# taz.de -- CO2-Bilanz von Zement, Beton und Co.: Wie die Bauindustrie ihr Klim… | |
> Bauen ist bislang oft klimaschädlich, denn bei der Herstellung von Zement | |
> und Beton entsteht viel CO2. Es ginge auch besser. | |
Bild: Grau, nicht grün: Bauarbeiter entnehmen Beton aus einem Betonkübel | |
Berlin taz | Bauen ist wegen des Bedarfs an Beton, Zement und Chemikalien | |
eben einfach klimaschädlich? Es ginge viel besser, wenn die Branche mehr | |
auf Kreislaufwirtschaft setzen würde, also auf die Wiederverwertung schon | |
mal genutzter Baustoffe. Das zeigt eine [1][Studie] des | |
Beratungsunternehmens Systemiq im Auftrag des Naturschutzverbands WWF. | |
Durch die Nutzung von Recycling-Technologien könnten die Kosten der | |
Klimaneutralität in der Bauindustrie auch um bis zu 45 Prozent sinken. | |
„Stahl, Chemie und Zement verursachen rund drei Viertel der CO2-Emissionen | |
der Industrie – daher stehen sie besonders im Fokus, wenn es darum geht, | |
diesen Sektor zu dekarbonisieren“, erklärt WWF-Klimaexpertin Viviane | |
Raddatz. „Die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien ist der | |
wirksamste Hebel für eine klimaneutrale Industrie. Unsere Studie zeigt: | |
Werden Kreislaufwirtschaft und CO2-Minderung konsequent zusammen gedacht, | |
entsteht ein Win-win-win für unser Klima, unsere Ressourcen und die | |
Unternehmen.“ | |
Beim Zement gilt es als besonders schwierig, die Herstellung | |
klimafreundlich zu gestalten. Damit gilt dasselbe auch für Beton, der unter | |
anderem aus Zement besteht. Das Problem: Treibhausgas entsteht an | |
verschiedenen Stellen des Produktionsprozesses. Zum einen sind extrem hohe | |
Temperaturen erforderlich. Das erfordert viel Energie, bislang meist Gas | |
oder Kohle, was auf erneuerbare Alternativen umgestellt werden muss. | |
Zum anderen ist aber die chemische Reaktion selbst ein Problem. Um Zement | |
zu produzieren, wird Kalkstein im Drehrohrofen zu Zementklinker. Dabei | |
zerfällt der Kalkstein zu gebranntem Kalk – und Kohlendioxid. Die | |
Energiewende allein reicht also nicht aus, um Zement klimafreundlich zu | |
machen. [2][Politik und Branche will darauf setzen, das zwangsläufig im | |
Prozess entstehende CO2 unterirdisch zu lagern – teuer und wenig erprobt]. | |
Wenn einfach weniger neuer Zement gebraucht würde, weil alter | |
wiederverwertet wird, würde das Problem geringer. | |
## So könnte die Kreislaufwirtschaft in Schwung kommen | |
Die vom WWF beauftragte Studie hat zehn marktreife Technologien der | |
Kreislaufwirtschaft untersucht, die in Industriezweigen wie Stahl, Chemie | |
und Zement unmittelbar einsatzbereit wären. Es könnte also losgehen mit der | |
Wiederverwertung beim Bauen. Genutzt werden die Methoden bisher jedoch | |
kaum. | |
Der Einsatz der untersuchten Technologien könne auch die Abhängigkeit von | |
Energieimporten wie Gas aus Russland um bis zu 20 Prozent reduzieren, | |
stellt die Studie fest. Gleichzeitig steige die Widerstandsfähigkeit der | |
Industrie gegenüber schwankenden Rohstoffpreisen und gestörten | |
Lieferketten. | |
Wie kann die Kreislaufwirtschaft Einzug in die Baubranche halten? Ein | |
bedeutender Hebel liegt laut Lea Vranicar in Klimaschutzvorgaben bei | |
öffentlichen Ausschreibungen. Wenn beispielsweise eine Schule neu gebaut | |
wird, sollten künftig klimaschutzrelevante Kriterien verbindlich | |
berücksichtigt werden. Dazu gehörten unter anderem Treibhausgasgrenzwerte | |
sowie Mindestrecyclinganteile bei verwendeten Baumaterialien. | |
Derzeit erfolge die Vergabe öffentlicher Aufträge meist noch rein auf Basis | |
der Wirtschaftlichkeit. Das führe dazu, dass ökologische Aspekte außen vor | |
bleiben, kritisiert Vranicar. Die Einführung verbindlicher | |
Nachhaltigkeitskriterien könne hingegen helfen, die Nachfrage nach | |
umweltfreundlichen Materialien gezielt und langfristig zu steigern. | |
[3][Auch modulare Bauweisen gelten als vielversprechend]. Dabei handelt es | |
sich um ein Baukonzept, bei dem standardisierte Bauelemente außerhalb der | |
Baustelle vorgefertigt und vor Ort lediglich montiert werden müssen. Dabei | |
werden die Baustoffe oft effizienter eingesetzt, es gibt weniger | |
Verschwendung – und damit einen geringeren Bedarf, beispielsweise an Beton. | |
Zur Optimierung von Recyclingprozessen würden laut der WWF-Expertin zudem | |
digitale Rückverfolgungssysteme beitragen. Gemeint sind damit zum Beispiel | |
unsichtbare digitale Wasserzeichen oder QR-Codes auf Verpackungen, die über | |
Sensoren ausgelesen werden können. Diese enthalten dann abrufbare | |
Informationen über Materialtyp, Verwendung oder Qualitätsmerkmale und | |
ermöglichten nicht nur eine gezieltere Sortierung, sondern auch eine | |
verlängerte Nutzungsdauer für Materialien. | |
„Innovationen für eine nachhaltige Industrie müssen im Kerninteresse der | |
Unternehmen selbst und des Staates liegen“, sagt Raddatz. „Klima- und | |
Ressourcenschutz tragen zur Stabilisierung und Unabhängigkeit des Sektors | |
bei und können den Unternehmen große Kostenersparnisse bringen.“ | |
7 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Klima/WWF-Kreislaufwi… | |
[2] /Zementfabrik-in-Norwegen/!6095075 | |
[3] /Serielles-Bauen-feiert-Comeback/!5855327 | |
## AUTOREN | |
Katharina Andresen | |
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