ist jetzt auf Initiative des
[1][neu gegründeten Vereins Sasvic] für zwei Jahre nach Berlin gezogen.
Anschließend soll sie in Wasenaar in den Niederlanden ein Zuhause finden.
Ein Denkmal für Opfer sexualisierter Gewalt in Kriegen – war da nicht was?
Richtig, seit 2020 erinnert nur wenige Kilometer entfernt die
Friedensstatue des Korea-Verbandes daran. Sie stellt eine sogenannte
Trostfrau dar: eine koreanische Sexsklavin, die im Zweiten Weltkrieg
japanischen Soldaten zu Diensten sein musste.
Doch die Statue soll nach dem Willen des Bezirks Mitte bis Ende September
abgebaut werden [2][und auf ein privates Grundstück ziehen]. Die
Begründung: Privat initiierte Kunst dürfe in dem Bezirk nur für zwei Jahre
im öffentlichen Raum stehen. Der Korea-Verband hat angekündigt, dagegen zu
klagen, die Erfolgsaussichten sind gering.
## Die Friedensstatue ist Japan ein Dorn im Auge
Ob Vorschriften des Bezirks zu Kunst allerdings überhaupt der wahre Grund
für den Umzug sind – daran gibt es Zweifel. Denn die Friedensstatue ist
der japanischen Regierung seit Langem ein Dorn im Auge. Deren Vertreter
haben intensiv für den Abbau der Statue lobbyiert – beim Bundeskanzleramt
wie beim Bezirksamt Mitte. Zudem haben sie die Städtepartnerschaft mit
Tokio sowie japanische Investitionen in Berlin infrage gestellt.
„Die Friedensstatue in Moabit hat gezeigt, wie groß das Interesse an der
Auseinandersetzung mit dem Thema sexualisierte Gewalt in Kriegen ist“,
sagte die Bezirksbürgermeisterin von Mitte, Stefanie Remlinger (Grüne), am
Dienstag bei der Einweihung der Skulptur in Wedding. „Hier hat der
Korea-Verband wertvolle Pionierarbeit geleistet.“ Langfristig wünscht sie
sich ein dauerhaftes Denkmal in ihrem Bezirk zu dem Thema. „In unserem
Bezirk mit Menschen aus mehr als 100 Nationen schlummern noch viele solche
Erlebnisse, die erzählt werden müssen“, betonte Remlinger.
Allerdings hat vor der Einweihung keine Kommunikation mit den Anwohnern
stattgefunden. Presseeinladung und Erklärtafel der Statue sind nur auf
Englisch verfasst. Zwei ältere Männer verfolgten die Zeremonie ungläubig
von ihren Fenstern aus. Eine Anwohnerin fragte im Anschluss die
Bezirksbürgermeisterin nach dem Sinn des Denkmals und kritisierte, dass es
auf einer Grünfläche steht, während die auf versiegeltem Grund stehende
Friedensstatue verschwinden soll.
Bei der Einweihung sprach [3][auch Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad].
Die Überlebende des Genozids an den Jesiden ist seit 2016
Sonderbotschafterin der Vereinten Nationen für die Würde der Überlebenden
von Menschenhandel. In ihrer Rede lobte sie das „weltweit erste universelle
Mahnmal zu diesem Thema. Es zeigt unseren Schmerz und unseren Kampf für
Freiheit und Gerechtigkeit.“
Die Historikerin Regina Mühlhäuser vom Hamburger Institut für
Sozialforschung, die seit Jahrzehnten zu sexualisierten Kriegsverbrechen
durch Wehrmacht, SS und auch durch das japanische Militär forscht, sieht
die neue Statue hingegen zwiespältig. „Einerseits ist eine weitere Statue
zu diesem Thema in Berlin wünschenswert“, sagte sie der taz. „Aber dass
diese zeitnah zu der Abbauverfügung gegen die Friedensstatue eingeweiht
wird – das sieht nach einer Instrumentalisierung aus, um den Konflikt zu
entschärfen.“
Mühlhäusers Kritik richtet sich auch gegen die künstlerische Ausführung:
„Die Angst und Bewegungslosigkeit, die die Statue darstellt, sind nur
Facetten der Erfahrung von Überlebenden. Die Frauen werden nicht als aktive
Subjekte gezeigt.“ Kritik kommt auch von Mithiko Kajumura von der
japanischen Fraueninitiative in Berlin. „Mir erscheint das neue Denkmal als
ein Ersatz für die Friedensstatue, der von oben kommt. Die Friedensstatue
hingegen kommt von unten, ist im Kiez verankert. Anwohner bringen immer
frische Blumen.“
Anders als die Friedensstatue vermeidet das neue Denkmal zudem, Konflikte
konkret zu benennen. Es enthält lediglich eine Reihe sehr kleiner Symbole,
die einzelnen Gruppen oder Ereignissen gewidmet sind: etwa eine Taube für
kongolesische Überlebende. An die Ausbeutung koreanischer Frauen durch
japanische Soldaten soll das Datum „14. August 1991“ erinnern. Das ist
jener Tag, an dem erstmals eine Überlebende das Schweigen brach. Kaum
vorstellbar, dass Japan deshalb protestiert, denn das Datum muss man mit
der Lupe suchen.
9 Sep 2025
## LINKS
[1] /Japan-Diplomatie-in-Berlin-Moabit/!6034406
[2] /Mahnmal-gegen-sexualisierte-Gewalt-/!6104940
[3] /Friedensnobelpreistraegerin-Nadia-Murad/!5541794
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Trostfrauen
Zwangsprostitution
Denkmäler
Berlin-Mitte
Berlin-Wedding
Sexualisierte Gewalt
Trostfrauen
Schwerpunkt Stadtland
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