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# taz.de -- Rechstruck in einst linkem Magazin: Die Weltbühne wankt
> Antisemitismus-Vorwürfe, Nähe zur Neuen Rechten: Die Neuauflage der
> „Weltbühne“ sorgt für Kritik. Alte Weggefährt*innen ziehen die
> Reißleine.
Bild: Carl von Ossietzky (Weltbühne-Herausgeber) verabschiedet sich am Gefäng…
Die Enttäuschung kann Holger Friedrich „gut verstehen“. Der Berliner
Verleger hat [1][die Zeitschrift Die Weltbühne neu aufgelegt]. Die
Neuerscheinung der früheren linksbürgerlichen „Wochenschrift für Politik,
Kunst, Wirtschaft“ erfreut Nicholas Jacobsohn auch weniger.
Der Enkel des jüdischen Gründers Siegfried Jacobsohn spricht von einer
Enteignung. Die Nationalsozialisten verboten 1933 die Weltbühne.
Im „[2][Ettersburger Gespräch]“ auf dem Weimarer Schloss nahe der
Gedenkstätte Buchenwald führt Friedrich zum Enkel in den Vereinigten
Staaten aus, dass er nachvollziehen könne, dass der „amerikanische
Ostküstengeldadel“ nun erschrocken sei, von einem „Ossi“ so „an die Wa…
gespielt worden zu sein.
Die Rhetorik des gebürtigen Ostberliners könnte antisemitische
Ressentiments andeuten. In der ersten Ausgabe der neuen Weltbühne im Mai
hatte sich schon Deborah Feldman als Expertin für das „Jüdischsein“ in
Szene gesetzt. Sie zweifelte fälschlicherweise [3][die jüdische Herkunft
des Chefredakteurs der Jüdischen Allgemeinen, Philipp Peyman Engel,] an.
## Thomas Fasbender und die „Junge Freiheit“
Das sind zwei Gründe, warum die Redaktion des antifaschistischen Magazins
Der Rechte Rand weiter zu der Weltbühne recherchierte. Dass Herausgeber
Behzad Karim Khani die Kritik an seinem Co-Herausgeber Thomas Fasbender
wegen dessen Autorenschaft in der neurechten Wochenzeitung Junge Freiheit
relativierte, war ein weiterer Grund.
Im Freitag legte Khani zwar dar, dass das Publizieren in dem „Drecksblatt“
nicht der „Höhepunkt einer seriösen Karriere“ sei; die Zahl der Texte sei
jedoch „ziemlich überschaubar“. Für den Autor des 2022 gelobten Debütwer…
„[4][Hund. Wolf. Schakal]“ sei die Kritik nur der Vorwurf einer
„Kontaktschuld“.
Schuld wegen Kontakt? Diese Argumentation löst die Veröffentlichung nicht
bloß von ihrem Inhalt, sie blendet auch aus, dass Fasbender nach Recherchen
von Der Rechte Rand alleine von 2014 bis 2023 an die 60 Artikel in der
Jungen Freiheit veröffentlichte. Als „Russlandexperte“, wo er ein
„Vierteljahrhundert“ nach Angaben der Wochenzeitung lebte, beklagter er
2023, dass die Nato die „größte Bedeutung“ beim „Eskalationspotential“
habe.
Im selben Jahr beschrieb er in einem Nachruf den in rechtsradikalen Kreisen
beliebten Autor Alexander Axt wohlwollend als „Projektionsfläche
postdemokratischer Sehnsüchte“, nicht ohne weiter auszuführen, dass hier
„ein Tatmensch, kein androgynes Hänschen im Konfirmandenanzug, ein He-Man,
keine urbane Heulsuse“ präsent war.
## Eigene Verwicklung
Ein antiwestlicher Sound klingt an – gegen Diversität und Liberalität. Dem
Rechten Rand fielen ebenso Beiträge von Fasbender in der [5][Cato] auf,
einem Zeitungsprojekt aus dem neurechten Milieu sowie Auftritte bei der AfD
und der Jungen Freiheit. In der extrem rechten Bibliothek des
Konservatismus soll er mehrfach referiert haben. Einzelne Bücher von
Fasbender erscheinen in einschlägigen Verlagen.
„Kontaktschuld?“, fragt Nina Rink von Der Rechte Rand. Und sie fragt
gegenüber der taz auch, warum ein Hinweis von Khani auf seine iranische
Herkunft die Kritik an der Rechtslastigkeit Fasbenders relativieren könne.
Identität soll wohl „ganz natürlich gegen rechts immunisieren“, sagt die
Redakteurin.
In der Recherche fiel dem Rechten Rand auch eine eigene Verwicklung auf.
Die Wortmarke Weltbühne will Friedrich von dem Verein Weltbühne e. V.
erworben haben. Der Verein aus Dähre in Sachsen-Anhalt gibt die
[6][Ossietzky] heraus.
Im Vorstand des 2024 gegründeten Vereins sitzen Matthias Berger und Katrin
Herrmann. Im Editorial der Ausgabe 10/2025 begrüßte die Ossietzky die neue
Weltbühne. Die „Neugründung“ sei ein Herzensprojekt von Friedrich, der sie
„frühzeitig“ informiert und um ihre Kooperation gebeten habe. „Die siche…
wir gerne zu“, heißt es im Editorial.
## Zusammenarbeit aufgekündigt
Berger und Hermann betreiben auch die wortwerkstatt, die Druck und Satz
anbietet für linke Publikationen. Der rechte Rand wird seit Jahrzehnten
hier gedruckt.
Die ehrenamtliche Redaktion von [7][Der Rechte Rand] hat nun die
Zusammenarbeit mit der Druckerei wortwerkstatt wegen des prorussischen
Kurses und der Kontakte in rechtsradikale Kreise aufgekündigt. Das möchte
Berger nicht direkt kommentieren. Der Verein habe bloß die Wortmarke
verkauft, sagte er der taz.
Sie hätten anfänglich Bedenken gehabt, ob das neue Magazin nicht Konkurrenz
sein könne. In Gesprächen – auch mit Friedrich – wären diese Sorgen
ausgeräumt worden. „Wir sind Antifaschisten“, versichert Berger, zu
Russland hätten sie aber eine andere Meinung als Der Rechte Rand.
Seit rund 35 Jahren erscheint Der rechte Rand alle zwei Monate. „Wir haben
uns immer für eine klare Grenzziehung zum Autoritären starkgemacht“, sagt
Nina Rink. Zu ihrem Bedauern wurde eine Grenze überschritten. Die neue
Weltbühne sei weit entfernt von den Positionen eines Carl von Ossietzky und
Kurt Tucholsky, die die legendäre Zeitschrift prägten.
Wegen der Aufkündigung der Zusammenarbeit mit der Druckerei wird die
kommende Ausgabe von Der Rechte Rand nun später erscheinen. „Unsere
Abonnent*innen dürften die Entscheidung mittragen. Wir sind Teil der
Brandmauer“, betont Rink.
Transparenzhinweis: Der Autor schreibt auch für den Rechten Rand
27 Jun 2025
## LINKS
[1] /Die-Weltbuehne-wird-neu-verlegt/!6087025
[2] https://www.youtube.com/watch?v=v_XIufOjzqU
[3] /Chef-der-Juedischen-Allgemeinen/!6089553
[4] /Neukoelln-Roman-im-Gorki-Theater/!5988794
[5] /Neurechtes-Magazin-Cato/!5729896
[6] https://www.ossietzky.net/
[7] https://www.der-rechte-rand.de
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
rechte Verlage
Kurt Tucholsky
Junge Freiheit
Social-Auswahl
Kolumne Der rechte Rand
Berliner Zeitung
Junge Alternative (AfD)
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