# taz.de -- Bremer Künstlerhaus auf der Kippe: Mangelware Proberaum | |
> Hunderte Musiker*innen und Kulturschaffende nutzen das Künstlerhaus | |
> „Use Akschen 91“. An einem Nachbarschaftsstreit droht das Projekt zu | |
> scheitern. | |
Bild: Außen eher öde, innen angenehm laut: Das Künstlerhaus „Use Akschen 9… | |
Bremen taz | In seinem Tonstudio hängen zahllose Backstage-Pässe. Für fast | |
alle, die in der deutschen Pop- und Rockszene Rang und Namen haben, hat er | |
bereits gearbeitet. Timo Hollmann, gerade ist er mit Rapper Sido auf Tour, | |
ist Tontechniker und betreibt in der Bremer Überseestadt ein Tonstudio. | |
Sein Studio befindet sich versteckt hinter dem Einkaufszentrum „Waterfront“ | |
auf einem ehemaligen Werftgelände im Künstlerhaus „Use Akschen 91“. Das | |
Künstlerhaus dürfte jenseits der Musikszene nur wenigen Leuten ein | |
Begriff sein, gilt aber als Hotspot Bremer Musikszene. Und nun muss es | |
eventuell schließen. Es geht um Fluchtwege und Lärm. | |
Das von außen etwas öde wirkende Gebäude wurde vormals als | |
Ausbildungsstätte der Schiffswerft AG Weser genutzt. Daher auch der Name: | |
„Use Akschen“, also „Unsere Aktie“, ist der plattdeutsche Kosename der … | |
Weser. Derzeit sind auf den knapp 5.000 Quadratmetern mehr als 400 | |
Musiker:innen und Kulturschaffende, sowie eine Kaffeerösterei und ein | |
Fitnessstudio untergekommen. Es ist laut Hollmann das zweitgrößte | |
Proberaumgebäude in Bremen. Für viele war der Schreck groß, als bekannt | |
wurde, dass die „Use“, wie sie von vielen genannt wird, von der Schließung | |
bedroht ist. | |
## Proberaum besteht seit 2013 | |
Bereits seit 2013 proben Musiker:innen hier. Karl-Heinz Kaiser, der | |
derzeitige Besitzer des Grundstückes, hatte das Haus damals gekauft und es | |
den Musiker:innen überlassen. Hollmann hat die ersten Proberäume mit | |
aufgebaut und betreibt seitdem dort sein Studio. Doch das Gebäude wurde von | |
den Behörden bisher nicht offiziell als Künstlerhaus anerkannt, sondern | |
wird nur geduldet. | |
Bei einer behördlichen Prüfung, die wegen des Duldungsstatus regelmäßig | |
durchgeführt wird, wurde nun festgestellt, dass für das Nachbargrundstück | |
eine sogenannte Baulast fehlt. In einer Baulast wird festgehalten, wie ein | |
Grundstück bebaut oder genutzt wird. Im Fall der „Use“ ist das wichtig, da | |
ein Fluchtweg aus dem Haus auf dem Nachbargelände liegt. Erklärt der | |
Nachbar in der Baulast, dass er den Fluchtweg nicht anderweitig nutzen | |
will, könnte die Genehmigung sofort durchgehen. | |
## Nachbarschaftsstreit währt schon länger | |
Aber der Nachbar will eine entsprechende Baulast nicht unterzeichnen. Wegen | |
der Lautstärke der probenden Musiker:innen gibt es nämlich schon länger | |
Streit. Zuletzt hatte der Nachbar vom „Use“-Besitzer Kaiser gefordert, die | |
Nutzung der Proberäume zeitlich zu beschränken und bei Verstößen Geld zu | |
zahlen. Für Musiker:innen, die oftmals bis in die späten Abendstunden | |
proben, ist eine zeitliche Begrenzung eine schwer zu erfüllende Bedingung. | |
Der Besitzer des Nachbargrundstücks, der namentlich nicht genannt werden | |
will, erklärt im Gespräch mit der taz, er sei aber sehr am Erhalt der | |
Einrichtung interessiert und habe den Hausbesitzer Kaiser mehrmals um ein | |
Absicherungskonzept mit Hausmeisterdienst gebeten, ohne Erfolg. | |
In Bremen ist das Angebot an Räumen für Musiker:innen nicht groß. Neben | |
der „Use Akschen 91“ gibt es das Gebäude des Vereins „Musikszene Bremen�… | |
alten Zollamt am Hansator im Stadtteil Walle. Beide Orte sind hoffnungslos | |
überbucht. Viele Bands müssen sich daher nach Proberäumen in Lagerhäusern, | |
Bunkern oder Kellern umsehen, die oft in privater Hand und schlecht | |
ausgestattet sind, keine Heizung haben oder schlecht mit öffentlichem | |
Nahverkehr erreichbar sind. | |
Das Problem der fehlenden Räume betrifft jedoch nicht nur Musiker:innen | |
aus Bremen. „Ein Drittel der Mieter:innen kommen aus Niedersachsen. Wir | |
haben Bands aus Verden hier, die fahren 60 Kilometer hin und zurück, um | |
hier zu proben. Da sieht man den Bedarf“, sagt Tonstudio-Betreiber | |
Hollmann. „Ich wüsste nicht, wo man jetzt noch Proberäume finden könnte.“ | |
Neben Amateur- und Hobbymusiker:innen proben hier auch | |
deutschlandweit bekannte Künstler:innen wie die Indie-Pop Band Raum27 | |
oder das Metal-Duo Mantar. | |
## Kulturressort hofft auf Lösung | |
Der Sprecher des Bremer Kulturressorts teilt auf taz-Anfrage mit, man sei | |
„sehr daran interessiert, das Proberaumangebot in der Stadt | |
aufrechtzuerhalten und auszubauen“. Jedoch handele es sich im Fall der „Use | |
Akschen“ um baurechtliche Verordnungen. Da könne man nichts machen, | |
bedauert der Sprecher. Man sei aber in die Gespräche involviert und hoffe | |
auf eine einvernehmliche Lösung. | |
Insbesondere auf Social-Media-Plattformen wie Facebook und [1][Instagram] | |
machen nun viele Bremer Musiker:innen auf das Problem aufmerksam. Unter | |
dem Hashtag #useakschenjetzt posten viele Bands Videos, in denen Sie zur | |
Rettung des Künstlerhauses aufrufen. Außerdem gibt es eine [2][Petition auf | |
der Website der Bremischen Bürgerschaft], mit der sie für den Erhalt der | |
„Use“ werben wollen. Am Dienstag haben mehr als 2.000 Personen | |
unterschrieben. Sie läuft noch bis zum 4. August. | |
30 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.instagram.com/explore/search/keyword/?q=%23useakschenjetzt | |
[2] https://petition.bremische-buergerschaft.de/index.php?n=petitionsdetails&am… | |
## AUTOREN | |
Krischan Meyer | |
## TAGS | |
Proberaum | |
Bremen | |
Musik | |
Stadtentwicklung Bremen | |
Klaus Lederer | |
Subkultur | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Offener Raum für alle muss schließen: Begegnungen haben ihren Preis | |
Eigentlich soll die Bremer City Begegnungsort werden. Eine Anlaufstelle war | |
zwei Jahre lang das „Umzu“ – doch die Stadt stellt kein Geld mehr bereit. | |
Hilfe für Berlins Kreative: Ein ImmoScout für die Kulturszene | |
Ein neues Bündnis soll Kulturmachern Räume sichern. Zumindest in dem Punkt | |
scheint Berlin so für eine Zeit nach Corona besser aufgestellt als bislang. | |
Berliner Subkultur: Abschied vom Underground | |
Der Betreiber des Rockhauses in Lichtenberg gibt nach Streit mit dem | |
Eigentümer auf. Zahlreiche Musiker bangen um ihre Existenz. |