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# taz.de -- Porträtfilm über Opernsängerinnen: Eine, die ständig mit ihren …
> In „Primadonna or Nothing“ geht es um drei großartige Opernsängerinnen.
> Trotz einer gewissen Oberflächlichkeit ist der Dokumentarfilm sehenswert.
Bild: Die Sopranistin Angel Blue hat kein Problem damit, im Schatten der Callas…
Ist bei der Titelgebung zu diesem Dokumentarfilm vielleicht ein
Fragezeichen vergessen worden? „Primadonna – or Nothing?“ müsste er
eigentlich passender heißen. Denn: Auf keinen Fall würde sie für eine
Weltkarriere ihr Privatleben opfern, sagt etwa die deutsche
Mezzosopranistin Valerie Eickhoff, die noch am Beginn ihrer Laufbahn steht.
Und [1][die US-amerikanische Sopranistin Angel Blue], die bereits ihre
Weltkarriere lebt, erwähnt, sie habe unglaublich hart gearbeitet, um dahin
zu kommen, wo sie jetzt sei. Und sie liebe es zu singen.
Aber: „The most important thing is to remember that it’s not everything.“
Die Familie bedeute ihr alles. Während des Films sieht und hört man sie
permanent mit ihren Schwestern telefonieren. Als Blue an ihrer alten Alma
Mater, der UCLA in Los Angeles, auftritt und in Erinnerung an ihren
verstorbenen Vater ein Gospel singt, das sie zu Beginn ihrer Karriere
fünfzehn Jahre zuvor für ihn an derselben Stelle sang, laufen ihr Tränen
übers Gesicht.
Ganz am Ende des Films absolviert sie ein Telefoninterview mit einem
Journalisten, der sie, nachdem sie zuvor die „Tosca“ gegeben hat, fragt,
wie es eigentlich so sei, gerade diese Rolle zu singen. Sei es nicht ganz
blöd für eine Sopranistin, ständig [2][im Schatten der Callas zu stehen]?
Zu Beginn des Films hatte eine ihrer Schwestern der Sängerin telefonisch
geraten, stets eine „good attitude“ zu bewahren. Diese Fähigkeit besitzt
Angel Blue im Übermaß, wie auch in dieser Situation zu beobachten ist.
Eloquent und unbeirrbar freundlich sagt sie dem Interviewer, dass sie die
Callas verehre und mit einer Position in deren Schatten absolut kein
Problem habe.
## Ein Callas-Autorgramm? Wirf es weg!
Die 88-jährige Renata Scotto (2023, nicht lange nach Beendigung der
Dreharbeiten, verstarb die 1934 geborene italienische Sopranistin) sieht
das sicherlich anders, denn in einer Szene weist sie einen Bekannten, der
damit angibt, eine Callas-Autogrammkarte zu besitzen, an, diese
wegzuwerfen. Von den drei Sängerinnen, die im Film porträtiert werden, ist
Scotto die Einzige, die in ihrer attitude dem Klischeebild einer Primadonna
assoluta zu entsprechen scheint.
Stets umgeben von Familie und Freunden, gibt der einstige Opernstar
zweifellos in allem weiterhin den Ton an; nach Beendigung ihrer
Weltkarriere ist Scotto in ihre Heimatstadt Savona zurückgekehrt und geht
ganz in ihrer Rolle als hoch verehrte Matriarchin auf.
Es wäre bestimmt interessant gewesen, die drei Frauen eingehender nach
ihren Rollenbildern zu befragen. Dass „keiner auf einen wartet“, man „all…
geben muss“, die „permanente Bewertung zum Beruf dazu“ gehört – gesche…
Kaum eine MusikerInnenfilmbiografie kommt ohne die Botschaft aus, dass
Kunst schön ist, aber viel Arbeit macht; darin liegt kaum informativer
Mehrwert. (Auch Musikweltreisende im Taxi zu filmen ist übrigens ein
langweiliges Klischee.)
Es hätte vielfache, vertiefende Möglichkeiten gegeben: Warum hat denn
Regisseurin Juliane Sauter ausgerechnet drei Frauen – und null Männer – in
den Mittelpunkt eines Films gestellt, der auch noch den Begriff
„Primadonna“ im Titel führt? Was impliziert das?
## Primadonna werden – ist das noch erstrebenswert?
Gibt es heutzutage überhaupt noch aktiv singende weibliche Opernstars, die
sich selbst als Primadonna bezeichnen (lassen) würden? Hat sich die
Opernwelt gewandelt seit Renata Scottos großen Zeiten? Wenn ja, inwiefern
und warum?
All das kommt aber nicht zur Sprache, und auch die geschlechts- oder
genderspezifischen Herausforderungen, denen Sängerinnen (mit kleinem i) in
Ausübung ihres Berufs ausgesetzt sein mögen, kommen nur am Rande vor. Sehr
fremdschämen möchte man sich für den scheinbar wohlmeinenden älteren Herrn,
der zu Valerie Eickhoff nach deren Auftritt im Gesangswettbewerb von
Montreal sagt, sie habe sehr hübsch ausgesehen auf der Bühne, aber das
werde ja wahrscheinlich nicht in die Wertung mit einbezogen.
Fast genauso schlimm die männliche Stimme (ihres Managers vielleicht?), die
zu hören ist, während sie sich auf den Wettbewerbsauftritt vorbereitet, und
ihr sagt, sie sei „genauso gut wie alle anderen“. Ist das die
Unterstützung, die mensch in so einem Moment braucht? Am Ende wird Eickhoff
Dritte – ein großer Erfolg, eigentlich, aber sie wäre lieber Erste gewesen.
Etwas mehr Musik hätte es geben können im Film, aber das ist
Geschmackssache und muss ja auch im dokumentarischen Rahmen bleiben.
Irritierend wirkt der wiederholte, wahrscheinlich künstlerisch gemeinte
Effekt, bewegte Bilder der singenden Frauen zu unterlegen mit anderen
Soundeffekten. Aber trotz einer gewissen inhaltlichen Oberflächlichkeit
ist „Primadonna or Nothing“ eine gute Gelegenheit, drei großartige
Sängerinnen kennenzulernen. Für mehr Töne aus deren Weltklassekehlen gibt
es danach ja auch noch Youtube.
6 Aug 2025
## LINKS
[1] /Opernfestival-in-Aix-en-Provence/!5606048
[2] /Dokumentarfilm-ueber-Maria-Callas/!5503891
## AUTOREN
Katharina Granzin
## TAGS
Dokumentarfilm
Oper
Porträt
Operette
Sängerin
Non-Binary
Berlin im Film
Bregenzer Festspiele
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