# taz.de -- Künstler Günther Uecker ist tot: Mit Kunst in die Welt nageln | |
> Günther Uecker hämmerte Nägel in Stühle, Plattenspieler, Nähmaschinen – | |
> und erzeugte Widerstand. Jetzt ist der Düsseldorfer Künstler mit 95 | |
> Jahren gestorben. | |
Bild: Der Mann mit den Nägeln: Künstler Günther Uecker in seinem Atelier in … | |
BERLIN taz/dpa/afp | Günther Uecker gilt als einer der bedeutendsten | |
Künstler der deutschen Nachkriegszeit. Bekannt wurde er durch seine | |
großformatigen Nagelreliefs, die heute in Museen weltweit hängen und in den | |
politischen Machtzentralen Deutschlands. Der Nagel habe eine | |
„Aufdringlichkeit, gepaart mit einem starken Aggressionspotenzial“, sagte | |
er im Hessischen Rundfunk (HR). Etwas, das er ebenfalls in sich trage. | |
Später arbeitete er mit Sand, Steinen, Asche – Materialien, die für ihn zu | |
Trägern von Erinnerung und politischer Aussage wurden. | |
Günther Uecker wurde 1930 in Wendorf im heutigen Mecklenburg-Vorpommern | |
geboren. Als Jugendlicher half er wenige Tage vor Kriegsende beim Begraben | |
der Leichen des Schiffswracks „Cap Arcona“. Später nagelte er aus Angst vor | |
der Roten Armee die Tür des Elternhauses von innen zu – eine „panische, | |
instinkthafte Handlung“, die er 2015 in einer Fernsehdokumentation des HR | |
als prägend für sein künstlerisches Arbeiten beschrieb. | |
In den 1950er-Jahren verließ er, wie sein Malerkollege Georg Baselitz und | |
später Gerhard Richter, die DDR. Er zog nach Düsseldorf, wo er bis zu | |
seinem Tod lebte, und studierte an der dortigen Kunstakademie. Im Jahr 1961 | |
trat er der [1][Künstlergruppe Zero] bei, die sich mit neuen Formen gegen | |
die Erstarrung der Nachkriegszeit auflehnte. | |
## Tschernobyl-Katastrophe als Aschebild | |
Immer wieder positionierte er sich mit seinen eigenen Werken politisch und | |
reiste damit um die Welt – nach China, Russland, Ägypten, Iran, Usbekistan | |
oder Kuba. In Peking zeigte er auf Stoff gemalte Appelle für | |
Menschenrechte, nach der Tschernobyl-Katastrophe malte er düstere | |
Aschebilder und engagierte sich künstlerisch und öffentlich für das | |
indigene Volk der Navajo. In der Werkreihe „Verletzungswörter“ malte er | |
Begriffe des Leidens und der Gewalt in verschiedenen Sprachen auf große | |
Leinwände. | |
„Das Thema meiner künstlerischen Arbeit ist die Verletzbarkeit des Menschen | |
durch den Menschen“, sagte er im Jahr 2000, als er in den Orden Pour le | |
Mérite aufgenommen wurde. 2023 errichtete er in Weimar ein Steinmal zur | |
Erinnerung an die Opfer des KZ Buchenwald. | |
Auch jenseits internationaler Museen setzte der genreübergreifende Uecker | |
Impulse. Nachdem er [2][in New York einmal Andy Warhols] „The Dom“ | |
besuchte, wollte er einen vergleichbaren Ort in Düsseldorf schaffen: | |
experimentell, offen, über die künstlerischen Sparten hinweg. Gemeinsam mit | |
Künstlerfreunden gründete er 1967 schließlich den legendären Underground | |
Club „Creamcheese“. Ende 2023 ließ der Düsseldorfer Kunstpalast ihn | |
wiedereröffnen als Hommage an eine Kunst, die sich nie einengen ließ. | |
Bis ins hohe Alter arbeitete Uecker in seinem Atelier-Speicher in | |
Düsseldorf. | |
11 Jun 2025 | |
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