Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schwangerschaftsabbrüche in Flensburg: Wenn der Glaube im Weg steht
> Ungewollt Schwangere haben im geplanten Fördeklinikum keine sichere
> Anlaufstelle für Abbrüche. Aktivist:innen und Politiker:innen
> fordern Lösungen.
Kiel taz Ein leuchtend violetter Uterus aus Schaumstoff steht auf den
Stufen vor dem Kieler Parlament, daneben zahlreiche Demonstrierende.
„Gesundheit vor Kirchenrecht“, heißt es auf ihren Plakaten. Worum es gehe,
sei klar, sagt Birte Lohmann: „Wir wollen, dass es in Flensburg auch
künftig Abtreibungen im Krankenhaus geben soll.“ Dafür setzt sich die
Aktivistin seit Jahren ein. Nun diskutiert [1][der Sozialausschuss des
Landtags] in Kiel über die Lage. Die entscheidenden Akteure aber fehlten.
In Flensburg schließen sich [2][das evangelische Diako-Krankenhaus und das
katholische Malteser-Hospital] zusammen. Das neue „Fördeklinikum“ soll die
medizinische Versorgung im nördlichen Schleswig-Holstein sichern – nur bei
einer Frage bleibt die katholische Seite eisenhart: Ungewollt Schwangere
erhalten im neuen Krankenhaus keine Abtreibungen.
Betroffen sind Fälle nach der sogenannten [3][Beratungsregelung] sowie
Abbrüche nach kriminologischer Indikation, also nach Vergewaltigungen oder
Inzest, heißt es in einer Stellungnahme der Stadt Flensburg. Letzteres sei
„erst kürzlich bekannt geworden“. Es sei zurzeit unklar, unter welchen
Bedingungen überhaupt Schwangerschaftsabbrüche im neuen Fördeklinikum
stattfinden könnten.
## Problem konfessionelle Trägerschaft
Formal ist die Klinikleitung im Recht: Schwangerschaftsabbrüche gelten als
ambulante Behandlung, die in gynäkologischen Praxen stattfinden. Aber viele
Frauen wünschen sich, dass der Abbruch in einer Klinik passiert. Allein in
diesem Jahr seien es über 50 Fälle in der Flensburger Diako gewesen, sagte
die Grünen-Abgeordnete Catharina Nies im Ausschuss.
Auch fachliche Gründe sprechen dafür, so die Sprecherin des Landesverbandes
der Frauenärzte, Susanne Bechert: „Viele Praxen sind bereit und haben die
Genehmigung für den medikamentösen Abbruch, da ist Schleswig-Holstein sogar
in einer vergleichsweise guten Position.“
Doch bei „späten“ Abbrüchen, wenn Frauen noch Bedenkzeit gebraucht haben
oder erst nach einigen Wochen merken, dass sie schwanger sind, wirken die
Medikamente nicht mehr. Zwar könnten die Eingriffe in der Praxis
stattfinden, trotzdem „braucht man manchmal die Möglichkeit für eine OP
oder Bluttransfusion“, sagte die Ärztin im Ausschuss. Das Problem sei die
konfessionelle Trägerschaft: „Bei einem kommunalen Krankenhaus hätten wir
keine Diskussion.“
## Sozialfonds geplant
Allerdings stellt sich die Frage, ob die kirchlichen Träger sich
tatsächlich weigern dürfen. Denn als 1995 die Stadt ihr kommunales
Krankenhaus an die Diakonie übertrug, ließ sie sich vertraglich zusichern,
dass dort weiter Abtreibungen vorgenommen werden.
„Dieser Vertrag liegt mir vor“, bestätigte die Abgeordnete Birte Pauls
(SPD) am Rande der Tagung. „Ich meine, dass nun juristisch geprüft werden
muss, ob diese Regelung weiter eine Auswirkung hat.“ Sie sieht eine
generelle Benachteiligung von Frauen: „In den vergangenen Jahren wurde die
Hälfte aller gynäkologische Stationen geschlossen, die Wahlmöglichkeiten
schwinden immer weiter.“ Gehe es um die Prostata, gebe es eine ganz andere
Debatte, ist Pauls überzeugt.
[4][In ihrem Antrag] hatten SPD und die Minderheitenpartei SSW gefordert,
einen in Flensburg geplanten Sozialfonds zu unterstützen. Daraus sollen
Frauen unter anderem Geld erhalten, wenn sie für die Abtreibung in eine
andere Stadt fahren müssen. Das reiche nicht, sagte Marlene Langholz-Kaiser
vom Flensburger Arbeitskreis „Schwangerschaftsabbrüche“. Es brauche eine
sichere Infrastruktur.
## Eingeladene kommen nicht
Bei der Anhörung ging es neben der Lage in Flensburg um eine gesetzliche
Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs auf Bundesebene. Eingeladen war
unter anderem die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf, bekannt geworden durch
ihre gescheiterte Kandidatur für das Verfassungsgericht, die allerdings
abgesagt hatte.
Ebenfalls abgesagt hatten die Vertreter:innen der beiden christlichen
Krankenhäuser. Für die Aktivistin Birte Lohmann ist das keine Überraschung:
„Endlich haben wir es schriftlich, dass sie die Öffentlichkeit scheuen wie
der Teufel das Weihwasser.“
19 Sep 2025
## LINKS
[1] https://www.landtag.ltsh.de/ausschuesse/sozialausschuss/
[2] https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl20/umdrucke/05100/umdruck-20-05198…
[3] https://www.profamilia.de/angebote-vor-ort/schleswig-holstein/flensburg
[4] https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl20/drucks/03400/drucksache-20-0345…
## AUTOREN
Esther Geisslinger
## TAGS
Paragraf 218
Klinik
Schwangerschaftsabbruch
Schwangerschaft
Schwerpunkt Abtreibung
Flensburg
wochentaz
Flensburg
Schwerpunkt Paragraf 219a
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schwangerschaftsabbrüche in Flensburg: Mit dem Taxi zur Abtreibung
In Flensburg gibt es kein Krankenhaus mehr für Schwangerschaftsabbrüche.
Die Stadt bezahlt nun Fahrten nach außerhalb. Verantwortlich sind FDP und
CDU.
Klinik verweigert Abtreibungen: Taxigeld statt Schwangerschaftsabbruch
Katholiken wollen, dass es in Flensburgs neuem Klinikum keine
Schwangerschaftsabbrüche geben soll. Frauen sollen Fahrtkostenhilfe
bekommen.
Schwangerschaftsabbrüche in Flensburg: Immer noch Unterversorgung
Durch die Fusion von Kliniken fallen in Flensburg Kapazitäten für
Abtreibungen weg. Das ist lange bekannt, aber es gibt nach wie vor keine
Lösung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.