| # taz.de -- Polizisten wegen Korruption vor Gericht: Polizei sorgt für Umverte… | |
| > In Hannover hat ein Prozess gegen zwei Polizisten begonnen, die | |
| > albanische Koksdealer ausgenommen haben sollen. Einer will es bloß gut | |
| > gemeint haben. | |
| Bild: Steintorviertel in Hannover: Bei Kontrollen wirtschafteten hier zwei Poli… | |
| Hannover taz | Es sind harte Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft den | |
| beiden Beamten macht: Korruption, Diebstahl, Strafvereitelung im Amt – und | |
| das alles auch noch in Uniform und mit der Dienstwaffe im Halfter. Zwischen | |
| April 2024 und Januar 2025 sollen die beiden Beamten des | |
| Polizeikommissariats Hannover-Mitte immer mal wieder bei Personenkontrollen | |
| gefundenes Geld in die eigene Tasche beziehungsweise das Handschuhfach | |
| ihres VW-Bullis gesteckt haben, ohne Sicherstellungsprotokolle anzufertigen | |
| oder den entsprechenden Verwaltungsvorgang einzuleiten. | |
| Hauptangeklagter ist ein 34-Jähriger, der wegen Fluchtgefahr in | |
| Untersuchungshaft sitzt. Er soll die vorgeschobenen Kontrollen durchgeführt | |
| haben, während sein 50-jähriger Kollege ihn absicherte. Dabei fuhren sie | |
| mehrfach zu einer Shisha-Bar, die knapp außerhalb ihres | |
| Zuständigkeitsbereiches lag – und von der bekannt war, dass sie von | |
| albanischen Zuwanderern frequentiert wird. Der [1][Kokainhandel rund um den | |
| Hauptbahnhof] und im Rotlichtviertel am Steintor soll fest in albanischer | |
| Hand sein. | |
| Die Beute sollen sich die beiden Beamten ganz brüderlich geteilt haben. | |
| Mehr als 6.000 Euro soll jeder von ihnen damit eingenommen haben. Dem | |
| 50-Jährigen wird außerdem vorgeworfen, im Jahr 2022 seine Versicherung | |
| betrogen, diverse Anzeigen wegen Ladendiebstahls nicht ordnungsgemäß | |
| bearbeitet und in einem Fall interne Informationen über die Einleitung | |
| eines Ermittlungsverfahrens weitergegeben zu haben. | |
| ## Robin Hood oder böser Bulle? | |
| Rechtsanwalt Matthias Steppuhn, der den 34-jährigen Hauptbeschuldigten | |
| vertritt, erklärte gleich zu Beginn, sein Mandat habe sich heute eigentlich | |
| einlassen wollen – und ein Teilgeständnis ablegen. | |
| Allerdings habe es die JVA trotz einer entsprechenden Anordnung des | |
| Gerichtes vor drei Wochen nicht geschafft, seinem Mandanten einen Laptop | |
| zur Verfügung zu stellen, sodass dieser die mehr als 1.000 Seiten starke | |
| E-Akte hätte einsehen können. Schuld daran sollen Lieferschwierigkeiten bei | |
| der niedersächsischen Justiz-IT sein. Damit sei er bedauerlicherweise nicht | |
| in der Lage gewesen, sich angemessen auf die Verhandlung vorzubereiten – | |
| deshalb gibt heute nur sein Anwalt eine Vorbemerkung ab. | |
| Er kündigte an, die Aussage seines Mandanten werde ein völlig anderes Bild | |
| zeichnen, als die Ausführungen der Staatsanwaltschaft. Keineswegs sei es | |
| dem nämlich um ausschließlich egoistische, selbstsüchtige Motive gegangen, | |
| die Vermögensvorteile waren quasi nur ein Nebeneffekt. Vielmehr sei es ihm | |
| um eine Umverteilung zwischen den Drogenhändlern und den oft als | |
| hilfsbedürftig wirkenden Konsumenten gegangen. Und darum, eine Art | |
| moralische Gerechtigkeit herzustellen. Ausgiebig wolle er sich auch zu dem | |
| oft frustrierenden, zermürbenden, perspektivlosen Polizeialltag äußern. | |
| ## Kollege beklagt persönliche Situation | |
| Der 50-jährige Kollege ließ seinen Anwalt Björn Nordmann eine noch viel | |
| umfangreichere Erklärung verlesen. Darin leugnet er jede Beteiligung an den | |
| zentralen Taten. Er beklagt vor allem eine Vorverurteilung und seine | |
| schwierige private Situation: Er sei mit um 50 Prozent reduzierten Bezügen | |
| suspendiert worden, wisse jetzt nicht, wie er seinen Hauskredit und den | |
| Hort für sein autistisches Kind bezahlen solle. | |
| Gleichzeitig pochte er immer wieder auf seine 30 Jahre Diensterfahrung und | |
| betonte, wie gern er mit dem großen, kräftigen und ebenfalls erfahrenen | |
| Kollegen Dienst gemacht habe. Das sei viel entspannter als mit einer | |
| jungen, zierlichen Kollegin. | |
| Von irgendwelchen Unregelmäßigkeiten will er dabei nie etwas mitbekommen | |
| haben. Die Belege dafür habe die Staatsanwaltschaft an den Haaren | |
| herbeigezogen, in dem sie uralte private Chats ausgewertet habe, die ihn | |
| vor allem in ein schlechtes Licht rücken sollten – da seien Nachrichten aus | |
| dem Zusammenhang gerissen worden, nur um ihn [2][in die rechte Ecke zu | |
| schieben.] In Wirklichkeit sei er [3][gar nicht fremdenfeindlich]. | |
| ## Zwei Zeugen aus der U-Haft vorgeführt | |
| Drei Zeugen sollten dann aussagen, wobei der erste aus Sicht der | |
| Staatsanwaltschaft wohl eher ein Reinfall war. Er verstand nicht recht, was | |
| man von ihm wollte, erinnerte sich nicht einmal, wie oft er in | |
| Polizeikontrollen geraten und von welcher genau hier die Rede ist. Er | |
| beklagte vor allem, dass er von den elf Monaten, die er nun schon wieder in | |
| Deutschland ist, schon seit neun Monaten in U-Haft sitzt. Diese Umstände | |
| und sein ausgiebiger Alkohol- und eigener Drogenkonsum sorgten nach eigener | |
| Aussage leider dafür, dass er sich nur sehr schlecht erinnern könne. | |
| Der zweite Zeuge wurde ebenfalls aus der U-Haft vorgeführt. Er ist schon | |
| eher in der Lage, eine halbwegs kohärente Schilderung abzuliefern. 1.400 | |
| Euro habe der Polizeibeamte ihm aus der Tasche gezogen und mit einer | |
| routinierten Bewegung in seinem Einweghandschuh verschwinden lassen. Das | |
| führte er mit der Hand des Dolmetschers sogar vor. Er habe noch versucht zu | |
| diskutieren, sein Geld zurückgefordert, mit Anzeige gedroht, sogar ein Foto | |
| vom Kennzeichen des Polizeitransporters gemacht. | |
| Erst als die Beamten ihn in den Transporter zwangen und mit ihm wegfuhren, | |
| habe er Angst gekriegt und gesagt: „Ok, gib mir Geld für Taxi und | |
| Zigaretten und tschüss, ich gehe.“ Am nächsten Tag habe er bei zwei | |
| verschiedenen Polizeirevieren versucht, Anzeige zu erstatten, aber niemand | |
| habe ihn ernst genommen. | |
| Der dritte Zeuge – ebenfalls wegen Drogenhandels vorbestraft – kam ohne | |
| uniformierte Begleitung. Er hat seine Strafe schon abgesessen. Er | |
| berichtete, er sei zur Durchsuchung auf die Toilette geführt worden, wo der | |
| große, kräftige Polizeibeamte ihm sein Geld abgenommen habe. Dass der so | |
| etwas mache, sei in der Szene auch allgemein bekannt gewesen. Wenn er mit | |
| dieser einen blonden Polizeibeamtin unterwegs gewesen sei, habe er dagegen | |
| nicht abkassiert. Eine direkte Mittäterschaft des zweiten, älteren | |
| Polizisten kann allerdings keiner der drei bezeugen. | |
| Ursprünglich, erklärte Polizeipräsidentin Gwendolin von der Osten gegenüber | |
| der dpa, seien Ermittlungsverfahren gegen weitere Beamte eingeleitet | |
| worden, die inzwischen aber wieder eingestellt wurden. Nur der | |
| Lebensgefährtin des 34-Jährigen, die Polizei-Oberkommissarin ist, wurde | |
| ebenfalls die Führung der Dienstgeschäfte verboten. | |
| Der Prozess wird am 17. Juli fortgesetzt. Einen Zusammenhang zwischen | |
| diesem Prozess und [4][dem gegen einen hannoverschen Staatsanwalt, der | |
| Interna an ein Kokainkartell] durchgestochen haben soll, gibt es nicht. | |
| 30 Jun 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Nadine Conti | |
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