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# taz.de -- Gedenken an Wehrmachtskapitulation 1945: Verschollene Bronzetafel w…
> Eine Bronzetafel sollte in Lüneburg an die Kapitulation der Wehrmacht
> erinnern. Vor 70 Jahren wurde sie geklaut. Nun wurde sie wiedergefunden.
Bild: Wo sie all die Jahre war, weiß man offiziell nicht. Nun ist die Bronzeta…
Hamburg taz | Eine unscheinbare Bronzetafel, 136 mal 68 Zentimeter groß,
knapp 60 Kilogramm schwer, mit einer grünlichen Patina überzogen, ist seit
Kurzem im Museum Lüneburg zu sehen. Sie erinnert an einen historischen
Moment in der Heide: [1][die Teilkapitulation der Deutschen Wehrmacht] am
4. Mai 1945 auf dem Timeloberg bei Wendisch Evern, bekannt als „Surrender
in the Luneburg Heath“.
Unterzeichnet von Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg gegenüber dem
britischen Feldmarschall Bernard Montgomery, markierte sie das Ende der
Kämpfe in Nordwestdeutschland, Dänemark und den Niederlanden: ein
entscheidender Schritt zum Frieden in Europa, vier Tage vor der
Gesamtkapitulation in Reims und Berlin-Karlshorst.
Diese Tafel ist mehr als ein Relikt des Kriegsendes; sie erzählt von
Verdrängung, Diebstahl und einer hartnäckigen Suche nach Erinnerung.
Errichtet wurde sie 1945 als Teil des „Victory Hill Monuments“ auf dem
Timeloberg, so benannt von Montgomery. Der hatte den Hügel bewusst
ausgewählt, um auf die besiegte Stadt herabzublicken. Die englische
Inschrift verkündet den Sieg der Alliierten und die bedingungslose
Kapitulation der deutschen Truppen.
Zehn Jahre später war die Tafel verschwunden: Unbekannte – Vermutungen
zufolge der nationalistischen Uelzener Turnerjugend entstammend – hatten
sie geklaut. Gerüchte rankten sich seitdem um ihren Verbleib: Die rechten
Turner sollen sie in einem Waldstück vergraben und dort jahrelang
Sonnenwendfeiern gefeiert haben. Andere Geschichten erzählen, sie sei von
einem Bauern als Jauchegruben-Abdeckung missbraucht oder als Schrott gegen
Autoteile eingetauscht worden.
Jahrzehntelang blieb die Tafel jedenfalls verschollen. Lüneburger
Bürger:innen wie der Hobbyhistoriker Hans-Joachim Boldt machten sich auf
die Suche. Mit Hilfe von Metalldetektoren, Hinweisen von Anwohner:innen
und der Unterstützung der „[2][Friedensstiftung Günter Manzke]“ wurde die
Tafel im vergangenen Jahr dann tatsächlich wiedergefunden. Und übergeben
wie in einem Agentenfilm auf einem Supermarktparkplatz, anonym und unter
Zusicherung von Geheimhaltung. Wer jahrzehntelang was genau damit gemacht
hat, die Öffentlichkeit sollte es nicht erfahren.
Am 17. Mai dieses Jahres konnte sie die Tafel dann immerhin wieder sehen:
bei der Verleihung des Preises, mit dem die Friedensstiftung seit 1995
Institutionen, Vereine und Privatleute auszeichnet, „die sich beispielhaft
für eine interkulturelle Verständigung, für Gemeinschaft und Toleranz
einsetzen“.
Nun ist die Tafel [3][Teil der Sonderausstellung „Surrender 45“], die bis
November läuft und die Kapitulationsgespräche mit Originalfotos, Filmen und
Inszenierungen beleuchtet: Was sagt der Diebstahl der Tafel 1955 über die
deutsche Erinnerungskultur der Nachkriegsjahre aus, als viele die
Niederlage nicht anerkennen und als Befreiung verstehen wollten und
versuchten, die Geschichte zu begraben?
Heute steht die bronzene Platte für die Wiederaneignung von Erinnerung.
Dass sie zurückgekehrt ist, weil Bürger:innen und Institutionen nicht
aufgegeben haben, nach ihr zu suchen, zeigt: Geschichte lässt sich nicht
begraben.
Die britischen Streitkräfte, die als Eigentümer der Tafel gelten, haben
entschieden, sie der Stadt Lüneburg zu überlassen. „Die Bronzeplatte wurde
einst von deutschen Tätern entfernt“, sagt Museumsdirektorin Heike
Düselder, „umso wichtiger ist es, sie heute gemeinsam mit britischen
Partnern sichtbar zu machen.“ Das Imperial War Museum belässt die Tafel in
Lüneburg, wo sie, vorbehaltlich juristischer Klärungen, Teil der
Dauerausstellung werden soll: ein Mahnmal für Frieden und Versöhnung.
6 Jul 2025
## LINKS
[1] /Buch-ueber-das-Ende-des-Dritten-Reiches/!6080268
[2] https://www.manzke.com/unternehmen/friedensstiftung
[3] https://museumlueneburg.de/kriegsende-surrender-45/
## AUTOREN
Robert Matthies
## TAGS
Schwerpunkt Tag der Befreiung
Verdrängung
Wehrmacht
Museum
Erinnerung
Lüneburg
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg
Kriegsende
8. Mai 1945
Aachen
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