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# taz.de -- Theaterwerkstätten von Auflösung bedroht: Die Volksbühne spielt …
> Noch hat das Haus eigene Theaterwerkstätten. Doch die sollen aus
> Spargründen aufgelöst werden. Aber nun gibt es einen durchgerechneten
> Gegenvorschlag.
Bild: Ein Blick in die Tischlerei: die Auflösung der Theaterwerkstätten der V…
Der Betrieb geht normal weiter, als ob nichts geschehen wäre. Dabei ist –
um es einmal theatralisch zu formulieren – die Theaterwelt im Wanken.
Zumindest in Teilen. Wie bekannt, kommt es wegen klammer Kassen zu
drastischen Kürzungen im Kulturbereich (und auch in vielen anderen
Bereichen wie der Jugend- und [1][Bildungsarbeit)]. Für die
Hauptstadtkultur sind das 130 Millionen Euro allein für dieses Jahr. Die
Volksbühne ist dem Vernehmen nach vom Berliner Senat dazu aufgefordert, 2
Millionen Euro einzusparen.
Die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt sucht
nach Einsparmöglichkeiten – statt nach Ideen für [2][mögliche
Mehreinnahmen], die dem Finanzressort auf die Sprünge helfen könnte. So
steht neben anderen Sparmaßnahmen die Auflösung der Theaterwerkstätten der
Volksbühne und deren Angliederung an den [3][Bühnenservice Berlin] im Raum.
Der ist nach eigenen Angaben der größte Theaterdienstleister in Deutschland
mit Sitz am Ostbahnhof und baut die Bühnenbilder für die drei Opernhäuser,
das Theater an der Parkaue und auch das Deutsche Theater.
Nach dem Vorbild der 2004 gegründeten Stiftung Oper – auch damals war die
Haushaltslage angespannt – hat der Senat die Idee, das Gorki-Theater,
Deutsche Theater, Theater an der Parkaue und Konzerthaus sowie die
Volksbühne in eine Stiftung öffentlichen Rechts zu überführen. Ziel wie
einst mit der Stiftung Oper: Die Häuser werden wirtschaftlich und
künstlerisch weiterhin selbständig geführt, aber Synergien (Stichwort
Verwaltung) gesucht und die Werkstätten zentralisiert, denn das spart
Finanzen und Personal und braucht weniger Zuschüsse vom Land.
Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz ist übrigens das einzige
Senats-geleitete Theater in Berlin, das noch Werkstätten mit eigenem
Personal, eigenen Räumlichkeiten und einer eigenen Infrastruktur hat.
Einzig das Maxim Gorki Theater hat – neben dem Privattheater Schaubühne –
noch eigene Werkstätten und Angestellte in den Räumen des Bühnenservice.
## Werbetrommel in eigener Sache
In den Werkstätten der Volksbühne, ein Bau von 1939 und von Anfang an für
die Volksbühne konzipiert, sind 47 Mitarbeiter:innen verschiedener
Gewerke vom Entwurf einer Bühnenkulisse bis hin zur Fertigung beschäftigt.
Dazu kommen 14 Kolleg:innen in den Kostümwerkstätten, die im Theater am
Rosa-Luxemburg-Platz untergebracht und ebenfalls von Abwicklung bedroht
sind.
Doch noch ist nichts beschlossen. Also rührt die Volksbühne in bekannter
Manier die Werbetrommel in eigener Sache. Am Mittwoch wurde die
Hauptstadtpresse in die Werkstätten der Volksbühne an der Thulestraße in
Berlin-Pankow eingeladen und durch die Hallen geführt [4][(taz
berichtete)]. Überall wurde emsig gearbeitet. Deren Abwicklung wäre „eine
Katastrophe“, sagt Celina Nicolay, die künstlerische Betriebsdirektorin.
„Die eigenen Werkstätten mit allen Mitarbeiter:innen gehören
unverzichtbar zur DNA der Volksbühne.“
Das Damoklesschwert der Auflösung der Werkstätten ist indes nichts Neues
für das Haus. Darauf macht zum Beispiel Frank Mittmann in einem soeben
erschienen Volksbühnen-Heft zu den Werkstätten aufmerksam, das auf dem
Cover den Schriftzug „No Service“ trägt. Den kämpferischen Slogan zieren
orange leuchtende Plakate vor der Werkstatt und auch drinnen.
„Wir sind das einzige Senats-geleitete Theater“, schreibt Frank Mittmann,
„das noch eigene Werkstätten hat und das, muss ich sagen, haben wir
eigentlich unserem Intendanten Frank Castorf zu verdanken, der sich da
immer für uns eingesetzt hat. Das stand mehrfach auf der Kippe, wir haben
die schlimmsten Geschichten hinter uns, mit Privatisierungsvorhaben und
Outsourcing und so weiter.“
## „Das ist eine ganz andere Verbindung“
Das viel beschworene „besondere“ von hauseigenen Werkstätten kann Mittmann
so gut erklären, weil er – hier passt das Wort wirklich – ein Urgestein
ist. Frank Mittmann machte 1974 eine Tischlerlehre an der Volksbühne, von
1987 bis 2021 leitete er die Werkstätten in der Thulestraße. „Die
Motivation der eigenen Mitarbeiter ist natürlich auch sehr wichtig“, sagt
Mittmann. „Es ist bei uns einfach so, dass die Kollegen der Werkstatt in
die Premieren gehen oder sogar selber mitmachen, zum Beispiel im
Mitarbeiterchor. Das ist eine ganz andere Verbindung, die man zu so einem
Haus hat. Man weiß, wofür man arbeitet. Und ich denke auch, dass das eine
Rückkopplung auf die Qualität der Arbeit hat, wenn Identifikation
stattfindet.“
Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson (CDU) hat übrigens die gleiche Führung
durch die Werkstätten bekommen wie die Presse, allerdings schon im März; da
war sie noch Kulturstaatssekretärin. Als Senatorin gibt sie nun auf
taz-Anfrage zu Protokoll, dass sie sich „von der hoch kreativen und
leidenschaftlichen Arbeit der Mitarbeitenden überzeugen“ durfte. Diese
hätten erklärt, dass „ihre Werkstätten Teil ihrer künstlerischen Identit�…
sind“. Doch auch die Volksbühne als landeseigener Betrieb müsste im Rahmen
der Haushaltskonsolidierung sparen. „Die Form der Umsetzung liegt im
Verantwortungsbereich der Volksbühne selbst“, spielt Wedl-Wilson den Ball
zurück.
Die Volksbühne hat den Ball aufgenommen. Wie Betriebsdirektorin Celina
Nicolay der am Mittwoch versammelten Presse erklärte, liegt bereits ein
Vorschlag samt Zahlen auf dem Tisch. Man hat genau nachgerechnet. Wenn die
Volksbühne künftig auch den Bühnenservice Berlin beauftragen müsste, käme
das „viel teurer“. Beim Bühnenservice gibt es wegen weniger Aufträgen aus
den anderen Häusern, die ja auch sparen müssen und weniger Stücke
inszenieren, freie Kapazitäten. Der Bühnenservice, so Nicolay, berechnet
für seine Dienste 60 Euro pro Stunde. Die Volksbühne selbst bekommt das mit
knapp 47 Euro hin – mit allen Vorteilen, die diese hauseigene Arbeitsweise
mit sich bringt.
Außerdem muss die Volksbühne aus ihren Proberäumen in Rummelsburg raus;
dort probt übrigens auch das Gorki-Theater. Im Jahr 2029 läuft der
Mietvertrag aus. Der Vorschlag ist daher, so Nicolay, auf dem landeseigenem
Grundstück, auf dem sich die Werkstätten befinden und auf dem es genug
Platz dafür gibt, eine Probebühne für beide Theater zu bauen. Das würde den
Theaterstandort Ostberlin nicht degradieren, sondern aufwerten.
Damit würde sich ein Kreis schließen, geschichtlich gesehen: Beim Bau der
Werkstätten wurde damals ein zweiter Gebäudekomplex geplant, im Krieg aus
Kapazitätsgründen aber nicht realisiert.
Und so ein Probenbühnen-Neubau wäre ganz im Sinne des ehemaligen
Intendanten Castorf und auch des designierten Intendanten Matthias
Lilienthal. Auch das ist durchgerechnet, wie Betriebsdirektorin Celina
Nicolay betonte, und eine Machbarkeitsstudie auf dem Weg. Spart die
Volksbühne (und dann ja auch das Gorki) die „horrende Miete“ der
Probenräume, ließe sich mit dem Geld und dem ein oder anderen Zuschuss der
Neubau realisieren und am Ende viel an Miete sparen. Der Ball liegt also
wieder im Feld der Kultursenatorin.
14 Jun 2025
## LINKS
[1] /Kuerzungen-an-den-Unis-/!6092313
[2] /Berliner-Sparliste/!6048322
[3] https://www.buehnenserviceberlin.de/
[4] /Werkstaetten-der-Volksbuehne-vor-dem-Aus/!6090223
## AUTOREN
Andreas Hergeth
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