# taz.de -- Steuer für Rücküberweisungen aus den USA: Weniger Dollartransfer… | |
> Das neue Steuergesetz und die Abschiebepolitik der USA haben schwere | |
> Folgen für Menschen und Ökonomien im Globalen Süden. Ein Blick nach Kenia | |
> und Honduras. | |
Bild: 9,7 Milliarden US-Dollar flossen 2024 über Geldtransfers aus den USA, Sp… | |
Hamburg/Kampala taz | Das „One big, beautiful Bill“ – großes, wundersch�… | |
Gesetz – von US-Präsident Donald Trump, hat weitreichende Folgen – auch f�… | |
Menschen im Globalen Süden. Denn [1][das neue Steuergesetz, das die USA | |
Anfang Juli verabschiedet haben], sieht eine Besteuerung von | |
Geld-Überweisungen ins Ausland vor. Also auf alle internationalen | |
Geldtransfers – überwiesen durch Banken oder Geld-Transfers-Services wie | |
WesternUnion oder MoneyGram. | |
Ein Prozent des Überweisungsbetrags zieht die US-Steuerbehörde ab Januar | |
2026 nun ein. Dies bedeutet konkret: die Empfänger dieser Überweisungen | |
erhalten ein Prozent weniger. Immerhin, der ursprüngliche Gesetzesentwurf | |
sah noch 5 Prozent vor, bei den Lesungen im Senat und House of | |
Representatives wurde der Steuersatz reduziert. | |
Die afrikanische Diaspora in den USA ist gleichwohl entsetzt. „Es ist gut, | |
dass der Steuersatz reduziert wurde, aber es wird uns dennoch treffen“, so | |
Chem Ochuodho, Vorsitzender der weltweiten kenianischen Diaspora (KDA) | |
sowie Vorsitzender der Afrikanischen Diaspora-Verbandes. „Die | |
US-Administration ist eine Gefahr für den Multilateralismus – wir leben in | |
heiklen Zeiten“, so Ochuodho. | |
Für die Kenianer bedeutet dies in konkreten Zahlen: Die rund 100.000 | |
Kenianer, die in den USA Geld verdienen, senden rund 2,6 Milliarden | |
US-Dollar pro Jahr nach Hause an Angehörige und Geschäftspartner in Kenia. | |
Dies ist rund die Hälfte aller Rücküberweisungen von insgesamt rund fünf | |
Milliarden, die jährlich von der kenianischen Diaspora weltweit | |
zurückgeschickt werden, so die offiziellen Angaben der Zentralbank Kenias. | |
Davon streicht sich nun die US-Steuerbehörde rund 26 Millionen US-Dollar | |
ein. Damit sollen die verstärkten Grenzkontrollen und der sogenannte Kampf | |
gegen illegale Migranten finanziert werden, so Trump. | |
## Folgen der US-Migrationspolitik | |
„Die US-Migrationspolitik trifft uns doppelt und dreifach“, sagt der | |
Geistliche Ismael Moreno Soto aus El Progreso in Honduras. „Wir werden den | |
kursierenden Zahlen zufolge 55.000 Menschen reintegrieren müssen. Doch | |
damit nicht genug. Auch die Geldüberweisungen aus den USA werden | |
einbrechen“, prognostiziert der 66-jährige. | |
Der als Padre Melo landesweit bekannte Geistliche leitet ein jesuitisches | |
Forschungszentrum in El Progreso. Dem ist eine lokale Entwicklungsagentur | |
angeschlossen, die Kleinbauern berät, bei Bedarf Nothilfe leistet und nah | |
dran ist an denen, die traditionell auswandern: der einfachen | |
Landbevölkerung. | |
Jedes Jahr verlassen mehr als hunderttausend Menschen Honduras in Richtung | |
USA und dieses Ventil wird zukünftig fehlen, meint Padre Melo. „Hinzu | |
kommt, dass viele honduranische Familien zukünftig weniger Geld von den | |
Verwandten in den USA erhalten werden. Das und auch die Besteuerung der | |
Transfers durch den US-Fiskus werden wir negativ zu spüren bekommen“, meint | |
der Geistliche. Für das kleine Honduras, mit seiner labilen, auf dem | |
Kaffeeexport basierenden Wirtschaft, sind das düstere Aussichten. | |
9,7 Milliarden US-Dollar flossen 2024 über Geldtransfer, die sogenannten | |
remesas, aus den USA, Spanien, Mexiko oder Kanada nach Honduras. Das sind | |
knapp 27 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und die Geldsendungen sorgen in | |
vielen Haushalten nicht nur für die Tortillas auf den Tellern, sondern auch | |
für das nötige Investitionskapital. Das ist in Honduras, wo die Banken mit | |
Zinssätzen von bis zu 20 Prozent aufwarten, chronisch knapp. Auch ein | |
Grund, weshalb die linke Präsidentin Xiomara Castro schon im Januar ein | |
Programm ankündigte, das den Rückkehrenden Essen, Beratung und Kredite | |
garantieren soll. | |
Das begrüßt Padre Melo, es brauche jedoch eine qualifizierte Beratung: | |
„Viele der Rückkehrenden sind Menschen mit geringer Qualifikation, oft | |
Kleinbauern und da fehlt es in Honduras an Konzepten, Strategien und | |
oftmals auch an Land“. | |
## Rücküberweisungen über 20 Prozent des BIP | |
Die Frage ist auch, ob die Programme, sinkende Geldüberweisungen aus dem | |
Ausland auffangen können. Honduras ist, wie die gesamte Region, extrem | |
abhängig von den remesas. 26 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) | |
entfallen in Nicaragua auf die remesas, 24 Prozent sind es in El Salvador | |
und immerhin 20 Prozent in Guatemala. In kaum einer anderen Region weltweit | |
ist die Abhängigkeit von den Devisentransfers aus dem Ausland größer als in | |
Mittelamerika. | |
Das Gros wird konsumiert, laut [2][Analysen von Manuel Orozco von der | |
Denkfabrik Interamerican Dialog]. Orozco mahnt seit Jahren, die | |
Dollar-Transfers so zu kanalisieren, dass sie produktiv investiert werden. | |
Das gelinge laut dem Experten in Honduras nur bei etwa zehn Prozent der | |
transferierten Devisen. Das ist ein Grund, weshalb die Wirtschaft in | |
Honduras, aber auch in den Nachbarländern nicht auf die Beine kommt und | |
Auswanderung ein soziales Ventil ist. | |
Die große Wirkung und das Potenzial der Rücküberweisungen wird [3][im | |
Entwicklungsdiskurs schon lange anerkannt]. Auch der Kenianer Ochuodho | |
mahnt in einem Interview mit Kenias Tageszeitung The Nation an, dass diese | |
Entscheidung der USA sie zu besteuern, den UN-Entwicklungszielen | |
widersprechen. Diese sehen die Reduzierung der Armut weltweit vor. | |
Konkret soll die Kosten für die Überweisungen ins Ausland bis 2030 auf | |
mindestens 3 von derzeit durchschnittlich 6,4 Prozent reduziert werden. | |
Viele Familien in Kenia und anderen Ländern Afrikas sind auf die | |
Überweisungen ihrer Angehörigen, die im Ausland leben, angewiesen – viel | |
mehr als auf die sogenannte Entwicklungshilfe, die westliche Staaten | |
leisten. | |
## Doppelt so viel wie Entwicklungsgelder | |
Schätzungen zufolge belaufen sich die Rücküberweisungen weltweit auf das | |
Drei- bis Vierfache der gesamten, globalen Entwicklungshilfe: Im Jahr 2023 | |
beliefen sich die [4][Überweisungen in die Entwicklungsländer auf | |
schätzungsweise 656 Milliarden US-Dollar, während sich die | |
Entwicklungshilfe auf rund 224 Milliarden US-Dollar] belief. | |
„Dies wird die kenianische Diaspora dazu zwingen, andere Wege der | |
Geldüberweisungen auszuprobieren“, mahnt Ochuodho an, zum Beispiel | |
Kryptowährungen. Doch damit bewegen sich noch viel mehr Länder weg vom | |
US-Dollar als Transaktionswährung, hin zu alternativen Währungen – ein | |
Fakt, den US-Präsident Trump bereits angekreidet hat. | |
22 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Trumps-Steuerpaket-knapp-verabschiedet/!6097694 | |
[2] https://thedialogue.org/analysis-remittances-migration-development | |
[3] /Wichtige-Geldquelle-fuer-Entwicklung/!6096713 | |
[4] https://www.devex.com/news/remittances-outstrip-aid-3-times-over-can-they-t… | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
Simone Schlindwein | |
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