| # taz.de -- Verteilung bei der Klub-WM: Das Stück vom Brotlaib | |
| > Die Klub-WM zahlt Teams aus dem Globalen Süden viel Geld. Das bedeutet | |
| > Empowerment, einerseits. Aber die Ligen der Länder stärkt es nicht. | |
| Bild: Beherzter Auftritt: Al Ahly, hier Torwart Mohamed El Shenawy, gegen Inter… | |
| Es ist gut gelaufen für die Fifa zum Auftaktspiel der Klub-WM: Trotz | |
| [1][des schleppenden Ticketverkaufs] ein solide besetztes Stadion, keine | |
| [2][Protestplakate] – schließlich kickte man in der rechten Hochburg | |
| Florida – und ein 0:0 zwischen Al-Ahly aus Kairo und Inter Miami, das wohl | |
| recht unterhaltsam war. Das wahre Highlight der Partie war dann gar nicht | |
| [3][der alte Messi], sondern ein leidenschaftlich aufspielendes Al-Ahly und | |
| seine Fans, die teils sogar aus Ägypten angereist waren und dem | |
| Inter-Heimpublikum sowohl zahlenmäßig als auch in puncto Lautstärke | |
| deutlich überlegen waren. Kein Zweifel, für sie dürfte es eine große WM | |
| sein. Ist sie das? | |
| Immer wieder kommt die Anschuldigung auf, dass Europas Blick auf die | |
| Klub-WM arg elitär sei: Während man hier über [4][zu viel Belastung], zu | |
| viel Kommerz und uninteressante Partien grantelte, sei das Event für den | |
| Rest der Welt ein Riesending, eine große Party für mehr Teilhabe, mehr | |
| Umverteilung oder gleich der Vorbote einer postkolonialen Fußballwelt. | |
| Tatsächlich ist der Blick aus Europa [5][sowohl eurozentrisch als auch | |
| chronisch kulturpessismistisch]. Hierzulande beobachtet man einerseits | |
| ängstlich, wie der Fokus der Fußballöffentlichkeit langsam und stetig auch | |
| auf andere Märkte geht, und belächelt zugleich vorsorglich die | |
| Kontinentalmeister von anderswo als Schießbudenteams. Die nun anstehenden | |
| Duelle könnten dieser Überheblichkeit ein paar Dämpfer versetzen. | |
| Grundlegend also ist die Klub-WM tatsächlich ein großer Schritt in Richtung | |
| mehr Teilhabe. Endlich gibt es ein Format, bei dem sich Klubs aus aller | |
| Welt um ernsthafte Kohle und jenseits eines Halligalli-Kicks messen. Dafür | |
| gibt es durchaus Nachfrage. Europas Klubs müssen nun auf dem Platz | |
| überhaupt erst mal die Existenz der anderen anerkennen, die sie sonst | |
| jenseits von Werbetouren gern vergessen. Die wiederum können sich auf | |
| Weltniveau messen. Und falls es die Mamelodi Sundowns oder Al-Ahly | |
| sensationell ins Halbfinale schaffen, dürfte das einen globalen | |
| Enthusiasmus bringen, wie der [6][WM-Erfolg Marokkos in Katar 2022]. | |
| ## Chance auf neues Publikum | |
| Durchaus bringt das Turnier zudem die Chance, ein neues Publikum in vielen | |
| afrikanischen oder asiatischen Staaten zu begeistern, wo die meisten Fans | |
| trotz traditionsreicher eigener Teams am liebsten Premier League oder La | |
| Liga gucken. Blamagen bei der Klub-WM könnten den Lack des europäischen | |
| Männerfußballs empfindlich ankratzen. Schon die globalen Nationenturniere | |
| mit Stars of colour wie Pelé oder Maradona dienten ab den 1960er Jahren in | |
| vielen ehemaligen Kolonialstaaten als Empowerment-Erzählung. Angesichts des | |
| aktuell massiven Glaubwürdigkeitsverlusts des sogenannten Westens ist der | |
| Nährboden für Aufbruchstimmung da. | |
| Naiv und paternalistisch ist, andererseits, auch die Erzählung: „Warum so | |
| grummelig? Die netten Leute aus dem Globalen Süden freuen sich doch so.“ | |
| Denn die meisten Fans aus prekären Staaten feiern Spitzenfußball | |
| grundsätzlich unkritisch ab – was auch damit zusammenhängt, dass sie a) | |
| größere Sorgen haben, b) in ihren Staaten Schlimmeres gewohnt sind und c) | |
| Fußball das oft einzige Highlight im perspektivlosen Alltag ist und keine | |
| Moralerzählung. Die Kritik aus Europa an der Klub-WM – wirtschaftlich wie | |
| ökologisch – ist dringend nötig und berechtigt. Sie wird nicht | |
| eurozentrisch, nur weil sie anderswo keine Rolle spielt. | |
| ## Keine echte Umverteilung | |
| Auch ist Infantinos Turnier von echter Umverteilung weit entfernt. Das | |
| beginnt schon bei den Antrittsgeldern: Afrikanische Starter erhalten 9,55 | |
| Millionen Dollar, südamerikanische 15,21 Millionen und europäische bis zu | |
| 38,19 Millionen Dollar. Die Lücken zwischen diesen Teams werden also eher | |
| größer, statt kleiner. Und natürlich kommen die Einnahmen größtenteils – | |
| trotz eines viel beschworenen Solidaritätsfonds – nicht nationalen Ligen | |
| zugute, sondern allein den dicken Schiffen, die dort ohnehin dominieren. So | |
| dürfte die Klub-WM vielen Superligen Vorschub leisten. Zumal ihr | |
| Qualifikationsmodus ganz offensichtlich darauf abzielt, kommerziell | |
| attraktiven Klubs eine Teilnahme zu ermöglichen, statt nach jüngsten | |
| sportlichen Meriten zu gehen. | |
| Das mutmaßliche Ergebnis: Superreichtum einzelner Großklubs wird etwas | |
| breiter über den Globus verteilt. Das ist wirklich empowernd. Aber nur ein | |
| kleines bisschen. | |
| 15 Jun 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alina Schwermer | |
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