Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Polizeigewalt in Hannover: Ermittlungen gegen Prügel-Beamte
> Fünf Beamte sollen einen Libanesen misshandelt haben. Die Polizisten
> widersprechen. Ihrer Wache wurde schon öfter rassistische Gewalt
> vorgeworfen.
Bild: 156 Anzeigen gegen die BeamtInnen der Polizeiinspektion Hannover-Mitte.
HANNOVER taz | Von der Begegnung mit Polizisten der Inspektion
Hannover-Mitte hat ein 20-jähriger Student mit libanesischem
Familienhintergrund zahlreiche Verletzungen davon getragen. Wunden an
Augen, Nase, Rücken und im Lendenbereich mussten im Krankenhaus behandelt
werden. Der Mann behauptet, grundlos von den Beamten verprügelt worden zu
sein. Die weisen den Vorwurf zurück und haben ihrerseits Anzeige gegen den
Studenten gestellt.
Die Auseinandersetzung ereignete sich bereits im Herbst 2010. In ihrer
Freizeit sollen die fünf Polizisten den Studenten in Hannovers Innenstadt
zunächst rassistisch beleidigt und dann überwältigt haben. "So einen
Kanaken wie dich will ich gar nicht kennen", soll einer der Beamten nach
Angaben von Rechtsanwalt Heinrich-Wilhelm Langrehr, der das mutmaßliche
Opfer vertritt, gesagt haben.
Aus Angst habe sein Mandant einen Schlagstock gezogen, ihn jedoch gleich
wieder weggesteckt. Daraufhin sei er von den Männern, die sich erst dann
als Polizeibeamte ausgegeben hätten, gewaltsam zu Boden gebracht worden.
Weitere Verletzungen seien dem Studenten dann auf der Wache in der
Herschelstraße beigebracht worden, wo drei weitere Beamte an den
Misshandlungen beteiligt gewesen sein sollen.
Die Version der beschuldigten Polizisten klingt anders. Demnach soll der
Student die Beamten angepöbelt und bespuckt haben, woraufhin sie ihn
verhaftet hätten, berichtet die Hannoversche Allgemeine Zeitung. Wegen
unerlaubten Waffenbesitzes haben die Beamten ein Verfahren gegen den Mann
eingeleitete.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen vier der beschuldigten Beamten wegen
gefährlicher Körperverletzung im Amt. Ihr seien "zureichende tatsächliche
Anhaltspunkte" zugetragen worden, die die Ermittlungen rechtfertigten, sagt
Oberstaatsanwältin Irene Silinger. "Was dabei rauskommt, kann man überhaupt
noch nicht prognostizieren." Wie der Student sich die Verletzungen nach
Ansicht der Polizisten zugezogen haben soll, dazu schweigen sowohl Polizei
als auch Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen.
## Nicht der erste Fall
Es ist nicht das erste Mal, dass die Polizeiwache in Hannovers Innenstadt
negative Schlagzeilen macht. Zuletzt sahen sich Beamte im Dezember 2008 dem
Vorwurf der "rassistischen Polizeigewalt" ausgesetzt. Sie sollen einen
Togolesen schikaniert, demütigend behandelt und ohne Kleidung wieder auf
die Straße gesetzt haben. Der damalige Vorwurf des Drogenhandels sei
"offensichtlich substanzlos und rassistisch motiviert" gewesen, kritisierte
damals der niedersächsische Flüchtlingsrat.
In 156 Fällen ermittelte die Staatsanwaltschaft in den vergangenen drei
Jahren gegen BeamtInnen der Polizeiinspektion Mitte. Meist ging es um
Körperverletzung im Amt. Die Inspektion begründet die hohe Zahl der
Anzeigen damit, dass sie es in ihrem Zuständigkeitsbereich häufig mit
Betrunkenen zu tun habe, die Widerstand gegen die BeamtInnen leisteten. Auf
Anzeigen wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte folgten dann häufig
"Gegenanzeigen", so eine Polizeisprecherin.
In keinem der 156 Fälle kam es zu einer Verurteilung. "Die Beweislage ist
immer schlecht, wenn eine Gruppe von Polizisten gegen eine Einzelperson
tätig ist", sagt Anwalt Langrehr. Er hofft, im aktuellen Fall die
Geschehnisse aufklären zu können. Zwei Zeugen würden die Aussagen seines
Mandanten stützen. "In der Zelle war er alleine", bedauert der Anwalt,
"aber selbst hat er sich die Verletzungen wohl nicht zugeführt."
Auf der Internetplattform Indymedia bekennen sich inzwischen offensichtlich
Linke zu einem Racheakt an der Polizei. "Rassistisch motivierte
Polizeigewalt" sei "Teil der beschissenen Normalität", heißt es dort. Eine
Polizeiwache in Hannover-Herrenhausen hätten sie mit Farbe beworfen, "um
diese Normalität kenntlich zu machen". Die Polizei ermittelt wegen
Sachbeschädigung.
18 Apr 2011
## AUTOREN
Benjamin Laufer
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.