# taz.de -- Gewalt in Südsyrien: Syrien hat Suweida nicht im Griff | |
> Nach einer Woche Krieg mit über 900 Toten scheinen die Kämpfe beendet. | |
> Doch das Kernproblem bleibt ungelöst: Wer hat das Sagen – Staat oder | |
> Milizen? | |
Bild: Hindert einen beduinischen Kämpfer an der Weiterfahrt: Ein Soldat am 20.… | |
Berlin taz | In der syrischen Stadt Suweida scheint weitgehend Ruhe | |
eingekehrt zu sein. So berichten es Nachrichtenagenturen und Augenzeugen. | |
[1][Eine Woche war in dem südsyrischen Ort und dem umliegenden Gouvernorat | |
gekämpft worden]: Erst zwischen drusischen Milizionären und bewaffneten | |
sunnitischen Beduinen, dann entsandte die Zentralregierung aus Damaskus | |
Truppen. Die sollten nach offiziellen Angaben „die Auseinandersetzungen | |
beenden“, traten schließlich selbst in den Konflikt ein. Augenzeugen werfen | |
ihnen vor, dass sie sich dabei auf die Seite der beduinischen Kämpfer | |
schlugen. | |
Mit der Entsendung der Regierungstruppen am Montag war auch [2][das | |
israelische Militär in den Konflikt eingestiegen]. Israel bombardierte in | |
Suweida ankommende gepanzerte Fahrzeuge der syrischen Armee, außerdem das | |
Verteidigungsministerium in Damaskus und das Gelände des | |
Präsidentenpalastes. Laut einem Bericht des Mediums „Syria in Transition“, | |
[3][den die Nachrichtenagentur Reuters mittlerweile bestätigte], war der | |
Auslöser hierfür ein Missverständnis in den Verhandlungen, die Syrien und | |
Israel derzeit in Aserbaidschan führen. | |
Schließlich zog Syriens Regierung ihre Truppen ab Donnerstagnacht wieder | |
ab, wohl nach Vermittlungen der USA, und verkündete eine Waffenruhe. Die | |
Kämpfe zwischen Beduinen und Drusen gingen aber zunächst weiter, bevor sich | |
die beduinischen Fraktionen zurückzogen und die Kämpfe am Sonntagmorgen | |
endeten. Gegenüber Reuters beschrieb ein Bewohner Suweidas die Lage als | |
„angespannte Ruhe“. | |
## Überfüllte Leichenschauhäuser, Spitale außer Betrieb | |
Insgesamt über 900 Menschen wurden getötet, berichtet die [4][Syrische | |
Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR),] darunter 336 drusische | |
Kämpfer, 342 Angehörige der Sicherheitskräfte, 18 beduinische Kämpfer und | |
mindestens 104 Zivilisten aus Suweida. SOHR berichtet außerdem von 194 | |
nicht näher benannten Menschen, die von Soldaten hingerichtet wurden, und | |
von drei durch drusische Milizionäre exekutierten Beduinen. | |
Allen Seiten werden Menschenrechtsverstöße vorgeworden. Regierungssoldaten | |
sollen Unbewaffnete hingerichtet haben. Drusischen Männern wurden unter | |
Gewalt die Schnurrbärte abrasiert oder ausgerissen. Beduinische Kämpfer | |
sollen drusische Zivilisten als Geiseln genommen und Häuser und Geschäfte | |
in Brand gesteckt haben. Dieselben Vorwürfe lassen sich drusischen | |
Milizionären machen. | |
Die humanitäre Lage in Suweida soll nach dem Ende der Kämpfe katastrophal | |
sein. Leichenhallen sind überfüllt, Krankenhäuser überlastet oder außer | |
Betrieb. Augenzeugen berichten, noch immer lägen Leichen auf den Straßen, | |
teils seit Tagen, es rieche nach Verwesung. | |
Der syrische Rote Halbmond kündigte am Sonntag an, 32 Lastwagen mit | |
Nahrungsmitteln, Wasser, Medizin und Treibstoff nach Suweida zu schicken, | |
auch das syrische Gesundheitsministerium schickte Hilfsgüter los. Nach | |
Berichten lokaler Journalisten steckte der Konvoi des Ministeriums am | |
Sonntag vor Suweida fest und wurde nicht hineingelassen. Die Ministerin für | |
Soziales und Arbeit, [5][Hind Kabawat], sagte dazu, wohl vor Suweida | |
stehend, in einem von „sy-24“ veröffentlichen Video: „Wir sind nicht | |
glücklich darüber, dass wir hier stehen und nicht hineinkommen.“ Suweida | |
und die Drusen gehörten zu Syrien, betonte sie, man wolle alle Menschen im | |
Land gleich behandeln. | |
## Die Drusen sind in drei Fraktionen gespalten | |
Es zeigt sich: [6][Syriens Zentralregierung hat weiterhin keine Kontrolle | |
über Suweida]. Das ist seit dem Sturz von Ex-Diktator Baschar al-Assad im | |
Dezember 2024 der Fall. Damals übernahm Ahmed al-Scharaa, heute Präsident, | |
mit seiner Miliz HTS über weite Teile des Landes die Herrschaft. Suweida | |
verblieb hingegen unter der Kontrolle bewaffneter drusischer Gruppen. | |
Darüber, wie sie zur neuen Regierung stehen, herrscht Uneinigkeit unter den | |
drusischen Anführern. Zwei der drei Fraktionen, die sich etabliert haben, | |
setzen auf Zusammenarbeit mit der neuen Regierung. Die dritte unter Führung | |
von Scheich Hikmat al-Hirji weigert sich – und setzt eher auf Israel als | |
Partner. Derzeit scheint vor allem die Al-Hirji-Fraktion in Suweida zu | |
entscheiden. Auch die Blockade des Hilfskonvois soll nach lokalen Berichten | |
von dieser Miliz ausgehen. | |
20 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Krise-in-Suweida/!6098360 | |
[2] /Gewalt-in-Syrien/!6101377 | |
[3] https://www.reuters.com/world/middle-east/syria-believed-it-had-green-light… | |
[4] https://www.syriahr.com/ | |
[5] /Syrien-hat-eine-neue-Regierung/!6076177 | |
[6] /Gewaltausbrueche-in-Syrien/!6098160 | |
## AUTOREN | |
Lisa Schneider | |
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