# taz.de -- NS-Vergangenheit eines Verlegers: Hatte die Ehre | |
> Der Verleger Wilhelm Reissmüller war ein Nazi – und bis vor wenigen Tagen | |
> Ehrenbürger von Ingolstadt. Über den schwerfälligen Umgang mit der | |
> NS-Zeit. | |
Bild: Wilhelm Reissmüller als Oberleutnant (hinten links) im Nordkaukasus, um … | |
Ingolstadt taz | Am Ende hatte Wilhelm Reissmüller noch genau einen | |
Fürsprecher. Als es am Dienstag der vergangenen Woche in der Sitzung des | |
Stadtrats unter Tagesordnungspunkt 7 um die Aberkennung von Reissmüllers | |
Ehrenbürgerwürde wegen seiner zeitlebens vertuschten Nazi-Vergangenheit | |
ging, sprang nur noch Altbürgermeister Sepp Mißlbeck dem 1993 verstorbenen | |
Verleger des Donaukuriers zur Seite. Man dürfe Reissmüller nicht posthum an | |
den Pranger stellen, fand Mißlbeck. Der Mann werde von einer jungen | |
Generation, die ihn gar nicht gekannt habe, posthum verurteilt. Dabei habe | |
er sich doch nach dem Krieg so große Verdienste erworben. Man denke nur an | |
die Spendenaktion „Vorweihnacht der guten Herzen“. Oder an sein Engagement | |
für Essen auf Rädern und die Lebenshilfe. Der Stadtrat von der Unabhängigen | |
Wählergemeinschaft (UWG) plädierte dafür, die Entscheidung zu vertagen, bis | |
in ein paar Jahren ein beim Institut für Zeitgeschichte in Auftrag | |
gegebenes Gutachten vorliege. | |
Der Rest des Plenums wollte sich dieser Argumentation nicht anschließen. | |
„Ist es möglich, Taten mit anderen Taten aufzuwiegen?“ fragte der | |
Sozialdemokrat Manfred Schuhmann, der als einziger schon dabei war, als der | |
Stadtrat 1976 die Ehrenbürgerwürde beschloss. Schuhmann war damals einer | |
derer, die dagegen stimmten. Auch CSU-Frau Stephanie Kürten kritisierte, | |
dann könne man ja gleich Hitlers Verbrechen mit dem Bau der Autobahnen | |
relativieren. Und Schuhmanns Parteifreund Hans-Joachim Werner sagte: „Wir | |
können doch nicht einem aktiven Nationalsozialisten, der nicht nur ein | |
Mitläufer war, die Ehrenwürde belassen.“ | |
Mit einer Gegenstimme stimmte man am späten Nachmittag schließlich dem | |
Antrag der Fraktionen von Grünen, Linken, SPD, UWG und ÖDP zu, entzog | |
Reissmüller seine Ehrenbürgerwürde und ging zu Tagesordnungspunkt 8 über: | |
„Bebauungs- und Grünordnungsplan Nr. 617 ‚Unterhaunstadt – Südlich | |
Hochweg‘“. Dass der Stadtrat zu einer Einigung kam, die dann auch noch so | |
eindeutig ausfiel, war für viele durchaus eine Überraschung. Vor allem | |
deshalb, weil die Fraktionen von CSU, Freien Wählern, FDP und AfD, die | |
gemeinsam eine Mehrheit der Sitze haben, im Vorfeld zunächst dagegen waren | |
und besagtes Gutachten abwarten wollten. | |
Nicht, dass die Faktenlage nicht eindeutig gewesen wäre: Allerspätestens | |
seit der aus Ingolstadt stammende Journalist Thomas Schuler die | |
Promotionsakte und die Studienkarte Reissmüllers im Archiv der Münchner | |
Ludwig-Maximilians-Universität gefunden und im vergangenen Herbst [1][in | |
der Aufsatzsammlung „Täter, Helfer, Trittbrettfahrer (Band 17)“] | |
veröffentlicht hatte, gab es keine Zweifel daran, dass Reissmüller nicht | |
nur über seine NS-Mitgliedschaft gelogen hatte, sondern dass der Mann auch | |
ein höchst engagierter Nazi war, der nach dem Krieg wohl nie zu einer | |
Lizenz für den Donaukurier gelangt wäre, wenn die amerikanischen Besatzer | |
damals seine Vergangenheit näher unter die Lupe genommen und nicht einem | |
äußerst zweifelhaften Persilschein geglaubt hätten. | |
## Erleichterung – auch für die Opfer | |
Schuler hatte belegt, dass Reissmüller nicht nur – bereits seit 1933 – dem | |
NS-Studentenbund angehörte, sondern auch der SA und der SS. Er war | |
Mitgründer und Chefredakteur der nationalsozialistischen Münchner | |
Studentenzeitung und engagierte sich im Nationalsozialistischen Deutschen | |
Studentenbund. Ab 1936 leitete er für seinen Schwiegervater Ludwig Liebl, | |
der Hitler einen persönlichen Freund nannte, dessen Verlag, der den | |
Donauboten, eine lokale NS-Hetzschrift, herausbrachte. [2][Die taz | |
berichtete.] | |
Dass sich der Stadtrat nun doch eindeutig positionierte, könnte damit | |
zusammenhängen, dass die Debatte über die Causa Reissmüller erstmals nicht | |
hinter verschlossenen Türen stattfand. Schuler hatte durch die Regierung | |
von Oberbayern prüfen lassen, ob die fortwährende nicht-öffentliche | |
Beratung des Themenkomplexes rechtens sei. Und so bewirkte er, dass sich | |
das Stadtratsplenum mit der Sache zu befassen hatte. In aller | |
Öffentlichkeit. Die Sitzung wurde sogar im Internet gestreamt. „Dieser | |
öffentliche Druck war natürlich total wichtig und zielführend“, meint nun | |
auch Stadträtin Agnes Krumwiede von den Grünen. „Jetzt konnte sich | |
eigentlich niemand mehr die Blöße geben und die Fakten ignorieren.“ | |
Irgendwie seien denn auch am Ende alle Stadträte einfach erleichtert | |
gewesen. | |
Sicher auch viele der Opfer Reissmüllers. „Die Aberkennung ist auch eine | |
Anerkennung für die vielen Menschen, die es schon immer gewusst oder geahnt | |
haben, dass er gelogen hat“, hatte Krumwiede in der Stadtratssitzung | |
gesagt. „Leuten, denen das Leben hinterher so schwer gemacht wurde, dass | |
man sie wirklich als Geschädigte bezeichnen kann.“ | |
Leute wie Gerhard Reichert. Er war [3][einer von denen, die der Verleger in | |
den Siebzigern und Achtzigern vor Gericht gezerrt hat], weil sie auf seine | |
NS-Mitgliedschaft hingewiesen hatten. Die Schülerunion der CSU diffamierte | |
Reichert damals in ihrer Zeitschrift als „Lügenbaron von Ingolstadt“. Auch | |
Gerd Bauz, der eine Broschüre verantwortete, in der dargelegt wurde, wie | |
Reissmüller die Vergangenheit seiner Zeitung schönte, landete vor Gericht. | |
Und als Reichert in einer Schülerzeitung über Reissmüllers Vergangenheit | |
schrieb, erwirkte dieser sogar eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen dessen | |
Lehrer. | |
## Ein unsichtbarer Maler | |
Aber dann waren da auch die anderen, die, die Reissmüller nicht bekämpft | |
hat – sondern totgeschwiegen. Was bei einem Zeitungsmonopolisten mitunter | |
genauso schlimm sein kann. Und damit wäre man schon mitten drin im | |
Esszimmer von Barbara und Michael Schölß, wo das Ehepaar sechs Tage nach | |
der Stadtratsentscheidung Kaffee reicht. Es ist erstaunlich, was in das | |
kleine Zimmer neben dem Esstisch noch alles passt: ein Klavier, ein | |
Schreibtisch, sich stapelnde Bücher und jede Menge Bilder. | |
Er habe sich über die Entscheidung gefreut, sagt Michael Schölß. „Ich habe | |
mir gedacht, wenn das der Vater noch erlebt hätte.“ Der Vater, das war | |
Alois Schölß, Jahrgang 1905, ein vielseitiger Maler. Er war ein guter | |
Zeichner, Porträtist und Landschaftsmaler, war stark vom Bauhaus | |
inspiriert, hatte eine intensive expressionistische Phase und war Begründer | |
einer eigenen Farblehre, wurde mit Johannes Itten verglichen und mit Piet | |
Mondrian. Schölß gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Ingolstädter | |
Kunstszene seiner Zeit. Und doch war er irgendwie auch – unsichtbar. | |
So zumindest fühlte er sich, und das hatte, davon war er überzeugt, mit der | |
Familie Liebl-Reissmüller zu tun. Vor allem an zwei Begebenheiten, von | |
denen sein Vater immer wieder erzählte, erinnert sich der Sohn. Die erste | |
trug sich noch in den Dreißigern zu, da kam der Erzählung nach Ludwig Liebl | |
auf den damals aufstrebenden Künstler Schölß zu: Er wollte ihm Aufträge | |
geben, als Mäzen des jungen Malers in Erscheinung treten. Was für eine Art | |
von Kunst dem überzeugten Nazi vorschwebte, ahnte Schölß wohl. Er lehnte | |
ab. Nie, so sagte er später seinen Kindern, hätte er „für den“ gearbeite… | |
Was er genau zu Liebl sagte, weiß sein Sohn nicht. Dass er sich damit bei | |
Liebl jedenfalls nicht beliebt machte, darf man vermuten. „Er hat oft | |
gesagt“, erzählt jetzt sein Sohn, „dass das für ihn sehr karrierestörend | |
war.“ | |
## Reissmüllers Schwarze Listen | |
Die andere Sache hatte bereits direkt mit Liebls Schwiegersohn Wilhelm | |
Reissmüller zu tun. In den Fünfzigern soll der sich angeschickt haben, | |
Vorsitzender des Kunstvereins zu werden. Schölß, damals Schriftführer, und | |
ein paar Gleichgesinnte sagten: Dann treten wir aus. Reissmüller bekam den | |
Vorsitz nicht. Und der Künstler Schölß fand in der einzigen Zeitung der | |
Stadt nicht mehr statt. Während über die Arbeit der anderen geschrieben | |
worden ist, war er praktisch von der Bildfläche verschwunden. „Es hat ihn | |
irre getroffen, dass er nirgends erwähnt, nicht anerkannt wurde“, erinnert | |
sich Schwiegertochter Barbara Schölß. | |
In den Siebzigern kam der Künstler dann mal heim und erzählte der Familie: | |
„Stellt euch vor, diese Liste gibt es tatsächlich, und da steh’ ich drauf.… | |
Gemeint war die Schwarze Liste des Donaukuriers, auf der die unliebsamen | |
Ingolstädter standen – die, über die nicht berichtet werden sollte. Ein | |
Teilnehmer eines seiner Malkurse an der VHS habe es ihm bestätigt, ein | |
Redakteur des Donaukuriers. | |
„Jeder wusste, dass der Reissmüller Schwarze Listen führt“, sagt heute au… | |
Grünen-Politikerin Krumwiede. Sicher, nachweisen habe man es ihm nicht | |
können. „Aber ich bin überzeugt, dass da was dran ist.“ | |
Natürlich ist es heikel, Schölß als Opfer Reissmüllers zu bezeichnen. | |
Niemand wechselte die Straßenseite, wenn er den Künstler sah, er war ein | |
weithin geschätztes Mitglied der Gesellschaft, lehrte Jahrzehnte an der | |
Volkshochschule. Die Familie geriet nicht in finanzielle Nöte. Schölß bekam | |
auch Aufträge – etwa für die Gestaltung von Schulgebäuden oder auch einer | |
Aussegnungshalle. Nie aber von der Stadt Ingolstadt. Wenn es öffentliche | |
Aufträge waren, dann kamen sie aus dem Landkreis. Aufträge der Stadt | |
bekamen immer nur die Kollegen. | |
## „Wen Reissmüller nicht unterstützt, muss verschwinden“ | |
Marieluise Fleißer, die bekannte Ingolstädter Schriftstellerin und eine | |
Freundin der Familie, habe sich dann mal bei der Stadt für den | |
Schwiegervater eingesetzt, vielleicht auch bei Reissmüller, erzählt Barbara | |
Schölß. Doch ohne Erfolg. Und ihr Mann ergänzt: Der frühere | |
Oberbürgermeister Peter Schnell habe ihm später erzählt, wie das lief | |
zwischen Stadt und Verleger: „Die haben bei der Stadt schon sehr vorsichtig | |
agieren müssen, weil sonst die Zeitung sich sofort eingeklinkt hätte.“ | |
1980 erschien dann zum ersten Mal etwas zu Alois Schölß im Donaukurier. Ein | |
Bild und ein paar Zeilen dazu. Es war eine Meldung zu seinem 75. | |
Geburtstag. | |
Vieles in den Erzählungen bleibt im Vagen, beruht auf nicht überprüfbaren | |
Behauptungen. Für manches hätte es auch andere Erklärungen geben können als | |
die, dass Reissmüller seinen Einfluss gegen Schölß geltend machte: zum | |
Beispiel, dass Kollegen sich emsiger ins Geschäft brachten oder einfach nur | |
mehr dem Geschmack der damaligen städtischen Entscheidungsträger | |
entsprachen. Auch der Prophet, der im eigenen Land nichts gilt, ist nicht | |
umsonst sprichwörtlich. Die Schriftstellerin Fleißer war lange Zeit selbst | |
eine solche Prophetin in Ingolstadt. Erst spät, als sie im übrigen Land | |
berühmt geworden war, hofierte man sie auch in der Heimat. Ohnehin gibt es | |
kein Recht auf Berichterstattung über die eigene Person, und die subjektive | |
Wahrnehmung von Betroffenen gebietet immer auch gewisses Maß an Skepsis. | |
Und doch: Die Gesamterzählung passt nur allzu gut ins Bild. | |
In das Bild einer von einem Mann kontrollierten Stadt, den sie dort oft nur | |
den „lieben Gott“ nannten, ob nun spöttisch oder ehrfürchtig gemeint. Ein | |
Mann, der sich – befragt für eine Studie Münchner | |
Kommunikationswissenschaftler – beispielsweise selbst damit brüstete, den | |
CSU-Mann Josef Listl ins Amt des Oberbürgermeisters gehievt zu haben. Einen | |
Politiker übrigens, der auch schon als NSDAP-Mitglied OB war. Für die | |
Studie nach den „zehn wichtigsten Personen“ der Stadt befragt, nannten | |
einem Spiegel-Artikel von 1978 zufolge 60 repräsentativ ausgewählte | |
Ingolstädter ausnahmslos Reissmüller an erster Stelle, den „ungekrönten | |
König“ der Stadt. Einer habe kommentiert: „Wenn Sie nach den zehn | |
einflussreichsten Leuten fragen, müssen Sie zehnmal Reissmüller schreiben.“ | |
Ehemalige Redakteure des Donaukuriers, heißt es dann noch, hätten | |
bestätigt: „Wenn in Ingolstadt eine Person der Öffentlichkeit von | |
Reissmüller nicht mehr unterstützt wird, muss sie verschwinden.“ | |
## Die Aura der Macht | |
Reissmüller mag nicht bei allen Ingolstädtern beliebt gewesen sein, aber | |
bei den meisten zumindest, so scheint es, gefürchtet. „Es war die Aura der | |
Macht, die ihn umgeben hat“, sagt Agnes Krumwiede. Die Politikerin ist auch | |
Pianistin und erinnert sich an eines ihrer ersten Konzerte, das sie – | |
damals noch Kind – gegeben hat. „Da hieß es plötzlich: Der Reissmüller i… | |
da. Das ist der wichtigste Mann in Ingolstadt. Und ich weiß noch, dass ich | |
solche Angst hatte.“ | |
Die Angst ist heute Vergangenheit, doch der Umgang mit der Vergangenheit | |
fällt den Ingolstädtern noch immer schwer. Sie habe den Eindruck, erzählt | |
Krumwiede, viele dächten nun: „Gut, jetzt haben wir die Ehrenbürgerwürde | |
aberkannt. Damit ist das Thema gelaufen.“ Doch eigentlich müsse doch jetzt | |
gerade die öffentliche Diskussion beginnen. Sehr verstörend habe sie | |
gefunden, dass sie beispielsweise von der CSU kein einziges inhaltliches | |
Wort in der Stadtratssitzung gehört habe. Es sei noch immer so, dass man | |
von einigen als eine Art Nestbeschmutzer wahrgenommen werde, wenn man | |
Fragen zur Vergangenheit stelle, wenn man etwa wissen wolle, wie das nun | |
eigentlich mit dem Herrn Reissmüller gewesen sei. | |
Wenn man Leuten wie Krumwiede zuhört, fühlt man sich ein bisschen an Anna | |
Rosmus aus Passau erinnert, deren Geschichte Michael Verhoeven in Das | |
schreckliche Mädchen verfilmt hat. Rosmus hatte für einen Schülerwettbewerb | |
zur NS-Vergangenheit ihrer Heimatstadt recherchiert und sich im Anschluss | |
massiven Anfeindungen ausgesetzt gesehen. Nur: Das war vor über 40 Jahren. | |
## „Die Ehrenbürgerschaft ist mir egal“ | |
Thomas Schuler wiederum muss [4][an das Buch Opa war kein Nazi ] denken, | |
eine Studie über den Nationalsozialismus im Familiengedächtnis. Die Macher | |
kamen zu dem Ergebnis: In sehr vielen Familien ist man der Meinung, die | |
Nazis seien andere gewesen, in der eigenen Familie gebe es allenfalls | |
Mitläufer. Schuler sieht eine Parallele zum NS-Gedenken auf kommunaler | |
Ebene. Dort finde „ein Mix aus Gedenken und Verdrängen“ statt. Jüdische | |
Opfer des Nationalsozialismus würden zwar geehrt und ihre Nachfahren gerne | |
eingeladen. Die Verbrechen der Nazis aber würden überregionalen | |
beziehungsweise ortsfremden Nazis zugeschrieben, während die Einheimischen | |
entschuldigt und fragwürdige Persilscheine in den | |
Entnazifizierungsverfahren als reine Wahrheit gehandelt würden. | |
Dieser Wahrnehmung etwas entgegenzustellen, darum geht es Schuler bei | |
seinen Recherchen zur NS-Vergangenheit Ingolstadts. „Die Ehrenbürgerschaft | |
und die Aberkennung sind mir egal“, sagt der Journalist. „Aber sie sind das | |
Mittel, um die Verdrängung und Verdrehung zu zeigen und die Geschichte zu | |
korrigieren, beziehungsweise die Wahrnehmung der Geschichte.“ | |
Michael Schölß wohnt mit seiner Frau noch in dem Haus, in dem auch sein | |
Vater vor über hundert Jahren aufgewachsen ist. Ein großzügiges Anwesen im | |
Norden der Stadt; alles ist schön eingewachsen, es hat etwas Verwunschenes. | |
Schölß führt noch schnell rüber in das Atelier, das sein Vater in den | |
Fünfzigern in den Garten hat bauen lassen. Hier bereitet die Familie gerade | |
die Werke für eine Ausstellung vor, die am Samstag im schwäbischen Gempfing | |
eröffnet – mit Bildern von Alois Schölß, aber auch von Michael und Barbara | |
Schölß, ihren Töchtern, dem Neffen. Denn fast alle in der Familie sind | |
Künstler. Es ist eine Ausstellung zum 120. Geburtstag von Alois Schölß; | |
[5][„Antworten auf Alois“] heißt sie. | |
Michael Schölß zeigt auf eine eine Zigarettenschachtel, die auf einem Tisch | |
des Ateliers liegt. Beim Sichten der Kunstwerke des Vaters haben sie sie | |
gefunden: Mokri ohne Filter, eine der Marken, die er rauchte. Damals, als | |
es noch Schachteln mit nur sechs Zigaretten darin gab. Auf diese Schachtel | |
hat Alois Schölß ein Ovid-Zitat notiert: „Wer gut verborgen war, hat gut | |
gelebt.“ Der Sohn lacht. | |
Alois Schölß starb 1986. Er liegt auf dem Ingolstädter Westfriedhof | |
begraben. Wie Marieluise Fleißer. Und Wilhelm Reissmüller. | |
15 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://kugelbergverlag.de/taeter-helfer-trittbrettfahrer-band-17 | |
[2] /Enthuellungen-ueber-Zeitungsverleger/!6057613 | |
[3] https://www.newsroom.de/news/aktuelle-meldungen/vermischtes-3/luegenbaron-v… | |
[4] https://www.fischerverlage.de/buch/harald-welzer-sabine-moller-opa-war-kein… | |
[5] https://rain.de/ausstellung-antworten-auf-alois_id42251 | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Nationalsozialismus | |
Vergangenheitsbewältigung | |
Ehrenbürger | |
Zeitungsverlage | |
GNS | |
Merz und sein Naziopa | |
NSDAP | |
Straßennamen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Friedrich Merz und sein Naziopa: Kann Merz als Bundeskanzler dazu weiter schwei… | |
taz-Recherchen zeigen: Der Großvater von Friedrich Merz bemühte sich selbst | |
um die Aufnahme in die NSDAP – und wurde früher Mitglied als bisher | |
bekannt. | |
Enthüllungen über Zeitungsverleger: Widerstandskämpfer war in Wirklichkeit N… | |
Der frühere Verleger der Zeitung Donaukurier, Wilhelm Reissmüller, war in | |
Ingolstadt hochgeachtet. Nun steht seine Ehre infrage. | |
Straßennamen in Bayern: SA-Mann soll bleiben | |
Wilhelm Burkhardt war in der SA, 2023 wurde in Allersberg eine Straße nach | |
ihm benannt. Jetzt stehen auch die Straßenschilder. |