# taz.de -- Gasbohrungen auf der Nordsee: Voll Gas voraus in der Nordsee | |
> Die Bundesregierung will ein deutsch-niederländisches Abkommen zur | |
> Gasförderung noch vor der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts | |
> absegnen. | |
Bild: Die Gastanker kommen: Protestaktion in Borkum, Januar 2023 | |
Berlin taz | Das Kabinett wartet nicht ab, was die Justiz entscheidet: | |
Obwohl beim niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) eine Klage | |
anhängig ist, wollte das Kabinett eigentlich am Dienstag einen Vertrag mit | |
den Niederlanden für die umstrittene Gasförderung vor der Nordseeinsel | |
Borkum absegnen. Kurzfristig wurde der Tagesordnungspunkt jedoch auf den 2. | |
Juli verschoben. | |
Konkret geht es dabei um ein völkerrechtliches Abkommen zwischen beiden | |
Staaten, über das seit Sommer 2022 verhandelt wurde. Der frühere | |
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte noch im August 2024 | |
erklärt, vor einer Unterzeichnung mögliche Gerichtsurteile abwarten zu | |
wollen. | |
Ein Bündnis von Umweltschutzorganisationen um die Deutsche Umwelthilfe | |
(DUH) und die Stadt Borkum klagen vor dem OVG gegen die Gasförderung. Sie | |
fürchten Umweltschäden für das Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer. | |
## Klimaziele würden komplett ausgeblendet | |
Der vertraulich gehaltene Vertragstext, welcher der Deutschen Umwelthilfe | |
(DUH) vorliegt, erleichtert demnach die Erschließung weiterer fossiler | |
Lagerstätten in der Nordsee massiv – ohne ausreichende Umwelt- und | |
Klimaschutzauflagen, mit privaten Schiedsgerichten sowie drastischen | |
Einschränkungen für deutsche Behörden. | |
Klimaschutzziele und CO₂-Bilanzen würden im Vertragstext vollständig | |
ausgeblendet, so die DUH. Verfahren sollten zulasten der Gründlichkeit der | |
Prüfung massiv beschleunigt werden. Es gebe zudem keinerlei verbindliche | |
Regelungen zu Umwelt- oder Havarierisiken. | |
„Während weltweit Klimakatastrophen zunehmen, plant die Bundesregierung im | |
Hinterzimmer, fossile Energien in der Nordsee auf Jahrzehnte zu | |
zementieren“, beklagt DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Das | |
Abkommen sei „ein Geschenk für die fossile Industrie“, um künftig schnell… | |
und leichter Gas und Öl zulasten von Klima und Umwelt fördern zu können. | |
Aus Sicht von Constantin Zerger, DUH-Leiter Energie und Klimaschutz, liest | |
sich das Abkommen gar „wie ein Wunschzettel der fossilen Industrie“: | |
Genehmigungen im Schnelldurchlauf, private Schiedsgerichte und keinerlei | |
Klimaschutzvorgaben. | |
## Über Gasförderung wird seit Jahren gestritten | |
Geltendes Recht beziehungsweise dessen Durchsetzung werde davon abhängig | |
gemacht, dass der Nachbarstaat sein Einvernehmen erteile: „Wer so etwas | |
unterschreibt, verrät nicht nur die eigenen Klimaziele, sondern riskiert | |
auch, sich juristisch für Jahrzehnte an fossile Konzerne zu ketten.“ | |
Auch Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) verweist auf | |
ausstehende Gerichtsverfahren. Selbst wenn sich die Bundesregierung zu | |
einem Gasförderabkommen mit den Niederlanden entschließe, seien die | |
Entscheidungen der Gerichte in dieser Sache abzuwarten. Neben der Klage der | |
Umweltverbände gegen die Fördergenehmigung läuft auch noch ein Verfahren um | |
ein Seestromkabel für die Anbindung der Förderplattform. | |
Über die Gasförderung vor den Inseln Schiermonnikoog und Borkum durch den | |
niederländischen Energiekonzern One-Dyas wird seit Jahren gestritten. Ende | |
März hatte One-Dyas mitgeteilt, man habe mit der Förderung begonnen – | |
zunächst in einer Testphase und auf niederländischem Hoheitsgebiet. | |
One-Dyas plant aber, von einer Bohrplattform aus auch unter dem Meeresboden | |
auf deutschem Gebiet Gas zu fördern. Das niedersächsische Landesamt für | |
Bergbau, Energie und Geologie hatte dafür 2024 eine auf 18 Jahre befristete | |
Genehmigung erteilt. | |
25 Jun 2025 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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