| # taz.de -- Die Wahrheit: Berliner Brot | |
| > Die Berliner Bezirksrathäuser kommen wie Regierungssitze daher. Das hat | |
| > nicht nur historische Gründe – und vor dem Schöneberger bäckt man jetzt | |
| > Brot. | |
| Als John F. Kennedy 1963 vom Balkon des Schöneberger Rathauses zu den | |
| Bewohnern West-Berlins gesprochen hat, haben alle nur „Pfannkuchen“ | |
| verstanden, als er sich als einer der ihren bezeichnete. Alle Auswärtigen | |
| nennen das in der Stadt heißgeliebte Fettgebäck [1][„Berliner“ und nicht | |
| „Pfannkuchen“], wie es richtig heißt. | |
| Kaum war JFK tot, ist der Platz nach ihm benannt worden. Er ist aber längst | |
| nicht mehr der Vorhof zum Berliner Rathaus. Einst residierten dort Größen | |
| wie Willy Brandt und Richard von Weizsäcker und sogar Eberhard Diepgen. | |
| Heute wird an Flohmarktständen der größte Plunder der Siebziger-, | |
| Achtziger- und Neunzigerjahre feilgeboten. Das 21. Jahrtausend ist hier nie | |
| angekommen. | |
| Dies wurde auch im jetzigen Bezirksrathaus Schöneberg festgestellt. So wie | |
| er ist, genüge der JFK-Platz nicht mehr den Ansprüchen der Gegenwart, | |
| findet die zuständige grüne Bezirksstadträtin. Zusammen mit der Bauhaus | |
| Universität Weimar und der Initiative Nachbarschaftsbrot e. V. musste ein | |
| Konzept her für die Platzbelebung. | |
| Nachbarschaftsbrot besteht aus 20 Brotinteressierten von jung bis alt, die | |
| sich regelmäßig treffen, um gemeinsam Brote zu backen. Jetzt gibt es einen | |
| mobilen Brotbackofen, mit dem bald wöchentlich ein kleiner Bereich nahe | |
| JFK-Platz bespielt werden soll. Sofern es mit der Landespolitik zu einer | |
| Verständigung käme, werde auch zeitnah über eine Begrenzung der Parkflächen | |
| diskutiert, vermeldet die Bezirksstadrätin. | |
| ## Jubelnder Menge Bonbons an die Köpfe werfen | |
| Auf Vorschlag des Oldtimer-Anbieters Carisma hin könnten hier regelmäßig | |
| JFK-Autokorsos stattfinden, bei denen Gäste des Bezirkes der jubelnden | |
| Menge zuwinken und ihr Bonbons an die Köpfe werfen dürften. Und der noch zu | |
| gründende Zugezogenenverband Tempelhof-Schöneberg Alaaf würde in Gedenken | |
| an JFKs historische Worte frisch frittierte Berliner anbieten. | |
| Denkbar sind auch Redewettbewerbe vom Bezirksrathausbalkon aus. Das | |
| Schöneberger Slam-Projekt Speach Poeten hat sich bereits als Veranstalter | |
| ins Spiel gebracht. Vom auf die Sixties spezialisierten Friseursalon Tolle | |
| Tolle kommt die Idee, JFK-Look-Alike-Contests auszutragen. Indes wurde der | |
| Antrag der Initiative Stichlos abgelehnt, regelmäßig mit dem Anti-Impfmobil | |
| präsent zu sein. Die Schirmherrschaft des [2][US-Gesundheitsministers | |
| Robert F. Kennedy Jr.], immerhin ein Neffe JFKs, wurde nicht als relevant | |
| genug akzeptiert. | |
| Verworfen wurde ebenfalls das Projekt der bezirklichen Knallbüchsengilde, | |
| jährlich am 26. Juni, dem Jahrestag des Kennedybesuchs, ein Schützenfest zu | |
| veranstalten. Stattdessen könnte ja Tempelhof-Schöneberg Alaaf an diesem | |
| Tag spezielle JFK-Donuts mit handgeschossenem Loch anbieten. | |
| Vielleicht sollte man über einen neuen Namen für den Platz vor dem Rathaus | |
| sprechen. Viel prägender als Kennedys Person waren schließlich seine Worte: | |
| „Ich bin ein Berliner.“ Würde er nach seiner Rede heißen, gäbe es in Ber… | |
| einen Pfannkuchenplatz. Endlich. | |
| 17 Jun 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Thilo Bock | |
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