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# taz.de -- Schutz vor der Hitze: Viel zu heiß!
> Es ist Sommer, die Hitze hat die Stadt im Griff. Mit Infokampagnen allein
> ist kein Schutz in Sicht. Es muss schon Geld in die Hand genommen werden.
Bild: Spritz! Abkühlung gefunden im Brunnen im Berliner Lustgarten
Die erste, aber sicher nicht die letzte Hitzewelle des Jahres rollt durch
Deutschland. Die Reaktionen zeigen: Das Thema Hitze wird zunehmend als
Gefahr für die öffentliche Gesundheit anerkannt. Doch während sich das
öffentliche Bewusstsein langsam wandelt, ist die Politik längst noch nicht
dazu bereit, ernstzunehmende Anstrengungen zu unternehmen, um unsere Städte
hitzefest zu machen.
In Berlin zum Beispiel klärt das Landesamt für Gesundheit mit ihrer
Infokampagne „[1][Bärenhitze]“ über die Folgen von extremer Hitze auf. Auf
mehrsprachigen Flyern empfiehlt die Behörde, „Trinken Sie ausreichend“,
„Kühlen Sie sich ab“ und „Lüften Sie morgens“. Passend dazu bietet die
Homepage der Kampagne eine interaktive Karte mit kühlen Orten in Berlin.
Auch sonst tut sich viel: Es gibt einen [2][bundesweiten Hitzeaktionstag]
Anfang Juni, der noch mehr Aufmerksamkeit schaffen soll, Krankenhäuser und
Pflegeeinrichtungen stellen Hitzeschutzpläne auf, in denen etwa die
Verlegung von gefährdeten Patienten in kühlere Zimmer vorgesehen ist.
Diese Entwicklung ist immerhin ein Bruch mit dem, wie extreme Hitze bislang
in Deutschland wahrgenommen wird. Glaubt man den Bebilderungen zahlreicher
Medienartikel, die zu jeder Hitzewelle erscheinen, bedeutet die extreme
Wärme vor allem Freibad, Planschen im See und Schwitzen im Büro.
Dass Hitze lebensgefährlich sein kann, ist in viele Köpfe noch nicht
vorgedrungen. So veranstalten Schulen auch noch bei über 30 Grad
Sportfeste, bei Marathonläufen im Sommer kollabieren regelmäßig
Athlet:innen. In den letzten beiden Jahren sind bundesweit laut Schätzungen
des Robert-Koch-Instituts rund 6.000 Menschen durch Hitze verstorben.
Doch die Annahme, dass extreme Hitze allenfalls ein Ärgernis und nichts
Lebensbedrohliches ist, hat sich auch in die gebaute Umwelt eingeschrieben.
Öffentliche Plätze wie der Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte werden bei
Neugestaltungen [3][immer noch komplett zugepflastert], von kühlenden
Verdunstungsflächen keine Spur. Zudem sind viele Wohnungen im Sommer
unerträglich heiß – ein echtes Gesundheitsrisiko, gerade für Ältere und
vorerkrankte Menschen.
Hier stoßen die gut gemeinten Ratschläge und Kampagnen an ihre Grenzen.
Auch mit fünf Liter Wasser am Tag werden die 38 Grad in der Wohnung nicht
erträglicher. Helfen würden bauliche Maßnahmen wie elektrische Rollos oder
begrünte Fassaden. Doch die sind teuer, und kaum ein Vermieter ist
motiviert, sie aus freien Stücken einzubauen. Auf Mietminderung, weil die
Wohnung zu heiß ist, besteht kein Anspruch. Auch die landeseigenen
Wohnungsunternehmen in Berlin machen da keinen Unterschied. Laut einer
parlamentarischen Anfrage haben sie keinerlei Ambitionen, ihre
Wohnungsbestände hitzefest zu machen. Stattdessen verteilen die Unternehmen
Flyer für die besagte „Bärenhitze“-Kampagne des Senats.
Doch meint man es ernst mit dem Hitzeschutz, führt kein Weg daran vorbei,
viel Geld in die Hand zu nehmen. Öffentliche und private Gebäude müssen fit
gemacht werden. Statt immer nur neu zu bauen und nachzuverdichten müssen
Flächen entsiegelt und begrünt, Krankenhäuser und Pflegeheime mit
Klimaanlagen ausgestattet werden. Auch Planschen, Wasserspiele und
Sprinkleranlagen kosten viel Geld.
So lässt der klimaresiliente Umbau deutscher Großstädte angesichts knapper
Kassen und falscher Prioritäten auf sich warten. Infokampagnen kaschieren
nebenbei, dass der Staat kein Geld für einen echten Hitzeschutz ausgeben
will.
6 Jul 2025
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/baerenhitze/
[2] /Bundesweiter-Hitzeaktionstag/!6012870
[3] /Renovierter-Gendarmenmarkt-in-Berlin/!6076006
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
Hitzewelle
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