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# taz.de -- Reichsbürger-Prozess um Prinz Reuß: Die rechtslibertären Erinner…
> Was wusste Markus Krall über den Umsturzversuch um Prinz Reuß? Angeblich
> sehr wenig, so gibt er im Frankfurter Reichsbürger-Prozess vor.
Bild: In Freiheit und nicht mit Prinz Reuß untergegangen: Markus Krall
Frankfurt am Main taz | Weiß nicht, ist mir nicht erinnerlich, das entzieht
sich meiner Kenntnis: Markus Krall klingt, als würde er seine
Erinnerungslücken tatsächlich bedauern. Doch je länger der rechtslibertäre
Crashprophet und zeitweilige Vorkämpfer der rechten Werteunion als Zeuge im
Frankfurter Terrorprozess gegen die mutmaßliche Reichsbürger-Putschtruppe
um Heinrich XIII. Prinz Reuß befragt wird, desto deutlicher wird: Sein
Bemühen zielt vor allem darauf, jegliche Nähe zu den Angeklagten
wegzureden.
Den neun Männern und Frauen im Prozess vor dem Oberlandesgericht [1][wird
vorgeworfen, einen bewaffneten Umsturz in Deutschland geplant zu haben].
Weitere 17 Angeklagte müssen sich in Parallelverfahren in München und
[2][Stuttgart verantworten]. Laut Anklage der Bundesanwaltschaft soll Krall
ein Kandidat für das Ressort „Wirtschaft und Finanzen“ in der designierten
Putschregierung gewesen sein, dem von Reuß geführten „Rat“. Doch er war
offenbar klug genug, sich nicht darauf einzulassen.
Zweimal hat der 62-Jährige, der seit Langem einen durchaus vertrauten
Umgang mit Prinz Reuß pflegt, eine Delegation der
Möchtegern-Umstürzler*innen getroffen. „Ich wurde gefragt, was ich tun
würde, wenn ich Verantwortung in Deutschland hätte“, sagt er. Aber das sei
für ihn nichts Ungewöhnliches – schließlich habe er über seine
wirtschaftspolitischen Vorstellungen mehrere Bücher geschrieben. „Ich habe
dem begrenzte Bedeutung beigemessen.“
Der promovierte Volkswirt lebt davon, immer wieder den angeblich kurz
bevorstehenden Zusammenbruch des Währungssystems vorherzusagen – und als
Ausweg die Investition in Gold anzupreisen, das er praktischerweise selbst
verkauft.
## Kettensägen-Fan und Sozialdarwinist
Er hat aber auch eine politische Vision: Krall will wie Argentiniens
Präsident Javier Milei die Kettensäge ansetzen und Deutschland zu einem
Minimalstaat zurechtstutzen, in dem faktisch das Recht des Stärkeren gilt
und Empfänger*innen von Sozialleistungen das Wahlrecht verlieren. Er
hält das für verfassungskonform. Nachdem er [3][daran scheiterte, die
Werteunion auf diesen Kurs zu bringen], versucht er es jetzt mit der
rechtskonservativen Kleinpartei „Bündnis Deutschland“. Das Ziel: eine
Regierung mit der AfD.
Mit Reuß, sagt der Pandemie- und Klimawandelleugner zunächst, habe er sich
vielleicht ein- bis zweimal im Jahr getroffen, rein beruflich. Erst als ihm
vorgehalten wird, dass im Kalender des Immobilienunternehmers weitaus mehr
Termine stehen und dass er Reuß unter anderem seinen rechtslibertären
Verfassungsentwurf geschickt hat, räumt er ein: Das könne schon auch sein.
Mails und Chats, die nahelegen, dass er über die Pläne der Angeklagten
möglicherweise doch etwas mehr gewusst haben könnte, habe er „nicht so
genau“ gelesen, beteuert er. Nicht einmal von Reichsbürger-Ideologie will
er bei seinem adligen Bekannten etwas bemerkt haben.
Dabei zählte er am 9. November 2020 zu den handverlesenen Gästen, als Reuß
in seinem thüringischen Jagdschloss die „Wiederherstellung der Fürstentümer
Reuß als Bundesstaaten im Deutschen Reich“ proklamierte. Krall sprach dabei
einleitend ein „Gebet vor dem Gefecht“. Vor Gericht nennt er das nun ein
„Kulturevent“.
Am 5. August wird der Prozess fortgesetzt. [4][Es ist bereits der 80.
Verhandlungstag]. Und ein Ende noch lange nicht in Sicht.
30 Jul 2025
## LINKS
[1] /Prozess-gegen-Reichsbuerger-beginnt/!6009838
[2] /Prozess-gegen-Reuss-Truppe/!6038084
[3] /Abgaenge-aus-Maassen-Partei-Werteunion/!5993878
[4] /Reichsbuergerprozess-in-Frankfurt/!6089426
## AUTOREN
Joachim F. Tornau
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