# taz.de -- Auswandern mit Raketen: Traumobjekt und Todbringer | |
> Die Rakete vereint Erfindungsgeist, Hoffnung und Grausamkeit. In | |
> Bremerhaven ist sie Teil einer Ausstellung übers Auswandern ins All. | |
Bild: Weltraumschrott von morgen: eine Falcon 9-Rakete von SpaceX hebt im Juni … | |
Die Geschichte der Rakete beginnt mit dem Krieg. Im 13. Jahrhundert nutzten | |
die Mongolen in China Schwarzpulverraketen als Waffen. In Europa wurden | |
Raketen im 19. Jahrhundert, etwa während der Napoleonischen Kriege, zu | |
militärischen Werkzeugen. Aber es war die Moderne, die der Rakete ihre | |
düstere Ikonografie gab: [1][Die deutsche V2-Rakete brachte Tod und | |
Zerstörung] über London, Tausende Zwangsarbeiter:innen starben bei | |
ihrer Produktion. Die Rakete wurde zum Symbol für den ambivalenten | |
Fortschritt: ein Werkzeug, das menschlichen Erfindungsgeist mit Grausamkeit | |
vereint. | |
Diese Doppeldeutigkeit prägt sie bis heute. Interkontinentalraketen sind | |
keine bloßen Waffen, sondern kulturelle Artefakte einer Welt, die am Rande | |
der Selbstzerstörung balanciert. Ihre bloße Existenz ist eine Warnung vor | |
dem, was Menschen zu tun vermögen, ein Spiegel ihrer Ängste. | |
Aber Raketen waren immer auch Symbole der Sehnsucht. Schon Jules Vernes | |
Roman „Von der Erde zum Mond“ machte sie 1865 zum Vehikel für menschliche | |
Träume von der Eroberung des Kosmos. Mit dem Beginn des Weltraumzeitalters, | |
Sputnik und den Apollo-Missionen, wurden Raketen zu Ikonen des Fortschritts | |
an sich: Sie versprachen, die Grenzen des Irdischen zu sprengen, und dass | |
der Mensch die Sterne erreichen könne. | |
Die Idee, andere Himmelskörper zu besiedeln, ist ein altes Thema der | |
Science-Fiction. Heute wird auf die [2][Weltraumkolonisation] ganz | |
ernsthaft als „Backup“ für eine krisengeplagte Erde gewettet. Unternehmen | |
wie SpaceX oder Blue Origin feiern Raketen als Schlüssel zu einer | |
multiplanetaren Zukunft, in der die Menschheit auf Mond, Mars oder sogar | |
Venus siedeln könnte. Das hat kolonialistische Züge: Der Abbau von | |
Rohstoffen wie Helium-3 auf dem Mond weckt Begehrlichkeiten, | |
Kritiker:innen warnen, dass wir im All die Fehler der irdischen | |
Kolonialgeschichte wiederholen. | |
Der Weltraumvertrag von 1967 erklärt den Kosmos zum Erbe der Menschheit, | |
aber private Akteure wie Elon Musk fordern das heute heraus. Die Rakete | |
wird so zum Symbol eines neuen Imperialismus. Der „Space Race“ des Kalten | |
Krieges war nicht nur ein Wettlauf um wissenschaftliche Errungenschaften, | |
sondern auch ein globales Machtspiel. Heute treiben die privaten Konzerne | |
reicher Männer die Kommerzialisierung des Weltraums voran. Das wirft neue | |
Fragen auf: [3][Wem gehört der Kosmos in Zukunft?] Wer profitiert also von | |
seinen Ressourcen? Die Rakete, einst ein [4][Symbol des Gemeinwohls im | |
All], wird insofern zunehmend zum Werkzeug weniger. | |
Diese Ambivalenz greift die Ausstellung [5][„Verlockung Weltall. Auswandern | |
auf Mond, Mars, Venus?“] im Deutschen Auswandererhaus Bremerhaven auf: Sie | |
zeigt historische Objekte wie eine 40.000 Jahre alte Mondphasen-Plakette | |
neben Raumfahrtmodellen und Kunstwerken. Und im „Wahl-Forum Space | |
Migration“ kann man mitdenken, wie die Zukunft im All aussehen könnte. | |
20 Jul 2025 | |
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[5] https://dah-bremerhaven.de/exhibitions/verlockung-weltall-auswandern-auf-mo… | |
## AUTOREN | |
Robert Matthies | |
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