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# taz.de -- Klinik verweigert Abtreibungen: Taxigeld statt Schwangerschaftsabbr…
> Katholiken wollen, dass es in Flensburgs neuem Klinikum keine
> Schwangerschaftsabbrüche geben soll. Frauen sollen Fahrtkostenhilfe
> bekommen.
Bild: Demo für sexuelle Selbstbestimmung, hier in Berlin: In Flensburg ist fü…
Rendsburg taz | In Flensburg schließen sich das evangelische und das
katholische Krankenhaus zu einem modernen Klinikum zusammen – das sichert
die gesundheitliche Versorgung der Region. Nur ein Punkt sorgt seit Jahren
für Streit: Im neuen Fördeklinikum soll es keine Schwangerschaftsabbrüche
geben, darauf besteht der katholische Malteserorden. Die Stadt hat nach
einer Lösung gesucht: Das Ergebnis ist mager.
„Ich war damals so naiv“, sagt Birte Lohmann. „Ich dachte, man muss nur a…
das Problem hinweisen, und schon ist es gelöst.“ Ein Irrtum: [1][Seit 2019
kämpft Lohmann] mit einer Reihe von Mitstreiter:innen dafür, dass es im
Krankenhaus weiter Abtreibungen geben darf.
Generell gelten solche Eingriffe zwar als ambulante Behandlung, die in
einer gynäkologischen Praxis stattfinden sollten. Aber in Flensburg ist die
Lage etwas anders: Als 1995 die Stadt ihr kommunales Krankenhaus an die
evangelische Diakonissenanstalt, kurz Diako, übertrug, nahmen sie die Hilfe
für Frauen bei ungewollter Schwangerschaft in den Vertrag auf: „Die Diako
stellt sicher, dass auch künftig Eingriffe im Rahmen des Paragrafen 218
durchgeführt werden“, heißt es in dem Dokument.
## Keine Kompromisse
Doch für den katholischen Orden gibt es in dieser Frage keine Kompromisse:
„Die Malteser treten für den Schutz des Lebens ein“, sagt Sprecherin
Franziska Mumm. „Ein Schwangerschaftsabbruch wird im neuen Klinikum nur
durchgeführt werden, wenn es medizinische Gründe gibt, etwa das Leben der
schwangeren Frau bedroht ist.“ Nicht operiert werden schwangere Opfer von
Vergewaltigung oder Inzest. Dies hatte Flensburgs Sozialdezernentin Noosha
Aubel bei einer Pressekonferenz behauptet – eine Fehlinformation, die rasch
korrigiert wurde, so Stadtsprecher Christian Reimer.
Die evangelische Diako, die zurzeit noch Schwangerschaftsabbrüche vornimmt,
gibt sich moderater: „Natürlich steht die Diako zu ihrer Verantwortung für
eine umfassende gesundheitliche Versorgung auch bei
Schwangerschaftsabbrüchen“, so Kliniksprecher Ole Michel. Daher arbeite die
Diako auch in einem Arbeitskreis mit, den die ehemalige Bürgermeisterin
Simone Lange (SPD) ins Leben gerufen hatte.
## Pläne scheiterten
Anfangs war im Gespräch, dass die Stadt selbst Trägerin eines Medizinischen
Versorgungszentrums (MVZ) wird, das Frauen gynäkologisch betreut, aber auch
Schwangerschaft beendet. Doch diese Pläne scheiterten, auch weil die Stadt
[2][eigentlich nicht zuständig] ist: Die Verantwortung, für die Umsetzung
muss die Kassenärztliche Vereinigung sorgen, liegt beim Land
Schleswig-Holstein.
„Nach den Zahlen ist die Lage in Flensburg im Bundesvergleich recht gut“,
sagt Jane Jöns von der Beratungsstelle ProFamilia. [3][Mehrere Praxen
bieten medikamentöse Abtreibungen an], was als schonendere Methode als eine
Operation gilt. „Allerdings geht das nur in einem frühen Stadium der
Schwangerschaft“, sagt Jöns.
Derzeit nimmt eine ärztliche Praxis in Flensburg Abtreibungen per OP vor.
Die Diako verweist darauf, dass es in ihrem Haus seit 2021 keine
stationären Schwangerschaftsabbrüche mehr gibt, obwohl diese möglich seien.
Das klingt, als sei kein Bedarf mehr vorhanden, allerdings ist der Begriff
„stationär“ etwas irreführend. In der Logik des deutschen
Gesundheitssystems bedeutet er nur, wie eine Behandlung eingestuft und
abgerechnet wird.
Laut einer [4][Studie, die der städtische Arbeitskreis in Auftrag g]egeben
hat, fanden in den vergangenen Jahren durchaus Abtreibungen in der Diako
statt, die allerdings als „ambulant“ eingestuft wurden. 77 dieser Fälle
nennt die Studie für das Jahr 2023, im Jahr 2024 waren es 32.
ProFamilia berät die meisten ungewollt Schwangeren, und für viele Frauen
ist es wichtig, dass der Eingriff unter dem Dach einer Klinik stattfindet –
etwa weil sie sich sicherer fühlen, wenn andere Fachärzt:innen und
Geräte für den Notfall in der Nähe sind. „Es kommt häufig vor, dass wir
Frauen für operative Abtreibungen an die Kliniken in den Nachbarstädten
verweisen“, sagt Jöns.
Trotz dieser weiter unbefriedigenden Lage wird der Arbeitskreis seine
regelmäßigen Treffen einstellen: Nur noch „anlassbezogen und nach Bedarf“
will die Runde zusammentreffen, einen entsprechenden Beschluss soll der
Sozialausschuss der Stadt am Mittwoch treffen.
## Städtischer Sozialfonds geplant
Immerhin hat die Arbeit einige Ergebnisse erbracht. Geplant ist ein
städtischer Sozialfonds, aus dem Frauen Hilfen erhalten, etwa Geld für
Fahrten zu Kliniken in anderen Städten. Außerdem sollen sogenannte
„Abortion Buddies“ den betroffenen Frauen ehrenamtlich zur Seite stehen.
Das Konzept wurde von der Beratungsstelle ProFamilia erarbeitet und ist für
drei Jahre bewilligt. Mit diesen Maßnahmen sei „der kommunale Spielraum
ausgeschöpft“, sagt Stadt-Sprecher Christian Reimers.
Der Aktivistin Birte Lohmann reicht das nicht: „Es kann nicht sein, dass
sich die katholische Kirche über den alten Vertrag zwischen Diako und Stadt
und die Rechte der Frauen auf körperliche Selbstbestimmung hinwegsetzt.“
Sie ruft daher zu einer Mahnwache auf, die am Mittwoch auf dem Südermarkt
in Flensburg stattfinden soll.
Transparenzhinweis: Wir haben aus dem Text die Formulierung Abtreibung „aus
sozialen Gründen“ entfernt, weil sie sich auf eine veraltete Rechtslage
bezieht.
7 Jul 2025
## LINKS
[1] /Schwangerschaftsabbrueche-in-Flensburg/!5843236
[2] /Flensburger-Abtreibungs-Debatte/!5720488
[3] https://www.profamilia.de/angebote-vor-ort/schleswig-holstein/flensburg
[4] https://ratsinfo.flensburg.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZVyzEFNgvnQkvOxc…
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Flensburg
Schwerpunkt Abtreibung
Gesundheitswesen
Schwangerschaftsabbruch
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