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# taz.de -- Geplantes Treffen von Putin und Trump: Frieden zum Ausverkauf
> In Kyjiw, Odessa und an der Front diskutieren Ukrainer*innen über
> Trumps Treffen mit Putin. Sie haben Angst vor dem Verlust ihres Landes.
Bild: Busstation Saporischschja: Nach dem russischen Luftangriff spricht eine F…
In den Kassenschlangen eines Supermarktes der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw
gibt es an diesem frühen Sonntagabend nur ein Thema: [1][Das Treffen
zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir
Putin], welches kommenden Freitag im US-Bundesstaat Alaska stattfinden
soll. Die Menschen sind sichtlich in Rage. „Trump spricht von einer Art
Tausch unserer Gebiete gegen ihre. Was sind denn ‚ihre‘ Gebiete?! Es gibt
nur unser Land, das von den Russen besetzt ist“, sagt ein Mann.
Dass die Ukraine und Russland jetzt bei den Verhandlungen auf eine Stufe
gestellt werden, empört viele Ukrainer*innen. Für die meisten ist die
Verteidigung ihres Landes eine Frage des Überlebens ihres Staates und ihrer
Nation. Während es für Russland schlicht um Eroberung geht. Diese
Gleichsetzung, so die weit verbreitete Meinung in der Ukraine, führe die
Welt in die Irre.
Unterdessen bombardiert die russische Armee weiterhin fast täglich
ukrainische Krankenhäuser, Bahnhöfe und Wohngebiete. Am Sonntag wurden in
Saporischschja der Busbahnhof und die Uniklinik angegriffen, es gab
mindestens 19 Verletzte, einige davon schwer. Der Terror hört nicht auf. Zu
viele Opfer sind gefallen, um dem Angreifer ihr Land zu überlassen.
Frontsoldat Andrij sagt am Telefon: „Wenn die USA als Reaktion auf unsere
Weigerung, unsere Gebiete an den Aggressor abzutreten, ihre Hilfe
einstellen, haben wir die Pflicht, dies durch Motivation, technologische
Aufrüstung und schnelles Handeln zu kompensieren“.
## Alle reden über das Treffen
Nicht nur er beobachtet, dass die Nerven der Bewohner*innen der
Frontgebiete, die täglich beschossen werden, blank liegen. Alle sehnen sich
nach Frieden – auch Binnenflüchtlinge, die trotz zerstörter Häuser von
Rückkehr träumen.
Auch im Innenhof einer Kyjiwer Plattenbausiedlung reden die Menschen über
den Krieg. „Lasst sie schnell unterschreiben, ich habe keine Kraft mehr“,
sagt einer, doch ein anderer räumt ein: „Solange der Aggressor nicht nach
dem Völkerrecht bestraft wird, wird er nicht zurückweichen und irgendwann
einen neuen Krieg beginnen.“
Die Spaltung der Gesellschaft, die die russische Propaganda in den sozialen
Netzwerken zu schüren versucht, ist auf den Straßen der ukrainischen Städte
nicht zu spüren. Soldat Andrij sagt: „An der Front herrscht nur eine
Stimmung vor: weiterzukämpfen. Das Leben im Hinterland geht weiter, ohne
Unterstützung von dort würde die Front zusammenbrechen.“
Gleichzeitig leugnet Andrij nicht, dass es interne Probleme gibt: „Es ist
schlimm, dass der innere Feind – korrupte Machthaber – in solch schwierigen
Zeiten der eigenen Armee und dem Land Steine in den Weg legt. Aber es ist
gut, dass sich die Gesellschaft konsolidiert, insbesondere die Jugend, die
die Bürgerrechte und die Demokratie verteidigt. Aber immerhin [2][hat die
Öffentlichkeit, die eine Schwächung der Antikorruptionsorgane nicht
zulassen wollte, gesiegt].“
Auch in Odessa wird über [3][die US-Initiativen gesprochen]. Der
Enthusiasmus über einen möglichen Waffenstillstand ist gering. „Wir machen
schon Witze über Trumps viele Fristen – zu viele, um sie ernst zu nehmen.
Es ist wie mit Wahlversprechen. Man würde gerne daran glauben, aber weiß
schon vorher, dass es so nicht kommen wird.
[4][Vor allem der Glaube an den allmächtigen Westen schwindet immer mehr].
Denn es sieht gerade nicht nach Verteidigung der Weltordnung aus, sondern
nach einem Feilschen um besetzte Gebiete. Und auch um noch nicht besetzte.
Können Sie sich vorstellen, dass wir gezwungen werden, Teile unseres
Staatsgebietes aufzugeben, die Russland noch nicht einmal erobert hat? Sind
das wirklich diese berühmten westlichen Werte?“, fragt Artur aus Odessa.
## Die Bedingungen des „kollektiven Westens“
Die Ukrainer*innen wissen nur wenig Genaues über die Bedingungen des
„kollektiven Westens“ für einen Waffenstillstand. Es gibt bislang nur ein
paar inoffizielle Informationen aus polnischen Quellen. Konkrete
Bedingungen stellt bisher nur Russland, das sagt: „Überlasst uns die
Gebiete, hebt die Sanktionen gegen uns auf, verbietet der Ukraine eine
große Armee, macht Russisch in der Ukraine zur zweiten Staatssprache und
nehmt die Ukraine auf keinen Fall in die Nato auf.“ Schlicht und ergreifend
also: Gebt auf!
Während die EU und die USA dazu vor allem beschwichtigen: Putin habe
versprochen … Man solle nicht zu viel erwarten … Vielleicht solle man die
Gebiete einfach abtreten, wenn Putin das so wolle. Das, was die
Ukrainer*innen aus der demokratischen Welt hören, ist wenig erbaulich.
Auch der Odessit Anton ist ernüchtert: „Ich bin fest davon überzeugt, dass
jedes Szenario diplomatischer Bemühungen der USA, die sie in irgendeiner
Form gegenüber Russland unternehmen, für Russland selbst vorteilhafter ist
als für die USA oder die Ukraine. Es sorgt für eine
illusorische,Entspannung', die auf den Erwartungen der Welt basiert“, sagt
er.
Für Menschen aus der Ostukraine haben die aktuellen Nachrichten noch mal
eine ganz andere Bedeutung. Die Menschen bangen um ihr Eigentum, obwohl es
auch viele gibt, die nichts mehr zu verlieren haben. So wie die aus dem
ostukrainischen Luhansk geflüchtete Walerija, die jetzt in Odessa lebt.
„Ich bin mit der Besatzung nicht einverstanden und werde auch in Zukunft
nicht damit einverstanden sein. Unsere Heimat, in dem ein Teil meiner
Familie geblieben ist, ist bereits besetzt. Ich habe kein anderes Zuhause.“
Und so wie Walerija geht es Millionen.
Laut aktuellen Meinungsumfragen steigt in der Ukraine die Zahl derer, die
einen Waffenstillstand befürworten, stetig an. In einer Umfrage, die Anfang
Juli vom Gallup-Institut durchgeführt und am 7. August veröffentlicht
wurde, sprachen sich 69 Prozent der Befragten für eine rasche Beendigung
des Krieges durch Verhandlungen aus, nur 24 Prozent waren für ein
Weiterkämpfen bis zum Sieg.
Aus dem Russischen Barbara Oertel und Gaby Coldewey
11 Aug 2025
## LINKS
[1] /Geplantes-Treffen-von-Trump-und-Putin/!6102810
[2] /Antikorruptionsbehoerden-und-Selenskyj-/!6101692
[3] /Treffen-zwischen-Trump-und-Putin/!6105852
[4] /Europaeische-Erklaerung-zur-Ukraine/!6102798
## AUTOREN
Artem Perfilov
Anna Klochko
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wladimir Putin
Donald Trump
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