# taz.de -- Anklage gegen Ex-Minister: Scheuer bekommt eine gescheuert | |
> Die Berliner Staatsanwaltschaft beschuldigt den CSU-Politiker, im | |
> Untersuchungsausschuss zur Ausländer-Maut „bewusst falsch ausgesagt“ zu | |
> haben. | |
Bild: Andreas Scheuer (CSU) kommt als Zeuge zum Maut-Ausschuss des Bundestags, … | |
Berlin taz | Der Skandal [1][um seine gescheiterte Ausländer-Maut] holt den | |
früheren Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ein: Die Berliner | |
Staatsanwaltschaft hat am Mittwoch Klage gegen den CSU-Politiker erhoben. | |
Er soll vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Maut bewusst eine | |
Falschaussage getätigt haben, heißt es in einer Mitteilung des Landgerichts | |
Berlin. Die Anklage richtet sich auch gegen den damaligen Staatssekretär | |
Gerhard Schulz. | |
Auf eine taz-Anfrage reagierte Scheuer bis Redaktionsschluss nicht. [2][In | |
der Bild-Zeitung] hingegen erhob er Vorwürfe: „Die Motive und der Zeitpunkt | |
für die Anklage sind mir unverständlich und erscheinen mehr politisch | |
motiviert“, so der ehemalige Minister. „Nach einer so langen Zeit der | |
Untersuchung nutzt der Staatsanwalt genau das sogenannte mediale | |
‚Sommerloch‘ für die Anklageerhebung.“ | |
Scheuer war von 2018 bis 2021 Verkehrsminister unter Angela Merkel gewesen. | |
Er wollte das lang gehegte CSU-Vorhaben einer Pkw-Maut für | |
Ausländer*innen auf deutschen Autobahnen umsetzen. Deutsche | |
Autofahrer*innen hätten dabei zwar auch für die Nutzung der Autobahnen | |
zahlen müssen, sollten aber über einen Nachlass bei der Kfz-Steuer | |
entlastet werden. Praktisch hätte die Maut also nur diejenigen getroffen, | |
deren Autos nicht in Deutschland zugelassen sind. | |
Sie sollte als Flatrate funktionieren. Nach der jährlichen Zahlung einer | |
Pauschale hätten Autofahrer*innen beliebig viel fahren dürfen. | |
Umweltschützer*innen kritisierten das [3][als Anreiz, das auch | |
auszukosten]. Andere Länder kassieren streckenabhängige Beträge. | |
## Bei einer Verurteilung, droht Scheuer Gefängnis | |
Ausschlaggebend für das Scheitern des Projekts war aber die Diskriminierung | |
von Ausländer*innen. Der Europäische Gerichtshof urteilte 2019, die Pläne | |
seien rechtswidrig. Nur hatte Scheuer zu diesem Zeitpunkt bereits Verträge | |
mit einem Konsortium über den Betrieb des Mautsystems abgeschlossen. Dieses | |
versuchte nach dem Scheitern der Pläne, Schadensersatzansprüche in Höhe von | |
560 Millionen Euro geltend zu machen. Nach einem Schiedsverfahren musste | |
der Bund 243 Millionen Euro zahlen. | |
Das teure Debakel war ab 2020 Gegenstand eines Untersuchungsausschusses im | |
Bundestag. Die beauftragten Unternehmen gaben dort an, sogar angeboten zu | |
haben, den Vertragsabschluss auf einen Zeitpunkt nach dem zu erwartenden | |
Gerichtsurteil zu verschieben – doch Scheuer habe das ausgeschlagen. Er | |
selbst sagte aus, nach seiner Erinnerung habe es kein solches Angebot | |
gegeben. Das sehen die Staatsanwält*innen anders. Die Angeschuldigten | |
sollen „entgegen ihrer tatsächlichen Erinnerung“ ausgesagt haben, heißt es | |
in der Mitteilung des Gerichts. Laut Anklage solle es sich dabei um | |
„bewusste Falschaussagen“ handeln. | |
Sollte Scheuer verurteilt werden, droht ihm Gefängnis: Wer vor Gericht oder | |
vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen | |
zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch | |
aussagt, wird laut Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis | |
zu fünf Jahren bestraft. | |
Politisch hatte der Skandal kaum Auswirkungen auf Scheuer. Der | |
Untersuchungsausschuss hielt es mit der Regierungsmehrheit von Union und | |
SPD nicht für erwiesen, dass Scheuer das Haushalts- und Vergaberecht | |
gebrochen und im Bundestag gelogen hatte. FDP, Linkspartei und Grüne sahen | |
das anders. | |
## 2024 zog sich Scheuer aus der Politik zurück | |
Der umstrittene Politiker blieb so in seinem Amt als Verkehrsminister. Den | |
Bundestag verließ Scheuer zum 1. April 2024 – um die politische gegen eine | |
wirtschaftliche Karriere einzutauschen. Einzig auf kommunaler Ebene gab es | |
indirekt Folgen des Mautdesasters: Im vergangenen Oktober legte Scheuer | |
sein Amt als Passauer Stadtrat nieder. Andere Stadträte hatten Scheuers | |
Eignung für den Sitz im Rechnungsprüfungsausschuss angezweifelt. | |
[4][In den sozialen Medien] erklärte Scheuer dazu, es handele sich um „ein | |
abgekartetes Spiel von einem Stadtrat der Grünen und einem fraktionslosen | |
Neustadtrat“, das auch von Medien unterstützt worden sei. | |
Schon kurz vor seinem Abschied aus dem Bundestag hatte Scheuer zwei | |
Unternehmen gegründet. Die Positanis Holding verwaltet [5][laut Website | |
Business Insider] sein Privatvermögen. Die zweite Firma namens Tancredis | |
ist laut Lobbyregister des Bundestags ein Beratungsunternehmen. | |
20 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Gescheiterte-PKW-Maut/!5945690 | |
[2] https://www.bild.de/politik/inland/wegen-millionen-debakel-um-maut-falschau… | |
[3] /Regelung-der-Pkw-Maut/!5359284 | |
[4] https://www.facebook.com/Andreas.Scheuer/posts/es-reicht/1075508993944482/ | |
[5] https://www.businessinsider.de/politik/deutschland/was-andreas-scheuer-nach… | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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