# taz.de -- Schule und Smartphone: Verbot unter aufmerksamer Anleitung | |
> Der Umgang mit Mobiltelefonen an Schulen muss sich ändern. Gefragt ist | |
> Entlastung von Ablenkung und Dauerkontrolle. Wie könnte das | |
> funktionieren? | |
Bild: Aufbewahrung für Mobiltelefone. In den Niederlanden müssen die Geräte … | |
Verbote sind autoritär, hemmen den Spaß, schränken die Freiheit ein – und | |
sind manchmal leider doch richtig. Nicht [1][das Münchner Verbot, im Kiosk | |
nach 22 Uhr Chips zu verkaufen], oder [2][ein mögliches Verbot von | |
Social-Media-Nutzung für Jugendliche]. | |
Aber zum Beispiel ein Verbot von Smartphones an Schulen. [3][Das soll auch | |
an Sachsens Grundschulen kommen,] hat Kultusminister Conrad Clemens (CDU) | |
am Donnerstagabend bekanntgegeben, nachdem er zusammen mit | |
Wissenschaftler*innen, Schul- und Elternvertretungen und der | |
Bundesbildungsministerin [4][Karin Prien] (auch CDU) beim sogenannten | |
Handygipfel in Dresden war. Davor hatten sich in einer Umfrage unter | |
Grundschulleitungen 75 Prozent für ein Verbot ausgesprochen. Nach den | |
Winterferien soll’s losgehen. Weiterführende Schulen sollen 2026 noch mal | |
besprochen werden. Recht so, man kann Achtjährige und 14-Jährige wirklich | |
nicht miteinander vergleichen, was Mediennutzung angeht. | |
Nun sind Schulen per se Orte voller Verbote. Manche sind generell | |
(Schwänzen, Kopfbedeckung, Kaugummi). An manchen können Schüler*in | |
verzweifeln (Wörterbuch erst in den höheren Klassen), an anderen sich | |
reiben, um zu wachsen und zu lernen, wie man sich eben gegen Verbote wehrt | |
oder sich zumindest nicht erwischen lässt. Und von manchen können sie | |
profitieren. Das Smartphoneverbot, wenn es denn richtig umgesetzt wird, | |
ist eines davon. | |
[5][Seit Jahren diskutieren Lehrkräfte, Politiker*innen, | |
Wissenschaftler*innen und Schüler*innen – gerne zu | |
Schuljahresanfang – darüber, ob Smartphones an Schulen erlaubt sein sollten | |
oder nicht.] Die Hauptargumente: Smartphones lenken ab, | |
Social-Media-Plattformen können Suchtpotenzial haben, das soziale | |
Miteinander gestaltet sich anders, wenn ein digitales Endgerät mit im Spiel | |
ist. | |
## Engagement alle Beteiligten gefragt | |
In Hessen und Bremen dürfen Smartphones deswegen grundsätzlich nicht an | |
öffentlichen Schulen genutzt werden, außer in der Oberstufe. In Thüringen, | |
Brandenburg, dem Saarland nicht an Grund- und Förderschulen. Eine | |
bundesweit einheitliche Regelung, wird es nicht geben. Welche digitalen | |
Endgeräte wie genutzt werden, ist eben Ländersache. Oder Schulsache. Denn | |
manche Länder geben die Entscheidung einfach weiter nach unten. Das ist | |
faul. | |
Können Schulleitungen in Gesprächen mit Lehrkräften, Eltern und, nicht zu | |
vergessen, Schüler*innen eine Schulregel erarbeiten? Sicher. Aber der | |
Prozess ist stark abhängig davon, wie viel Engagement alle Beteiligten | |
aufbringen können und wie gut sie sich mit dem Thema auskennen. | |
Hinzu kommt, dass an nahezu allen Schulformen Lehrkräftemangel herrscht – | |
ausgenommen am Gymnasium. Diese Schulen haben es also schon mal schwerer, | |
die Zeit und Energie aufzubringen, eigene Regelungen zu entwickeln. | |
Dabei wäre es gerade dort wichtig, weil sich unter den Schüler*innen ein | |
[6][digital divide] feststellen lässt: Gymnasiast*innen schneiden | |
bei Tests der digitalen Kompetenz deutlich besser ab als Gleichaltrige von | |
anderen Schulformen. Das darf nicht sein. Schule hat die Aufgabe, alle | |
Menschen aufs Leben vorzubereiten. Und egal, welchen Abschluss man am Ende | |
hat: In der digitalen Welt, mit Fake News, Suchtpotenzialen und auch | |
Chancen bewegen sich alle. | |
## Weggesperrte Smartphones | |
Mitte der Woche, einen Tag vor dem Handygipfel in Dresden, veröffentlichten | |
der Verein D64, der Bundeselternrat, die Gesellschaft für Medienpädagogik | |
und Kommunikationskultur, und das Deutsche Kinderhilfswerk [7][einen | |
gemeinsamen offenen Brief] gegen „pauschale Smartphone-Verbote an | |
Schulen“. | |
Sie fordern „Medienbildung, Partizipation und pädagogische Verantwortung“ | |
statt „Symbolpolitik“. Ein Verbot, so die Argumentation, verhindere | |
Erfahrungsräume, in denen Kinder und Jugendliche lernten, mit Ablenkung, | |
digitalem Stress und Onlinekommunikation umzugehen. Das ist richtig – wenn | |
man wie der öffentliche Brief von einem „pauschalen“ Smartphoneverbot“ | |
ausgeht. | |
Dass Schüler*innen die Klasse betreten, ihr Smartphone in eine Kiste | |
sperren, die dann erst nach der letzten Stunde des Tages wieder geöffnet | |
wird, bringt niemanden weiter; weggesperrte Smartphones jedoch, die | |
gelegentlich herausgegeben werden, um zu recherchieren, Musik für eine | |
Präsentation auszusuchen, über das Mediennutzungsverhalten zu sprechen und | |
es als Hilfe im Lernalltag zu nutzen, tun das durchaus. Bei einem Verbot | |
geht es also nicht um einen kompletten Ausschluss, sondern um eine Umkehr | |
des Normalzustands: | |
Die Lehrkräfte müssen nicht mehr ermahnen, das Gerät wegzulegen und nicht | |
mehr unter dem Tisch zu chatten oder zu zocken. Sie müssen nicht mehr | |
kontrollieren, dass Schüler*innen im Unterricht wie auf dem Pausenhof | |
Aufnahmen von anderen Menschen machen, um sie damit bloßzustellen, zu | |
mobben, zu erpressen. | |
Stattdessen können sie sich überlegen: Ist es sinnvoll, wenn die | |
Jugendlichen jetzt kurz mit dem Smartphone arbeiten? Medienbildung fließt | |
nicht aus dem Screen in die Schüler*innen rein, sobald sie das | |
Smartphone entsperrt haben. Sie passiert unter aufmerksamer Anleitung. | |
29 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Regel-Wahnsinn-der-CSU-Chipsverbot-in-Muenchen/!6105086 | |
[2] /Social-Media-Verbot/!6092782 | |
[3] /Smartphone-Verbote-an-Schulen/!6106438 | |
[4] /Kritik-an-Bildungsministerin/!6095817 | |
[5] /Smartphone-Verbote-an-Schulen/!6106438 | |
[6] /Digitalpakt-20-vor-dem-Aus/!6045627 | |
[7] https://d-64.org/Medienbildung/ | |
## AUTOREN | |
Johannes Drosdowski | |
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