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# taz.de -- Darchau an der Elbe abgeschnitten: 50 Tage ohne Fähre
> Wegen Niedrigwassers gibt es schon seit 50 Tagen keine Verbindung nach
> Darchau. Niedersachsen ist bereit, eine geeignetere Fähre
> mitzufinanzieren.
Bild: Mal wieder: Keine Fähre, nirgends
Hamburg taz | Weil die Elbe so wenig Wasser führt, gibt es seit fast zwei
Monaten keine Fährverbindung zwischen den niedersächsischen Orten Darchau
und Neu Darchau. Darchau gehört zum Landkreis Lüneburg, liegt allerdings
nördlich der Elbe – dort, wo einmal die DDR war – und ist somit vom übrig…
Kreisgebiet abgeschnitten. Seit kurz nach der Wende wird darüber
gesprochen, hier eine Brücke über die Elbe zu bauen, die allerdings
umstritten ist.
Jetzt sind die Aussichten gut, dass erstmal eine neue Fähre gebaut wird,
die auch mit niedrigen Wasserständen zurechtkommen würde. Vor wenigen Tagen
erst habe er die Zusage bekommen, dass das Land Niedersachsen den Neubau zu
75 Prozent aus Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes
bezuschussen würde, sagt Neu Darchaus Bürgermeister Klaus-Peter Dehde. Der
SPD-Mann setzt sich für eine Fähre ein, damit seiner Gemeinde eine Brücke
und der damit verbundene Verkehr erspart bleibt.
Die kleinere Schwestergemeinde Darchau gehört zum Amt Neuhaus, das von
Lüneburg aus gesehen komplett auf der anderen Seite der Elbe liegt. Wer
hier wohnt und ins übrige Kreisgebiet will, ist auf die Fähren bei Darchau
und Bleckede angewiesen – oder er muss zig Kilometer weite Umwege über die
Brücken bei Dömitz oder Lauenburg in Kauf nehmen.
Allerdings fallen die Fähren immer wieder aus: wegen Reparaturen,
Hochwassers oder [1][extremem Niedrigwassers] – wie jetzt gerade. Die Fähre
„Tanja“, die zwischen Darchau und Neu Darchau verkehrt, liegt seit Wochen
in einer Werft in Lauenburg, wo sie wegen der vielfachen Grundberührung
repariert wurde. „Wir haben versucht, sie zumindest nach Bleckede zu
holen“, sagte der Leiter des Fährbetriebs Andreas Dau der dpa. „Wir sind
verzweifelt, weil nicht abzusehen ist, wann die Elbe wieder ausreichend
Wasser hat.“
## Gegner und Befürworter
Die [2][Befürworter] und Gegner des Brückenschlags haben sich in
Bürgerinitiativen organisiert. „Die Elbbrücke fördert die wirtschaftliche,
gesellschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung in Südwestmecklenburg
und im Nordosten Niedersachsens sowie die Bevölkerungsentwicklung im Amt
Neuhaus“, argumentiert der [3][Förderverein Brücken bauen].
Sie biete zuverlässige Wege zur Arbeit, zu Einkaufsmöglichkeiten und
Schulen sowie für Rettungskräfte. Zudem ermögliche sie feste
Busverbindungen und mache den nächstgelegenen Bahnhof Brahlstorf besser
erreichbar.
Die [4][Bürgerinitiative „Ja zur Fähre – Nein zur Brücke“] dagegen
bezeichnet die Brücke als verkehrspolitisch nicht notwendig und viel zu
teuer. Die 20 Minuten, die die Fähre durch das Übersetzen und die Wartezeit
Autofahrern abverlange, stünden in keinem Verhältnis zum Aufwand für die
Brücke. Mit den jährlichen Unterhaltungskosten überfordere sie die
Kreishaushalte. Sie beeinträchtige die Lebensqualität der
Anwohner*innen und die Natur im Biosphärenreservat Elbtalaue.
Ob der mit mittlerweile mehr als 90 Millionen Euro veranschlagte Bau einer
Brücke mit Blick auf ihren Nutzen zu rechtfertigen ist, stellte 2019 der
Bund der Steuerzahler in Frage. Eine Drucksache des niedersächsischen
Landtages von 1995, also aus der Anfangszeit der Planungen, veranschlagt
das Nutzen-Kosten-Verhältnis auf 1:5.
Plausibel wird das, wenn man sich die Verkehrsströme ansieht, die die
Gesellschaft für Verkehrsberatung und Systemplanung (GVS) im Rahmen des
Planfeststellungsverfahrens prognostiziert hat. Ohne Brücke würden wegen
der schrumpfenden Bevölkerung 2030 nur 590 statt heute 690 Autos pro Tag
die Elbe passieren – mit Brücke wären es gut 2.500.
87 Prozent des Verkehrs auf der Brücke würde sich zwischen den benachbarten
Landkreisen abspielen. Der Lastwagenanteil stiege von sieben auf zehn
Prozent. Zum Vergleich: Die 40 Kilometer entfernte Elbbrücke in Dömitz
passieren 6.500 Autos am Tag.
Den bescheidenen Zahlen zum Trotz bezeichnet Lüneburgs Landrat Jens Böther
(CDU) die Brücke als „eines unserer wichtigsten Projekte im Landkreis und
für die ganze Region“. Der Kreis arbeite mit Nachdruck daran, Ende dieses
oder Anfang nächsten Jahres den Planfeststellungsbeschluss dafür zu
bekommen.
Die rot-grüne Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag 2022
niedergeschrieben, sie favorisiere „ein zukunftsorientiertes Fährkonzept“,
zu dem auch eine verbesserte Fährverbindung in Bleckede gehören würde. Ein
Brückenbau im Rahmen einer kommunalen Lösung sei damit aber nicht
ausgeschlossen, teilt das Wirtschaftsministerium mit.
„Wenn der Landkreis den Eigenanteil an den Brückenkosten aufbringen kann,
dann wird auch das Land seinen Teil dazu beitragen“, schreibt das
Ministerium. Das könne jedoch mehrere Jahre dauern, während sich die
Fährverbindung in kürzerer Frist verbessern lasse.
Die Brücke in Bleckede statt in Neu Darchau zu bauen, wie es Neu Darchaus
Bürgermeister Dehde anregt, kommt aus Sicht des Landkreises Lüneburg nicht
in Frage. „Bereits 1992 empfahl ein Rahmenkonzept für das
Biosphärenreservat ‚[5][Flusslandschaft Elbe]‘ aus naturschutzrechtlichen
Gründen ausdrücklich eine Brücke bei Darchau/Neu Darchau“, teilt der Kreis
mit. Dieser Standort ist seit mehr als 30 Jahren sowohl politisch als auch
planungsrechtlich verankert.
4 Jul 2025
## LINKS
[1] /Ueberwachung-der-Elbe-wegen-Niedrigwasser/!5948976
[2] /Unvollendete-Einheit/!6009095
[3] https://bruecken-bauen-ev.de/argumente/
[4] https://www.keine-bruecke.de/#faehre
[5] /Hass-auf-die-Gruenen-in-Ostdeutschland/!5972510
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Elbe
Verkehr
Brücke
Lüneburg
Niedersachsen
Deutsche Einheit
Schwerpunkt Klimawandel
Lesestück Recherche und Reportage
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