| # taz.de -- Ausstellung „Fantasie und Vielfalt“: Indigenen-Klischees aufgef… | |
| > Eine Lübecker Ausstellung über die First Nations Nordamerikas hinterfragt | |
| > ironisch Europas „Indianerbilder“ und erzählt von indigenem Widerstand. | |
| Bild: Eines der Exponate aus der Ausstellung: Gefäß Olla aus New Mexico, 20. … | |
| Passkontrolle am Flughafen Frankfurt. „Ich komme aus Kanada und gehöre zu | |
| den First Nations“, sagt David Seven Deers, Bildhauer der Halkomelem Salish | |
| in Vancouver, zu dem Zollbeamten. Der schaut verständnislos, dann lacht er: | |
| „Ach so, ein Indianer! Willkommen in Deutschland!“ | |
| Nach dieser Begegnung entschied Seven Deers, den umstrittenen Begriff | |
| „Indianer“ ganz bewusst zu nutzen. Denn: „Umschreibungen wie „Indigene�… | |
| versteht doch hier niemand. Ich will selbst entscheiden, wie ich mich | |
| nenne.“ | |
| Seven Deers ist seit einigen Monaten in Lübeck, wo er auf dem Domhof an | |
| einem „[1][Seelenkanu]“ arbeitet, eine Live-Art-Performance. Sie ist Teil | |
| der Ausstellung „Fantasie und Vielfalt. Nordamerika in der Sammlung | |
| Kulturen der Welt“, die derzeit im Museum für Natur und Umwelt zu sehen | |
| ist. | |
| Sie präsentiert 100 zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert entstandene und | |
| teils noch nie öffentlich gezeigte Objekte aus den USA und Kanada und | |
| befragt sie eingehend: Welche Begriffe, Zuschreibungen, Bilder haben wir | |
| von den ersten Bewohnern Nordamerikas im Kopf? Was davon stimmt zumindest | |
| teilweise, was ist Klischee und vor allem: Negiert ein so unpräziser wie | |
| irrtümlicher Begriff wie „Indianer“ die Vielfalt der allein 600 anerkannten | |
| Kulturen dieses Kontinents? Oder sollten wir uns entspannen, wie David | |
| Seven Deers vorschlägt? | |
| Die Antwort der Kurator*innen der Lübecker Ausstellung besteht darin, | |
| möglichst viele Indigene selbst zu Wort kommen zu lassen, anstatt über sie | |
| zu sprechen. Am Anfang der Schau steht ein Zitat von Seven Deers: „Die | |
| ersten Indigenen von Amerika sind die Tiere.“ Auf der anderen Seite des | |
| Raums laufen aktuelle Musikvideos etwa des Apsáalooke-HipHop-Künstlers | |
| „Supaman“. | |
| Schwierig wird es da, wo Außenstehende Kulturen vereinnahmen oder zu Geld | |
| machen wollen, wenn etwa [2][Sportclubs pseudo-indigene Logos und Namen | |
| nutzen]. Oder wenn ein Ensemble aus Playmobil-Figuren einen Totempfahl | |
| neben einem Tipi-Zelt enthält und so Kulturelemente verquirlt, die einen | |
| halben Kontinent voneinander entfernt lebten. | |
| Überhaupt [3][wimmelt es in Europa vor Stereotypen]. Dass Pferde und | |
| Glasperlen in den Amerikas vor Kolumbus nicht bekannt waren, dürfte sich | |
| inzwischen herumgesprochen haben. Aber wer weiß schon, dass die meisten | |
| indigenen Jäger nicht Fleisch, sondern Fisch erbeuteten, oder dass neben | |
| der Kartoffel, der Tomate und dem Tabak auch die Erdbeere von dort nach | |
| Europa kam? | |
| Die Lübecker Ausstellung lässt sich aus verschiedenen Perspektiven lesen. | |
| Fünf „Pfade“, farblich markiert, befragen die Objekte bezüglich ihrer | |
| Herkunft oder als Teil der Natur, der Spiritualität, der Gemeinschaft und | |
| des Wandels der Lebensbedingungen. | |
| Ein unscheinbarer Kamm der Nuu-chah-nulth in Westkanada wiederum erzählt | |
| die Geschichte systematischer Entfremdung: Kolonisatoren rissen indigene | |
| Kinder gewaltsam aus den Familien, um sie in Internate zu zwingen, wo man | |
| ihnen als erstes die Haare abschnitt. Lange Haare und Kämme wurden | |
| daraufhin zum Symbol indigenen Widerstands. | |
| Heute machen indigene Menschen nur noch 2,3 Prozent der nordamerikanischen | |
| Bevölkerung aus. Doch die Kämpfe um Land gehen weiter. Navajo im Südwesten | |
| der USA empowern sich dabei durch die Identifikation mit den Helden aus | |
| „Krieg der Sterne“, der Film wurde sogar in ihrer Sprache synchronisiert. | |
| Wie Luke Skywalker und seine Mitstreiter*innen sehen sie im ungleichen | |
| Kampf gegen die Herrschenden die Macht auf ihrer Seite. | |
| Zudem hat US-Präsident Donald Trump gerade an gekündigt, dass er das | |
| Gefängnis auf Alcatraz wieder in Betrieb nehmen will. Doch das „American | |
| Indian Movement“ [4][meldet seit Jahrzehnten indigene Besitzansprüche auf | |
| die Insel an]. Es ist die wahrscheinlich bekannteste indigene | |
| Aktivist*innen-Bewegung – und sie hat das I-Wort im Namen. | |
| 11 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Friederike Grabitz | |
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