# taz.de -- Umfrage zur Berufsausbildung: Lieber gleich Kohle verdienen | |
> Viele junge Menschen wollen keine Ausbildung machen, sondern direkt | |
> arbeiten. Die Studie zeigt: Ihnen fehlt oft persönliche Beratung. | |
Bild: Ausbildung, nein danke: Viele junge Menschen wollen direkt nach der Schul… | |
Berlin taz | Die aktuelle Weltlage stärkt bei jungen Menschen offenbar den | |
Wunsch nach Sicherheit. Das legt die am Mittwoch veröffentlichte | |
[1][repräsentative Jugendbefragung „Ausbildungsperspektiven 2025“] der | |
Bertelsmann-Stiftung nahe. Demnach möchte jede:r Fünfte nach der Schule | |
erst einmal direkt arbeiten und Geld verdienen, statt eine Ausbildung oder | |
ein Studium zu beginnen. Bei Schüler:innen mit niedrigem | |
Schulbildungsniveau plant das sogar jede:r vierte. | |
Die Autor:innen der Studie sehen diese Zahlen mit Sorge: „Im | |
schlechtesten Fall verbleiben die jungen Menschen nicht nur kurz- sondern | |
mittel- und langfristig in solchen Helferjobs und stehen den Unternehmen | |
somit nicht als qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung“, heißt es im | |
Bericht. Mit Folgen vor allem für sie selbst: Menschen ohne Berufsabschluss | |
haben ein hohes Risiko, arbeitslos zu werden. | |
Dieses Risiko gehen bereits heute viele 20- bis 34-Jährige ein. Nach den | |
Daten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) ist unter ihnen aktuell | |
fast jede:r Fünfte ohne abgeschlossene Berufsausbildung, das sind | |
hochgerechnet knapp 2,9 Millionen Menschen. Vor zehn Jahren waren es noch | |
„nur“ rund 1,9 Millionen. BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser bezeichnete | |
diese Entwicklung als „No-Go für den Bildungs- und Wirtschaftsstandort | |
Deutschland“. | |
Wie zu erwarten, ist das Bildungssystem für die Chancen auf eine | |
abgeschlossene Berufsausbildung maßgeblich. Je höher der Schulabschluss, | |
desto geringer ist das Risiko, später zu den sogenannten nicht formal | |
Qualifizierten (nfQ) zu gehören. Der überwiegende Teil dieser Gruppe hat | |
gar keinen Schulabschluss. Und die Quote der Schulabbrecher:innen ist | |
in fast allen Bundesländern zuletzt gestiegen und lag 2023 bundesweit bei | |
7,3 Prozent. | |
## Vage Versprechen von Union und SPD | |
In [2][ihrem Sondierungspapier hatten Union und SPD] noch versprochen, die | |
Zahl der Schulabgänge ohne Abschluss „deutlich zu senken“. Im | |
Koalitionsvertrag findet sich der Satz nicht mehr, die Bundesregierung | |
verspricht aber immerhin, die Jugendberufsagenturen, an die sich junge | |
Menschen mit Fragen wenden können, sowie die Berufsorientierung an Schulen | |
zu stärken. Konkreter sind CDU, CSU und SPD bisher nicht geworden. | |
Wie groß der Nachholbedarf ist, zeigt die Bertelsmann-Umfrage: Zwei von | |
drei Schüler:innen fühlen sich nicht gut über eine spätere Berufswahl | |
informiert. Die fehlende Orientierung ist für die Betroffenen die größte | |
Hürde für die Aufnahme einer Berufsausbildung (38 Prozent) und liegt damit | |
noch vor Punkten wie die geringen Vergütung für Azubis (34 Prozent) oder | |
unattraktive Ausbildungsplätze in der Region (32 Prozent). | |
Ein Beratergremium der Länder – die Ständige Wissenschaftliche Kommission | |
(SWK) – bezeichnete die bisherige Berufsorientierung kürzlich als | |
„unzulänglich“ und schlug etwa vor, diese in die Lehrkräftebildung zu | |
integrieren. | |
Auch Helen Renk, Co-Autorin der Bertelsmann-Studie, sieht | |
Handlungsbedarf: „Junge Menschen wünschen sich mehr Unterstützung durch | |
persönliche Beratung innerhalb und außerhalb der Schule“, sagte Renk der | |
taz. Vor allem eine Stärkung der Jugendberufsagenturen im Hinblick auf ein | |
flächendeckendes und qualitativ hochwertiges Beratungsangebot fände sie | |
hilfreich. Es brauche einen Ort, wo jungen Menschen geholfen werde, unter | |
rund 23.000 Studiengängen und knapp 330 Ausbildungsberufen den passenden zu | |
finden. | |
Die Schule ist dieser Ort offensichtlich nicht. | |
16 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/ausbil… | |
[2] /Bildungsversprechen-der-Groko/!6071782 | |
## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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