# taz.de -- Dänemark übernimmt EU-Ratsvorsitz: Sicherheitspolitik steht ganz … | |
> Dänemark übernimmt den EU-Ratsvorsitz. Regierungschefin Frederiksen will | |
> sich in den kommenden sechs Monaten auch für schärfere Migrationspolitik | |
> starkmachen. | |
Bild: Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen auf dem Nato-Gipfel | |
Kopenhagen taz | Dänemark übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft | |
von Polen. Das alles dominierende Thema: Sicherheit. „Mehr als jemals“, | |
sagt die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, „muss Europa sich | |
engagieren und zusammenhalten.“ Frederiksen war nicht immer so EU-nah. Bis | |
2022 war sie eine eher zögerliche Europäerin. | |
Doch der Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hat | |
Dänemark stärker an die EU gebunden. Im Mai 2022 hob das Land mit sechs | |
Millionen Einwohner*innen per Volksabstimmung eine seiner vier | |
Opt-out-Regelungen auf, den Verteidigungsvorbehalt. Diese Klausel im | |
Vertrag von Maastricht hatte Dänemark zuvor von der Verpflichtung zur | |
Teilnahme an einer gemeinsamen Verteidigungspolitik freigestellt. | |
Heute klingt das so: „Wir müssen Europa wiederbewaffnen und unsere | |
Unterstützung für die Ukraine verstärken“, so Frederiksen. Auch zur Gruppe | |
der „sparsamen Vier“ – vier EU-Staaten, die seit 2020 gemeinsame | |
EU-Ausgaben begrenzen wollen – gehört Dänemark nicht mehr. Und | |
[1][Kopenhagen geht bei der Verteidigung voran]: Im Februar 2025 erfolgte | |
die Ankündigung, die Militärausgaben bis 2033 auf mehr als drei Prozent des | |
BIP aufzustocken. | |
Doch wenn Frederiksen von Sicherheit spricht, dann spricht sie auch von | |
Migration. Die Regierungschefin, der schon öfter die Frage gestellt wurde, | |
ob sie mit ihrer harten Asylpolitik überhaupt noch Sozialdemokratin sei, | |
wird wohl versuchen, die harte Migrationspolitik Dänemarks stärker auf | |
EU-Ebene zu etablieren. | |
## Schulterschluss mit Meloni | |
Ein zentrales Anliegen während der Ratspräsidentschaft dürfte sein, | |
Aufnahmelager für Asylsuchende und Flüchtlinge außerhalb der EU rechtlich | |
zu ermöglichen. Dafür sucht Frederiksen auch den Schulterschluss mit | |
Italiens postfaschistischer Regierungschefin Giorgia Meloni. | |
Im Mai forderten beide in einem offenen Brief, dem sich sieben europäische | |
Regierungschefs anschlossen, mehr Spielraum bei nationalen Entscheidungen, | |
um Migration zu kontrollieren. Zudem wollen sie eine flexiblere Auslegung | |
der Europäischen Menschenrechtskonvention. | |
Von zentraler Bedeutung für Aufnahmelager außerhalb der EU wird eine | |
Entscheidung des EuGH im Rechtsstreit mit Italien sein. Rom hat versucht, | |
seine „albanische Lösung“ umzusetzen, Migranten aus als sicher geltenden | |
Herkunftsländern in albanische Lager zu bringen und wieder in ihre | |
Heimatländer abzuschieben. Ein Urteil in dieser Sache wird in den nächsten | |
Monaten erwartet. | |
In Europa wächst der Zuspruch für eine Migrationspolitik à la Dänemark. | |
„Wenn doch alle Sozialdemokraten wie Mette Frederiksen wären!“, schwärmte | |
Kanzler Friedrich Merz auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar. | |
Der wachsende Einfluss in Brüssel dürfte Frederiksen bei der dänischen | |
Parlamentswahl 2026 die eine oder andere Stimme bringen. | |
## Europäischer Tango | |
Spannend wird auch, wie Frederiksen der europäische Tango mit den USA | |
gelingt. Die Rede ist von Trumps Anspruch auf Grönland – einst Kolonie, | |
heute autonome Region des dänischen Königreiches. Nach Trumps Auslassungen | |
über Grönland [2][tourte Frederiksen durch Europa, um Rückhalt zu gewinnen | |
und den USA zu zeigen, dass die Insel so leicht nicht zu kriegen ist]. | |
Doch auf Konfrontationskurs mit Washington mag Dänemark am Ende dann doch | |
nicht gehen: Im Juni stimmte das dänische Parlament dennoch einem | |
Gesetzesentwurf zu, der US-Militärbasen auf dänischem Boden zulässt – die | |
Erweiterung eines Abkommens von 2023 mit der Biden-Regierung. | |
Für den dänischen Politologen Ulrik Pram Gad lautet die Analyse der | |
dänischen Regierung: „Wir hängen weiterhin von der Unterstützung der USA | |
ab. Dementsprechend müssen wir alles tun, um den USA zu signalisieren, dass | |
sie willkommen sind, dass wir sie als Verbündete wollen.“ | |
Was jedoch, wenn Trump doch mit seiner Warnung wahr macht und vor dem | |
Einsatz von Militär auf Grönland nicht zurückschreckt? Dann könne niemand | |
etwas dagegen tun. „Es macht keinen Sinn, Grönland gegen die USA | |
territorial zu verteidigen.“ Andererseits, so Pram Gad, mache es auch für | |
Trump, rein rational betrachtet, keinen Sinn, Grönland militärisch zu | |
übernehmen. Niemand werde Grönland angreifen, außer vielleicht im Falle | |
eines Weltkrieges. | |
1 Jul 2025 | |
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[1] /Sicherheit-im-Ostseeraum/!6080824 | |
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## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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