| # taz.de -- CDU-Länderchefs gegen Bundestagsfraktion: Sexuelle Identität entz… | |
| > Die Union brachte queere Menschen gegen sich auf. Nun stellen sich die | |
| > CDU-Länderchefs beim Schutz der sexuellen Identität gegen die | |
| > Bundestagsfraktion. | |
| Bild: Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, beim der 45. Berlin… | |
| Berlin taz | Kommt der Schutz der „sexuellen Identität“ ins Grundgesetz? | |
| Seit Anfang Juli fordert das ein [1][Gesetzesantrag im Bundesrat]. Das | |
| Ziel: Die Erweiterung des Diskriminierungsschutzes in Artikel 3 um ein | |
| Merkmal, das queere Menschen angesichts einer [2][steigenden Zahl | |
| queerfeindlicher Angriffe] besser absichern soll. | |
| Brisant: Dass das Thema auf die Tagesordnung geraten ist, liegt an Berlins | |
| Regierungschef Kai Wegner (CDU) und seinem schwarz-roten Senat. Dessen | |
| Antrag haben sich Mecklenburg-Vorpommern unter Manuela Schwesig (SPD) sowie | |
| Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen angeschlossen, die von den | |
| CDU-Ministerpräsidenten Daniel Günther und Hendrik Wüst geführt werden. | |
| Die Union hatte im Bund zuletzt ein anderes Bild vermittelt: | |
| Bundestagspräsidentin Julia Klöckner empörte die queere Community mit | |
| [3][dem Verbot], anlässlich des Berliner CSDs die Pride-Flagge auf dem | |
| Reichstagsgebäude zu hissen. Kanzler Friedrich Merz irritierte mit der | |
| Aussage, [4][der Bundestag sei „kein Zirkuszelt“.] | |
| Was die drei CDU-Länderchefs nun durchsetzen möchten, wird von den | |
| Parteifreund*innen im Bundestag mehrheitlich abgelehnt. Für eine | |
| Grundgesetzänderung sehe ihre Fraktion „keine Notwendigkeit“, so die | |
| rechtspolitische Sprecherin Susanne Hierl (CSU) – „denn der allgemeine | |
| Gleichheitssatz garantiert schon heute in seiner bewährten Formulierung | |
| einen wirksamen Schutz gegen Diskriminierung.“ Sexuelle Identität sei „ein | |
| viel zu diffuser Begriff“, die Aufnahme würde „keine substanzielle | |
| Schutzverbesserung“ bewirken. | |
| ## Akzeptanz sinkt | |
| Zwietracht in CDU/CSU? Sönke Siegmann winkt ab. Er ist Bundesvorsitzender | |
| der [5][Lesben und Schwulen in der Union] (LSU) und sagt: „Es gibt in der | |
| Union juristische und politische Auslegungen, die in Bezug auf Artikel 3 | |
| andere Ansichten vertreten. Das ist legitim, wir sind eine Volkspartei.“ | |
| Die LSU tritt seit Jahren für die Änderung ein. „Es ist doch so: Die CDU | |
| ist traditionell nicht die queerpolitische Partei“, sagt Siegmann, der in | |
| Gesprächen mit Abgeordneten um Zustimmung wirbt: „Wir müssen also intern | |
| vermitteln, dass die Erweiterung vielen Menschen einen Extraschutz bietet.“ | |
| In [6][Artikel 3 des Grundgesetzes] heißt es: „Niemand darf wegen seines | |
| Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner | |
| Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen | |
| Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Der Antrag möchte nach | |
| „Geschlechtes“ nun „der sexuellen Identität“ einfügen. Der Begriff be… | |
| „dass es sich bei der Sexualität um einen Bestandteil des | |
| Selbstverständnisses einer Person handelt, der nicht nur durch die sexuelle | |
| Beziehung zu einer anderen Person bestimmt ist.“ So [7][definiert es die | |
| Antidiskriminierungsstelle.] | |
| In der Begründung verweist Berlin auch auf die zuletzt [8][geringer | |
| gewordene Akzeptanz] gegenüber nicht-heteronormativen Lebensweisen und | |
| plädiert dafür, die „Schutzwirkung der verfassungsmäßigen Grundrechte dem | |
| Wechselspiel der verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Kräfte“ | |
| zu entziehen. Wer dies als „Symbolpolitik“ bezeichne, verkenne | |
| „Bedeutsamkeit und Auswirkungen der Verfassung“. | |
| „Am Ende des Tages ist die Verfassung mit dem Diskriminierungsschutz das | |
| Instrument, das uns wirklich schützt“, meint Siegmann. „Andere Gesetze kann | |
| man leicht ändern, das Grundgesetz nur mit Zweidrittelmehrheit.“ Queere | |
| Menschen seien zudem „bis heute die einzige von den Nationalsozialisten | |
| verfolgte Gruppe, die nicht auf diese Weise geschützt ist“. | |
| Unklar ist, ob der Antrag Erfolg haben wird. Er liegt in den Ausschüssen | |
| der Länderkammer und wird voraussichtlich im September abgestimmt. Wegner | |
| geht davon aus, „dass wir im Bundesrat für diese Initiative wahrscheinlich | |
| eine Mehrheit bekommen“. Zunächst reicht die absolute Mehrheit, um das | |
| Vorhaben in den Bundestag zu bringen. Die übrigen Länder halten sich auf | |
| taz-Anfrage bedeckt: Es laufe die interne Abstimmung, man wolle den | |
| Beratungen nicht vorgreifen. Einzig das Sozialministerium des SPD-regierten | |
| Saarlandes lässt sich zur Sache ein: Das Vorhaben sei „ausdrücklich zu | |
| begrüßen“, erklärt eine Sprecherin. | |
| Auch [9][die Queer-Beauftragte der Bundesregierung], Sophie Koch (SPD), | |
| signalisiert gegenüber der taz Zustimmung: Die Initiative ermögliche, „in | |
| den nächsten Wochen und Monaten viele Gespräche in Bundestag und Bundesrat | |
| zu führen, um für die notwendige Zweidrittelmehrheit zu werben“, sagt Koch. | |
| Sie sei den „unionsgeführten Ländern außerordentlich dankbar.“ | |
| Nach der Abstimmung müsse „man weitersehen“, so Wegner. „Denn für eine | |
| Verfassungsänderung im Bundestag ist dann eine Zweidrittelmehrheit | |
| erforderlich“. Ob er sein Vorgehen im Vorfeld mit der Unionsfraktion oder | |
| anderen Fraktionen abgestimmt hat, will die Senatskanzlei nicht | |
| beantworten. Sollten SPD, Grüne, Linke und SSW dafür votieren, bräuchte es | |
| 150 der 208 Unionsabgeordneten – eine fragliche Aussicht. LSU-Chef Siegmann | |
| hofft dennoch, dass er mit seinen Argumenten durchdringt: „Ich bleibe | |
| vorsichtig optimistisch.“ | |
| 21 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2025/0301-0400/313-25.pdf?_… | |
| [2] https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/rechtsextremisten-gewaltberei… | |
| [3] /CSD-Absage-des-Bundestags/!6091532 | |
| [4] /Friedrich-Merz-Queerfeindlichkeit/!6094716 | |
| [5] https://www.lsu-deutschlands.de/ | |
| [6] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html | |
| [7] https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ueber-diskriminierung/diskrimi… | |
| [8] https://www.ipsos.com/sites/default/files/ct/news/documents/2023-06/Ipsos-P… | |
| [9] https://www.bmbfsfj.bund.de/bmbfsfj/ministerium/behoerden-beauftragte-beira… | |
| ## AUTOREN | |
| Sönke Gorgos | |
| ## TAGS | |
| sexuelle Selbstbestimmung | |
| CDU/CSU | |
| Ministerpräsident | |
| Bundestag | |
| Schwerpunkt LGBTQIA | |
| Gender | |
| Reden wir darüber | |
| Social-Auswahl | |
| Transfeindlichkeit | |
| wochentaz | |
| Transfeindlichkeit | |
| Schwerpunkt Abtreibung | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kritik am Selbstbestimmungsgesetz: Kalkulierter Angriff | |
| Rechtsextremist*in Liebich soll in einem Frauengefängnis untergebracht | |
| werden. Liebichs Aktion befeuert den transfeindlichen Kulturkampf | |
| Das dritte Geschlecht: Mein Leben als „X“ | |
| Seit November trägt unser:e nicht-binär:e Autor:in offiziell einen | |
| Mischnamen – und hat gemischte Gefühle dazu. | |
| Trans Day of Rememberance: Kämpfen für die Lebenden | |
| Am Trans Day of Rememberance wird Opfern trans*feindlicher Gewalt | |
| gedacht. Gleichzeitig ist er ein Kampftag, denn Trans*feindlichkeit | |
| steigt. | |
| Safe Abortion Day: Sicher nur in der Theorie | |
| Der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen ist in Deutschland mit | |
| erheblichen Hürden verbunden. Initiativen rufen zur Legalisierung auf. |