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# taz.de -- ÖPNV und Klimaschutz in Berlin: Bäume blockieren Straßenbahn
> Eigentlich soll die Tram zur Jungfernheide bald in die Planfeststellung
> gehen. Aber jetzt stellt sich der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf quer.
Bild: An der Turmstraße endet die Tram derzeit – und eigentlich soll in ein …
Berlin taz | Dass sich beim ökologischen Umbau in Stadt und Land manchmal
Zielkonflikte ergeben, [1][etwa zwischen Arten- und Klimaschutz], ist
nichts Neues. Gerade hat sich im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
allerdings eine neue Front aufgetan. Auf der einen Seite steht das
Interesse am Ausbau des ÖPNV, auf der anderen der Wunsch nach urbaner
Klimaresilienz. Protagonisten sind derzeit der grüne Umweltstadtrat Oliver
Schruoffeger und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).
Es geht um die [2][Verlängerung der Straßenbahnstrecke vom U-Bahnhof
Turmstraße zum S- und U-Bahnhof Jungfernheide]. Für diesen knapp vier
Kilometer langen Abschnitt läuft das Planungsverfahren schon seit etlichen
Jahren. Nach der Prüfung unterschiedlicher Trassenführungen und der
entsprechenden Beteiligung von Öffentlichkeit und Behörden entschied sich
die Senatsverkehrsverwaltung 2019 für eine Variante, die über Turm- und
Huttenstraße sowie die Kaiserin-Augusta-Allee zum U-Bahnhof
Mierendorffplatz und dann über die Osnabrücker Straße zum Tegeler Weg am
Spreeufer führt.
Am Montag teilte Schruoffeneger jedoch per Pressemitteilung mit, dass das
Bezirksamt eine neue Trassenführung fordert. Diese solle über den etwas
weiter nördlich gelegenen Straßenzug Gaußstraße – Olbersstraße, nicht ab…
über den Mierendorffplatz führen. Begründung: Für die geplante Strecke
müssten „viele Straßenbäume gefällt werden“, die durch Beschattung und
Verdunstung zur Kühlung der Umgebung beitrügen. Das zeige ein aktuelles
Gutachten. „Anwohnerinnen und Anwohner müssten dann ihre täglichen Wege auf
deutlich aufgeheizten Straßen zurücklegen“, heißt es in der
Pressemitteilung.
Auf der vom Bezirksamt nun präferierten Trasse – die auch Bestandteil des
ursprünglichen Prüfungsverfahrens war – seien dagegen nur „wenige, junge
Bäume betroffen“. Deren Fällung habe geringere klimatische Auswirkungen.
Angeführt werden sogar konkrete Zahlen, die sich aus dem Gutachten ergäben.
So lägen die Kosten für den Verlust der Ökosystemleistungen des
Baumbestandes nach derzeitigem Planungsstand in zehn Jahren bei über vier
Millionen Euro, im Falle der Alternativroute jedoch nur bei 300.000 Euro.
„Die Menschen vor Ort tragen die Kosten in Form von geringerer
Lebensqualität und gesundheitlichen Belastungen“, so Oliver Schruoffeneger.
## „Große Verwunderung“
Der BUND reagierte am Mittwoch in Form einer harschen Replik: „Mit großer
Verwunderung“ nehme man Schruoffenegers „Einlassungen“ zur Kenntnis. Das
begründet die Organisation mit einer aktuellen Antwort der Senatsverwaltung
für Verkehr und Umwelt auf eine Anfrage aus der SPD-Fraktion. Die
Abgeordnete Ülker Radziwill hatte sich auf bereits zuvor von Schruoffeneger
getätigte Aussagen bezogen und gefragt, ob in der Kaiserin-Augusta-Allee
tatsächlich „hunderte klimawirksame Bäume“ durch die Tramstrecke gefährd…
würden.
„Nein“, antwortete Umwelt-Staatssekretärin Britta Behrendt, diese
Befürchtung sei schon deshalb nicht zutreffend, „da der Abschnitt keine
hunderte Bäume umfasst“. Vielmehr müssten in der Kaiserin-Augusta-Allee
lediglich zwei Bäume gefällt werden. Der Anspruch an die Planung sei es,
Baumfällungen „ein absolutes Minimum“ zu reduzieren.
## Planung zurückgeworfen
Das eigentliche Problem, an dem der BUND Anstoß nimmt: Behrendt führt aus,
dass eine Änderung der Streckenführung zum jetzigen Zeitpunkt eine
Verzögerung des ganzen Projekts „um bis zu sechs Jahre“ zur Folge hätte.
Die Planungskosten würden erneut anfallen, zudem sei die
Erschließungswirkung der Alternativstrecke deutlich schlechter.
BUND-Landesgeschäftsführerin Gabi Jung findet es „äußerst bitter, dass si…
nun ausgerechnet ein Bezirksstadtrat der Grünen dem nötigen schnellen
Ausbau der Straßenbahn in Berlin in den Weg stellen will“. Der BUND mache
es sich „wahrlich nicht leicht bei der Abwägung von Baumfällungen für neue
Straßenbahnstrecken“, aber die neue Strecke sei ein „großer Gewinn für d…
Verkehrswende“, und die Zahlen, die Schruoffeneger suggeriere, stimmten
nicht. Der Politiker, so Jung, reihe sich damit, „ob gewollt oder nicht, in
die Reihe der Verkehrswende-Blockierer vornehmlich der CDU, aber auch in
Teilen der SPD ein“.
An dem Verfahren zur Trassenfindung war das Bezirksamt seinerzeit beteiligt
worden und hatte keine Einwände erhoben. Auf Anfrage der taz sagte Stadtrat
Schruoffeneger am Mittwoch jedoch, man beziehe sich auf ein aktuelles
Gutachten der BVG. Dieses weise zwar nur einige Bäume aus, die der Trasse
ganz sicher weichen müssten, aber auch etliche andere, die der Tram
potenziell im Weg stünden. Dass eine neue Streckenführung die Planung
zurückwerfe, sehe er auch, aber: „Wenn es zum Planfeststellungsverfahren
kommt, wird jemand klagen – und dann ist das Ganze zum Scheitern
verurteilt.“
9 Jul 2025
## LINKS
[1] /Windkraft-Ausbau-in-Berlin/!6089991
[2] https://www.berlin.de/sen/uvk/mobilitaet-und-verkehr/verkehrsplanung/oeffen…
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Berlin-Charlottenburg
Straßenbahn
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
Schwerpunkt Klimawandel
Windräder
Manja Schreiner
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