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# taz.de -- Tricksereien in der Navigationssoftware: Anti-Auto-Aktion auf Googl…
> Weil ihr Städtchen im Sommer von Autos blockiert wird, gingen
> Bewohner*innen digital dagegen vor. Doch die großen Konzerne nutzen
> ähnliche Tricks.
Bild: Gemeinsam gegen die Autofluten gingen die Bewohner*innen von Zandvoort vor
Sommer, Sonne, Sonnenschein bedeutet häufig auch volle Straßen,
Strandliegen und Parkplätze. So ist auch der niederländische Badeort
Zandvoort, 25 Kilometer westlich von Amsterdam, im Sommer regelmäßig von
Tourist*innen überlaufen.
Bewohner*innen hatten nun genug von den angereisten Strandgänger*innen,
[1][die ihr Viertel zuparken], und griffen zu einem Trick, um diese
möglichst fernzuhalten: Koordiniert meldeten sie bei Google Maps
Straßensperrungen – die allesamt erfunden waren.
Um ihren Ort vor dem Übertourismus zu schützen, nutzten die
Anwohner*innen von Zandvoort den Algorithmus von Google Maps. Wenn
mehrere Personen gleichzeitig Straßensperrungen melden, hält Maps diese für
echt und übernimmt sie in seine Navigation. Tourist*innen, die per Navi auf
dem Weg nach Zandvoort waren, wurden daher auf die gesperrten
Zufahrtsstraßen hingewiesen und umgeleitet. Anwohner*innen sprachen im
Anschluss von einer gelungenen Aktion, tatsächlich seien aufgrund der
gefälschten Meldungen viele Besucher*innen bereits im Vorhinein zu
Hause geblieben.
Um dem digitalen zivilen Ungehorsam der Bewohner*innen etwas
entgegenzusetzen, hat die Gemeinde inzwischen Schilder aufgestellt, die
frühzeitig auf die gefälschten Straßensperrungen hinweisen und empfehlen,
nicht auf das Navigationssystem zu vertrauen. „Navigation aus, Parkroute
folgen“, prangt es nun auf Niederländisch und Deutsch an den
Zufahrtsstraßen.
## Digitale Karten sind ein Feld gesellschaftlicher Machtkämpfe
Die Aktion in Zandvoort zeigt eindrücklich, wie manipulationsanfällig
digitale Karten sind. Was durch den Algorithmus auf digitalen Karten
abgebildet wird, schafft eine selektive Realität. Das wissen auch die
Unternehmen hinter den digitalen Karten. Denn die Tricks von ein paar
organisierten Bewohner*innen wendet Google Maps selbst schon längst an.
Statt der Bereitstellung neutraler Karten führt Google Maps Nutzer*innen
häufig gezielt auf falsche Fährten. Was etwa als „belebte Zone“ ausgegeben
wird, kann Nutzer*innen bewusst zu seinen finanzstarken Sponsoren
führen. [2][Unternehmen zahlen Geld an Google, damit sie bei Maps schneller
angezeigt werden] und mit Markenlogo auftauchen, um so mehr Menschen an den
Geschäften vorbeizuführen.
Neben der gezielten Lenkung nach eigenen Geschäftsinteressen können
Täuschungen und Fälschungen digitaler Karten auch noch drastischere Folgen
haben. Laut einer Untersuchung der NGO Center for Countering Digital Hate
werden Nutzer*innen, die in einigen US-Bundesstaaten nach
Abtreibungskliniken in der Umgebung suchen, häufig zu Fake-Kliniken
geführt, sogenannten „Crisis Pregnancy Centers“, die von radikalen
Abtreibungsgegner*innen betrieben werden. [3][Der NGO zufolge] soll
Google mit diesen fälschlichen Hinweisen 10 Millionen US-Dollar an
Werbeeinnahmen erzielt haben.
Digitale Karten dienen eben nicht nur zur Navigation, ihre Beeinflussung
kann für kommerzielle Interessen genutzt werden, sie sind ein Feld
gesellschaftlicher Machtkämpfe. Bei einem weltweiten Marktanteil von über
70 Prozent hat Google Maps eine immense Macht über die geografische
Realität. Die Aktion der Bewohner*innen von Zandvoort zeigt im
Kleinen, wie leicht digitale Fakes die Wirklichkeit auf den Straßen
beeinflussen können.
27 Aug 2025
## LINKS
[1] /Regeln-die-nicht-fuer-alle-gleich-gelten/!6108516
[2] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/google-maps-manipuliert-unm…
[3] https://counterhate.com/research/google-profiting-from-fake-abortion-clinic…
## AUTOREN
Jonas Kähler
## TAGS
Massentourismus
Navigationssystem
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