# taz.de -- Freiraum zwischen Fernsehturm und Spree: Die entscheidende Frage bl… | |
> Endlich beginnt der Umbau des Marx-Engels-Forums. Doch was aus der | |
> Spandauer Straße wird, hat Ute Bonde (CDU) nicht entschieden. Spielt sie | |
> auf Zeit? | |
Bild: Grundsteinlegung am Marx-Engels-Forum mit Kai Wegner (Mitte) und Ute Bond… | |
Um freudiges Spatenstichvokabular waren die Beteiligten beim offiziellen | |
Beginn des Umbaus am Marx-Engels-Forum in Mitte nicht verlegen. „Berlin | |
bekommt einen lebendigen grünen Freiraum im Herzen der Stadt“, | |
[1][jubilierte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU)]. Seine | |
Parteifreundin, Verkehrssenatorin Ute Bonde, sonst eher fürs Aufräumen | |
bekannt, bemühte einen Bandwurmsatz: „Zwischen Fernsehturm und Spree | |
entsteht ein grüner, klimaangepasster Ort mit hoher Aufenthaltsqualität, | |
der Nachhaltigkeit, Kultur und die bewegte Geschichte von Berlins | |
historischer Mitte miteinander vereint.“ | |
Von einem „zukunftsweisenden Projekt“ für Berlin sprach Christoph Schmidt, | |
Geschäftsführer der landeseigenen [2][Grün Berlin GmbH], unter deren | |
Federführung der Umbau seit Montag vonstatten geht. Doch das alles | |
entscheidende Thema erwähnte der Bauherr mit keiner Silbe: Wird es zwischen | |
Fernsehturm und Spree wirklich einen Freiraum geben, der vom Fernsehturm | |
zur Spree reicht? | |
Oder bleibt die überdimensionierte Spandauer Straße weiter die breite | |
Schneise, die beide Teilräume – Rathausforum auf der östlichen, | |
Marx-Engels-Forum auf der westlichen Seite – erbarmungslos in zwei Hälften | |
zerschneidet? | |
Anfrage bei Grün Berlin, Dienstag früh um 9.58 Uhr. Keine Antwort. | |
Nachfrage, Mittwoch 13.19 Uhr. Antwort 15.00 Uhr: „Wir befinden uns noch in | |
der entsprechenden Abstimmung und werden uns schnellstmöglich bei Ihnen | |
zurückmelden.“ | |
Rückmeldung dann, nach drei Arbeitstagen, am Donnerstag um 16.49 Uhr: „Wir | |
sind hierzu mit der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz | |
und Umwelt (SenMVKU) im regelmäßigen Austausch, um den optimalen | |
Querschnitt der ‚neuen‘ Spandauer Straße zu definieren.“ | |
## Grün Berlin wohl standhaft | |
Grün Berlin hat es sich mit der Antwort also nicht leicht gemacht, und das | |
ist eine gute Nachricht. Denn wer die anschließenden Ausführungen genau | |
liest, erfährt, dass es zwischen der Verkehrssenatorin und ihrer | |
nachgeordneten Einrichtung offensichtlich einen Dissens gibt. Einen | |
Dissens, bei dem Grün Berlin bislang nicht den Kürzeren gezogen hat. | |
Denn in diesem Fall hätte am Montag bereits Klartext gesprochen werden | |
können. Die Spandauer Straße bleibt eine Schneise, hätte die unfrohe | |
Botschaft dann gelautet. Natürlich hätte es Gegenwind gegeben, aber den ist | |
Bonde gewohnt. | |
Stattdessen fühlt sich Grün Berlin, das wird aus der späten Antwort | |
deutlich, nach wie vor der inklusiven Philosophie des Büros RMP Stephan | |
Lenzen verpflichtet, beide Teilräume zu einem gemeinsamen zusammenwachsen | |
zu lassen. | |
Lenzen, der 2021 den Freiraumwettbewerb für die Berliner Mitte gewonnen | |
hatte, hatte der taz schon im September vergangenen Jahres erklärt, am | |
liebsten wäre es ihm, wenn auf der Spandauer Straße gar keine Autos mehr | |
führen. Aber auch „die Reduzierung auf eine Fahrbahn mit Straßenbahn und | |
grünen Gleisbetten würde eine Anbindung möglich machen“, gab er sich | |
kompromissbereit. „Auch mit der bewussten und starken Markierung der | |
Übergänge wäre es eine wesentliche Verbesserung zu heute.“ Am Ende sei | |
dieses Thema aber eine politische Entscheidung. | |
Grün Berlin scheint sich nun auf diese Kompromisslösung zu konzentrieren. | |
Etwas umständlich heißt es in der Mitteilung vom Donnerstag: „Die räumlich | |
verbindende Gestaltung der Spandauer Straße ist weiterhin das Ziel, d. h. | |
die Übergänge zwischen Rathausforum und Marx-Engels-Forum sollen umgesetzt | |
und die Spandauer Straße im Querschnitt reduziert werden – unter | |
Berücksichtigung von Bus-, Rad-, Fuß- und motorisiertem Individualverkehr | |
inkl. möglichen Entsiegelungen als Mittelpromenade, die auch als | |
Vorhaltefläche für eine zukünftige Straßenbahn genutzt werden kann.“ | |
Und die Verkehrssenatorin? Schweigt. Lässt über ihre Sprecherin Petra | |
Nelken schmallippig mitteilen: „Noch keine Entscheidung“. | |
## Ein Verkehrskonzept steht aus | |
Offenbar will Ute Bonde auf Zeit spielen und zunächst das Ergebnis des | |
„Integrierten Städtebaulichen Konzepts (ISEK) Berliner Mitte“ abwarten. Ob | |
sie da auf offene Ohren stößt, darf allerdings bezweifelt werden. Denn dort | |
ist bereits die „Qualifizierung des öffentlichen Raumes“ am Rathaus- und | |
Marx-Engels-Forum angemeldet worden. Ein Verkehrskonzept steht noch aus. | |
Rechtliche Konsequenzen für den Fall, dass sich Bonde durchsetzen und die | |
Spandauer Straße eine Schneise bleiben sollte, hätten weder die | |
Verkehrsverwaltung noch Grün Berlin zu befürchten. In der Auslobung für den | |
Freiraumwettbewerb wurde die Spandauer Straße lediglich im – | |
unverbindlichen – Ideenteil thematisiert. Das weiß auch Stephan Lenzen: | |
„Die Spandauer Straße ist nicht unser Planungsbereich, der endet rechts und | |
links der Straße“, so der Landschaftsarchitekt im September zur taz. | |
Die Frage ist nun, ob sich die Senatorin, die mit Rückendeckung von Kai | |
Wegner ihre autofreundliche Politik zuletzt noch einmal verschärft hat, ein | |
Reingrätschen in die Spandauer Straße politisch leisten kann. Schließlich | |
blickt die zehn Jahre dauernde Planungsgeschichte in der Berliner Mitte auf | |
umfangreiche Bürgerbeteiligung zurück. Die daraus resultierenden zehn | |
[3][„Bürgerleitlinien für die Berliner Mitte“] hatte das Abgeordnetenhaus | |
am 9. Juni 2016 beschlossen. | |
In Leitlinie 7 heißt es unmissverständlich: „Die Berliner Mitte wird | |
verkehrsberuhigt. Sie wird leiser. Auch wird sie zukünftig besser mit den | |
umliegenden Stadtvierteln vernetzt.“ Ein Weiter so durch Autosenatorin Ute | |
Bonde wäre also ein Verstoß gegen einen Beschluss des Berliner | |
Abgeordnetenhauses. Auch das womöglich ein Grund dafür, dass die | |
Verkehrsverwaltung auf Zeit spielt. | |
Eine schlechte Nachricht muss aber auch das nicht sein. Kommendes Jahr im | |
September sind Abgeordnetenhauswahlen. Derzeitigen Umfragen zufolge, wird | |
der schwarz-rote Senat anschließend verschrottet. Die Schrottskulptur kann | |
dann ein links-grünes Bündnis mit Unterstützung der geneigten Rest-SPD auf | |
dem entsiegelten Mittelstreifen der Spandauer Straße aufstellen. | |
27 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://gruen-berlin.de/pressemitteilung/baustart-am-rathaus-und-marx-engel… | |
[2] https://gruen-berlin.de/ | |
[3] https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&opi=89978449&a… | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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