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# taz.de -- Forscherin über Gendern: „Politiker:innen, die für Verbote sind…
> Gender-inklusive Sprache führt in vielen Ländern zu Debatten – auch in
> Spanischsprachigen. Miriam Zapf geht dem empirisch auf den Grund.
Bild: Gegen genderinklusive Sprache: Hamburger Initiative „Schluss mit Gender…
taz: Frau Zapf, Sie forschen in Erlangen. Wird Ihre wissenschaftliche
Freiheit als Linguistin in Bayern eingeschränkt?
Miriam Zapf: Gesetzlich kaum, das [1][„Verbot der Gendersprache“] kann sich
dank Wissenschaftsfreiheit weder auf Forschung noch auf Lehre auswirken.
Problematisch ist es dennoch. Es ist gefährlich, dass aufgrund von
Unsicherheiten womöglich sicherheitshalber bestimmte Sprachformen vermieden
werden.
taz: Wieso untersuchen Sie für das Spanische, wie Gendern unser Denken
beeinflusst?
Zapf: Die Debatte zu gender-inklusivem Sprachgebrauch ist in vielen
spanischsprachigen Ländern sehr präsent. Dennoch gibt es quasi keine
empirischen Studien, die überprüfen, ob das generische Maskulinum
tatsächlich generisch verstanden wird und ob gender-inklusive Formen anders
interpretiert werden. Die Idee war, eine empirische Basis zu schaffen.
taz: Belegt Ihre Forschung, dass Sprache nicht neutral ist?
Zapf: Ja, ganz eindeutig. Das generische Maskulinum wird sehr stark
männlich-basiert interpretiert.
taz: Sind Ihre Ergebnisse auch auf andere Sprachen wie Deutsch anwendbar?
Zapf: Prinzipiell kann ich das natürlich nicht generalisieren, aber die
Ergebnisse bisheriger Studien zum Deutschen sind sehr ähnlich. Es gibt
keine offensichtlichen Gründe, die vermuten lassen, dass das Spanische hier
grundlegend anders funktioniert als das Deutsche. Dass das generische
Maskulinum männlich-basiert interpretiert wird, ist in vielen Sprachen zu
sehen.
taz: In der Politik sperren sich trotzdem Leute gegen Gendern, wie kann das
sein?
Zapf: In der öffentlichen Debatte geht viel durcheinander. Begriffe werden
unpräzise verwendet, vieles wird generalisiert, teilweise falsch
dargestellt und die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien werden kaum
beachtet. Schon was man unter gender-gerechter Sprache versteht, ist oft
unklar. Viele [2][Politiker:innen], die sich für Verbote aussprechen,
gendern selbst, zum Beispiel durch Formulierungen wie „Bürgerinnen und
Bürger“. Auch das ist eine Form des Genderns. Oft wird der Begriff
„Gender-Sprache“ verwendet, der per se schon problematisch ist.
taz: Warum?
Zapf: Er suggeriert, dass Gendern eine neue Sprache ist oder einen riesigen
Eingriff in die Sprache bedeutet, das ist natürlich Quatsch. Es geht darum,
die Möglichkeiten der Sprache auf eine bestimmte Weise zu nutzen.
taz: Welche Bezeichnung nutzen Sie?
Zapf: Gender-inklusiver Sprachgebrauch. Das beschreibt die Idee des Ganzen,
ohne eine starke moralische Wertung.
taz: Scheitert die Debatte somit schon am Verständnis darüber, was Gendern
bezweckt?
Zapf: Ich glaube, vielen ist schon gar nicht klar, was dieses sogenannte
Gendern eigentlich soll. Es geht um weit mehr als das
Sich-angesprochen-fühlen. Es geht auch um unbewusste Prozesse, die im Kopf
ablaufen, wenn wir bestimmte Formen immer wieder hören. Letztlich ist die
Debatte über das Gendern aber Teil einer viel größeren – über Macht,
Privilegien und gesellschaftliche Veränderung.
taz: Oft wird damit argumentiert, dass die [3][Komplexität gegenderter
Sprache Menschen ausgrenzt]. Stimmt das?
Zapf: Bisherige Studienergebnisse zeigen, dass gender-inklusiv formulierte
Texte nicht grundsätzlich schlechter verstanden werden. Man muss aber
unbedingt differenzieren. Natürlich bin ich in der Lage, einen Text so
durchzugendern, dass er nicht mehr gut verständlich ist. Genauso ist es
möglich, Texte so gender-inklusiv zu formulieren, dass es nicht auffällt.
Was wissenschaftlich noch kaum untersucht wurde, ist, wie gut Personen mit
geringeren Sprachkompetenzen mit gender-inklusivem Sprachgebrauch
zurechtkommen, beispielsweise Personen, die Deutsch als Fremdsprache
erlernt haben. Wer Sprache inklusiv denken will, muss möglichst alle
Personengruppen mitdenken.
20 Aug 2025
## LINKS
[1] /Gender-Verbot-an-Unis-und-Behoerden/!5999469
[2] /Historikerin-ueber-Genderwahn-der-AfD/!6062920
[3] /Geschlechtergerechte-Sprache/!5798203
## AUTOREN
Leo Schurbohm
## TAGS
Gendern
Gendergerechte Sprache
Gender Studies
Bremen
Spanien
Kolumne Aus dem Leben einer Boomerin
Kolumne Zockerzecke
Katholische Kirche
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