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# taz.de -- Sexualität bei Emojis: Obstsalat statt Klartext
> Der Auberginen-Emoji steht für den Phallus, für die Vulva gibt es keinen.
> Die Venus kritisiert fehlende Sichtbarkeit für die weibliche Lust.
Bild: Die Aubergine steht für den Phallus. Und was ist mit der Vulva?
Berlin taz | Augen, Pfirsich, Pfeil, Aubergine, Wassertropfen. Übersetzt:
„Ich gucke dir auf deinen knackigen Pfirsichpo und befriedige mich dann,
bis ich komme.“ In etwa so werden heutzutage sexuelle Absichten via Emojis
beim Sexting („Sex“ und „Texting“) verschickt – von Männern.
Denn während sich in der internationalen Emoji-Sprache die Aubergine als
Phallus- und männliches Lustsymbol durchgesetzt hat, gibt es für die
Klitoris, das zentrale Lustorgan der Frau, nichts Vergleichbares. Manchmal
werden Lotusblüten-Emojis verwendet, um die weibliche Sexualität
darzustellen – frisch duftend, natürlich und unberührt. Durchgesetzt hat
sich die Blüte jedoch nicht.
[1][Die Venus, die größte internationale Fachmesse der Pornoindustrie,]
kritisiert das: „Das fehlende Vulva-Emoji steht sinnbildlich für die
gesellschaftliche Unsichtbarkeit weiblicher Sexualität.“ Im Vorfeld der
diesjährigen Messe in Berlin Ende September fordert die Venus daher das
Unicode-Konsortium, das den internationalen Standard für Zeichencodierung
setzt, auf, der Vulva endlich ein Symbol zu geben. Dazu hat die Messe die
Kampagne #VulvaEmojiNow gestartet und ruft User*innen, Künstler*innen,
Creators und Medien auf, den Vorschlag weiterzuentwickeln.
Wenn nach einem Symbol für eine Vulva gesucht wird, greifen weltweit
Grafiker*innen auf halbierte Grapefruits oder geöffnete Papayas zurück.
Ein passendes Emoji fehlt bisher. Das möchte die Venus ändern und schlägt
eine „stilisierte Fruchthälfte“ vor, inspiriert von der Vulva – „versp…
ästhetisch, eindeutig“.
## Verniedlichung statt Klartext
Und genau da liegt das Problem der PR-Masche. Denn Sichtbarkeit ist nicht
per se Fortschritt – vor allem nicht, wenn sie auf alten sexistischen
Bildern fußt. Die süße Frucht: soft, saftig, zum Reinbeißen! Die Messe, die
ohnehin [2][in der Kritik steht, geschlechtsspezifische Diskriminierung zu
verharmlosen], indem lediglich die weibliche Sexualität kommerzialisiert
wird, fügt sich mit ihrem Vorschlag nahtlos in eine Reihe sexistischer
Fruchtvergleiche, die Frauen verniedlichen und sexualisieren.
Erdbeerwoche, Orangenhaut, Birnenpo, Apfelarsch, Apfelkörper: Die
[3][Bildsprache boomt nur so vor Fruchtvergleichen, um den weiblichen
Körper meist abzuwerten] und hin und wieder zu komplimentieren – aber
immer: ihn zu sexualisieren. Für Männerkörper hingegen gibt es kaum
Obstvergleiche.
Der Vorschlag der Venus folgt mit seinem „verspielten“ Ansatz zudem der
altbekannten Logik: Verniedlichen statt Klartext. Ganz wie damals in der
Schule, als man mit „Erdbeerwoche“ euphemistisch umschrieb, dass man in
einer Blutlache sitzt und es sich anfühlt, als würde einem die Gebärmutter
zerfetzt werden. Stattdessen: süße, kleine, leckere Erdbeerchen.
Wir verstecken uns hinter Obst und Gemüse, statt offen über Sex, Körper und
Lust zu sprechen. Es wird rumgeeiert mit Brokkoli und Avocados, Maiskolben,
Auberginen und Bananen, wie beschämte Schulkinder, gefangen in einer
kollektiven Pubertät. Zweifelsohne lauert in den sozialen Medien die Gefahr
von jugendgefährdenden sexuellen Inhalten – daher braucht es eine schärfere
Regulatorik – aber es braucht auch Räume für Lust und Selbstbestimmung und
Räume, die nicht alles Erotische als Gefahr begreifen.
Also Titten auf’n Tisch! Vulva-Emoji für die Vulva. Penis-Emoji für den
Penis. Oder schafft diese Scheiß-Emojis ganz ab.
7 Aug 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Lilly Schröder
## TAGS
Sexualität
Lust
Vulva
Sex Education
Erotik
Pornografie
Kolumne Starke Gefühle
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