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# taz.de -- Klimawandel in Berlin: Landeseigen schwitzen
> Berlins kommunale Wohnungsunternehmen haben trotz zunehmender
> Extremtemperaturen kaum Konzepte für einen effektiven Hitzeschutz in
> ihrem Bestand.
Bild: Hotspot: High-Deck-Siedlung in Neukölln
Berlin taz | Die landeseigene Gesobau hat eine ganz eigene Strategie zur
Verbesserung des Hitzeschutzes in ihren Beständen erarbeitet: „Aktuell
werden Warnaufkleber ‚Bärenhitze‘ verteilt und Infoveranstaltungen
geplant“, teilt das Unternehmen mit, das in Berlin rund 48.500 der
insgesamt 360.000 Wohnungen in Landesbesitz bewirtschaftet.
Davon abgesehen, so die Gesobau weiter, richten sich alle
Hitzeschutzmaßnahmen für Mieter:innen „grundsätzlich nach gesetzlichen
Anforderungen und geltenden Verordnungen“. Welche Maßnahmen konkret
umgesetzt werden, [1][verrät das Unternehmen nicht.]
Genau das wollte die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger über eine
Anfrage an den Senat eigentlich in Erfahrung bringen. Obwohl die Gesobau in
puncto Unambitioniertheit heraussticht: Auch die Antworten, die die
Verwaltung von Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) bei den
anderen sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen zum Hitzeschutz in deren
Beständen einholte, sind zum Teil mehr als dürftig.
Die Gewobag etwa verweist mit Blick auf ihre 74.000 Wohnungen unverbindlich
auf „notwendige energetische Sanierungen“ im Bestand. Die [2][Stadt und
Land Wohnbauten-Gesellschaft] mit ihren 50.000 eigenen Wohnungen teilt
sogar ganz offen mit, dass sie gar „keine explizite Strategie zur
Verbesserung des Hitzeschutzes“ verfolge.
## Keine Daten, keine Ahnung
Dabei nehmen im Zuge des Klimawandels die Hitzewellen zu. Für Mittwoch
werden in Berlin bis zu 38 Grad erwartet. [3][Wie jüngst eine auf die
Hauptstadt bezogene Datenanalyse der taz bestätigt hat], leben nicht
zuletzt Menschen mit geringem Einkommen beziehungsweise Grundsicherung in
hitzebelasteten Vierteln mit besonders heißen Tagen und Nächten, in denen
es kaum abkühlt – auch in den Wohnungen nicht.
Auffällig ist, dass die landeseigenen Wohnungsunternehmen und damit auch
der Senat in dieser Hinsicht nicht mal einen Überblick haben über die
Dimension des Problems. Lediglich die Degewo gibt an, dass gut 5.400
Wohnungen und damit rund 7 Prozent ihres Gesamtbestands als hitzebelastet
gelten.
Alle anderen Unternehmen „erheben dazu in der Regel keine wohnungsgenauen
Daten“, so die Stadtentwicklungsverwaltung. Gleiches gilt für Beschwerden
von Mieter:innen zum Thema Hitzeüberlastung. Auch hier: keine Erfassung.
Ein Unding, findet Katrin Schmidberger. Angesichts des Umstands, dass
insbesondere einkommensschwache Haushalte in ihren Wohnungen der Hitze
hilflos ausgeliefert seien, gehe es nicht an, „hier nach dem Motto zu
agieren: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“, sagt die Sprecherin
für Mieten und Wohnen der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus zur taz.
Andererseits sei es dann natürlich auch nicht verwunderlich, dass es „keine
systematischen Strategien“ gebe, wie der Hitzebelastung entgegengewirkt
werden kann.
## Kaum Rechtsschutz für Mieter:innen
Hinzu kommt: Betroffene Mieter:innen können an der Stelle wenig machen.
„Wir haben keine Rechtsprechung zur Hitzebelastung als Mangelgrund, um
Mietminderungen geltend zu machen“, sagt Frank Maciejewski vom Berliner
Mieterverein zur taz.
Der Rechtsexperte bestätigt, dass seinen Verband immer wieder entsprechende
Anfragen von Mieter:innen erreichen. Nur gebe es eben bislang keinerlei
Anspruch auf Maßnahmen zum Hitzeschutz, sagt Maciejewski.
Umso wichtiger wäre es, dass das Land Berlin wenigstens seine eigenen
Wohnungsunternehmen zum Handeln antreibt. Wovon wenig zu spüren ist.
Stattdessen verweist der Senat darauf, „im Juni 2024 den [4][Startschuss
für die Bearbeitung eines landesweiten Hitzeaktionsplans] gegeben“ zu haben
– auf deren Fertigstellung Berlin allerdings [5][nach wie vor wartet]. Ziel
sei es, den Plan „noch im Jahr 2025 zu verabschieden“, heißt es.
Ansonsten hält sich die schwarz-rote Landesregierung zugute, „bereits
verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung des Hitzeschutzes initiiert zu
haben“, die sie „zukünftig vertiefen“ möchte. Ins Detail geht sie nicht.
Interessierte könnten sich ja auf der – auch von der Gesobau ihren
Mieter:innen anempfohlenen – [6][Homepage zur Kampagne „Bärenhitze“]
informieren. Die wartet unter anderem mit Ernährungstipps auf. „Vielen
Dank“, sagt Katrin Schmidberger, „das bringt Mieter:innen in
hitzebelasteten Wohnungen ja richtig was“.
## Fördergelder bleiben liegen
Schmidberger fordert deutlich mehr vom Senat: mehr Tempo, mehr
Verbindlichkeit, auch mehr Geld. Zwar gebe es beispielsweise [7][das
Landesprogramm „Gründach Plus“] mit einem jährlichen Fördervolumen von
900.000 Euro.
Allerdings werden die Gelder für Dach- und Fassadenbegrünungen an
Bestandsgebäuden kaum in Anspruch genommen. Seit 2023 wurden hier gerade
mal 370.000 Euro abgerufen. So kommt das Land Berlin nicht auf einen grünen
Zweig, sagt Schmidberger: „Das Programm muss endlich stärker genutzt und
ausgebaut werden.“
Eine weitere Möglichkeit sieht die Mietenexpertin in der Installation
außenliegender Jalousien oder Lamellensysteme an besonders belasteten
Hausseiten. „Die sind eine der effektivsten passiven Maßnahmen zum
sommerlichen Wärmeschutz.“ Studien belegen das. Im Neubau wird das auch
längst praktiziert, etwa von der Degewo oder der Howoge. Im Bestand sieht
es dagegen mau aus. Schmidberger sagt: „Auch hier wäre ein Förderprogramm
ein erster Schritt.“
30 Jun 2025
## LINKS
[1] /Umstrittenes-Bauprojekt-in-Berlin-Pankow/!6094017
[2] /Kommunale-Wohnungsbauunternehmen/!6063675
[3] /Klimagerechtigkeit-in-Berlin/!6093956
[4] /Klimawandel-in-Berlin/!5999106
[5] /Hitzeschutz-und-Obdachlosigkeit/!6091784
[6] https://www.berlin.de/baerenhitze/
[7] /Klimawandel-und-Stadt/!5624298
## AUTOREN
Rainer Rutz
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aus.
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