# taz.de -- Wohnkostendebatte beim Bürgergeld: Nur mehr Sozialwohnungen würde… | |
> Die Spar-Vorschläge von Friedrich Merz gehen fehl, denn irgendwo müssen | |
> die Leute leben. Was fehlt, ist bezahlbarer Wohnraum. | |
Bild: Soabld die Sozialwohnung aus der Förderung fällt, wird sie für viele M… | |
Die neueste Lieferung kam wieder von der Bild-Zeitung: 20.000 | |
alleinstehende Empfänger:innen von Bürgergeld leben in Wohnungen von | |
mehr als 100 Quadratmetern. Skandal, dass der Staat dieses Luxuswohnen | |
bezahlt! So der Tenor der Story. Dass Alleinstehende in großen Wohnungen | |
eben auch ins Bürgergeld rutschen können und dass das Jobcenter dann aber | |
nicht langfristig die hohe Miete übernimmt, geht dabei unter. | |
Dieselbe Statistik der Bundesarbeitsagentur zeigt übrigens auch, dass mehr | |
als 4.000 Haushalte mit vier, fünf und mehr Personen im Bürgergeldbezug auf | |
einer Wohnfläche von weniger als 20 Quadratmetern hausen. Was nicht heißt, | |
dass der Staat damit billig fährt. In Heimen wird pro Person ein Tagessatz | |
von 25 Euro und mehr verlangt, den die Jobcenter finanzieren müssen. Da | |
können mehr als 3.000 Euro an Wohnkosten für einen großen Haushalt | |
zusammenkommen. | |
Auch das ist ein potenzieller Aufreger, obwohl die Betroffenen nicht mal | |
genügend Platz haben, einen Esstisch neben dem Doppelstockbett | |
aufzustellen. Die Heimbetreiber begründen ihre Tagessätze mit Zusatzkosten | |
für Pförtner, Betreuungen, Security, Reinigung, Renovierungen. | |
Am armen Rand der Gesellschaft hat sich ein Graubereich für die | |
Unterbringung auf Staatskosten entwickelt, an dem viele mitverdienen: die | |
Betreiber von Gemeinschaftsunterkünften und auch Wohnungsbaugesellschaften, | |
die ihre Mieten steigern, sobald die Jobcenter die Mietobergrenzen erhöhen. | |
## Die Armen sind nicht schuld daran | |
Die Vorschläge von Friedrich Merz, [1][die Wohnkosten für | |
Grundsicherungsbeziehende zu „pauschalieren“], sind dabei nicht hilfreich. | |
Mit „Pauschalieren“ meint Merz E[2][insparungen, also Absenkung der | |
Mietobergrenzen]. Bereits jetzt aber verschicken die Jobcenter Tausende von | |
sogenannten Kostensenkungsaufforderungen, weil | |
Leistungsempfänger:innen nach Ablauf einer einjährigen Karenzzeit in | |
angeblich zu teuren Wohnungen leben. | |
Nur: Sie finden keine Alternativen. Es brächte auch nichts, Arme in die | |
teure Heimunterbringung zu treiben, nur weil man die etwa in München real | |
existierenden Mietobergrenzen der Jobcenter von fast 20 Euro pro | |
Quadratmeter für Bürgergeldempfänger:innen für zu großzügig hält. | |
Was helfen würde, sind mehr – viel mehr – geförderte Sozialwohnungen mit | |
moderaten Mieten. Es gab sie früher zu Hunderttausenden, jetzt aber nicht | |
mehr. Die steigenden Wohnkosten für die Bürgergeldempfänger:innen | |
spiegeln diese Entwicklung. Die Armen sind nicht schuld daran. Man sollte | |
sie auch nicht dafür verantwortlich machen. | |
18 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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