Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ende des Mozilla-Dienstes „Pocket“: Die Tasche ist zu
> „Pocket“ war mehr als nur eine private Artikelliste, es war ein
> kuratiertes Empfehlungssystem. Nun schließt Mozilla den Online-Dienst.
Bild: Eine virtuelle Hosentasche, in die man Artikel stecken kann, die man spä…
Eine virtuelle Hosentasche, in die man Artikel stecken kann, für die man
auf dem schnellen Weg zur Arbeit keine Zeit hat, aber später in Ruhe lesen
will. Das war Pocket, der digitale „Später-Lesen“-Dienst von Mozilla
Firefox für viele. Mit der App und der Webfunktion von Pocket konnte man
Artikel von verschiedenen Zeitungen speichern.
Nun schließt Mozilla diese Tasche für immer. Schon zum 8. Juli 2025 stellt
der Firefox-Betreiber den Dienst ein, den er 2017 übernommen hatte. Was
dann bleibt, ist ein kurzer Zeitraum zur Datensicherung – bis zum 8.
Oktober. Danach werden die Inhalte gelöscht, die App- und
Browser-Erweiterungen verschwinden. Was für manche nur ein technisches Ende
ist, bedeutet für andere das Ende einer täglichen Praxis. Und für viele
Medienhäuser wie auch der taz: das Aus einer stillen, aber wirkmächtigen
Reichweitenquelle.
Denn Pocket war mehr als eine private Artikelliste. Die Plattform hatte
sich zu einem kuratierten Empfehlungssystem entwickelt – prominent auf der
Firefox-Startseite. Dort wurden regelmäßig journalistische Inhalte aus
aller Welt präsentiert, ausgesucht von einem Redaktionsteam, nicht von
Algorithmen. Auf der eigenen Seite von Pocket gab es außerdem sogenannte
„Collections“, unter denen verschiedene Texte zusammengefasst wurden, so
zum Beispiel dieser Tage „Ein italienisches Paradies: Bologna“ oder „Wann
sind wir unsterblich“.
Auch Texte aus der taz schafften es immer wieder dorthin – was wir nicht
selten daran merkten, dass die Artikel eine starke Aufmerksamkeit, zum
Beispiel durch Klickzahlen oder viele Kommentare auf der Seite bekamen.
Diese Zahlen waren in letzter Zeit etwas rückläufig. So brachten Artikel
auf Pocket im Jahr 2021 noch rund 18 Millionen Besucher:innen auf die
taz Website, 2024 waren es nur noch rund 5 Millionen.
Jetzt also das Ende. [1][Mozilla begründet es in der rein auf Englisch
veröffentlichten Erklärung auf der Website damit], dass sich die
Nutzungsgewohnheiten im Internet mittlerweile verändert hätten und dass
Konsumieren und Speichern von Artikeln anders funktioniere. [2][Die
Ressourcen sollen künftig in neue Formate fließen] – etwa ein Tool, das
Tabs zusammenfassen soll, Empfehlungen für kuratierte Inhalte sollen
künftig etwas durch einen E-Mail-Newsletter geschehen.
Für viele Leser:innen wird es ein schmerzlicher Abschied sein – vor
allem für jene, die Pocket nicht nur als Speicherort, sondern als
persönliches jahrelanges Archiv genutzt haben. „So ein Ärger“, sagt etwa
der Schweizer Journalist Rafael Zeier. In einem YouTube-Video zeigt er,
dass er in der Pocket-App seit über zehn Jahren Artikel gespeichert hat.
Aber auch aus publizistischer Sicht geht etwas verloren. Pocket war eine
seltene – nicht von irgendeinem Milliardär finanzierte, unabhängige –
Plattform, auf der Inhalte durch Qualität und Relevanz auffielen – nicht
[3][durch Clickbait] oder Social-Media-Tricks. Für Medien mit begrenzten
Ressourcen war das Gold wert: Sichtbarkeit durch Auswahl, nicht durch
Werbebudget. Zwar schreibt Mozilla, dass auch in Zukunft kuratierte Inhalte
über die neue Registerkarte von Mozilla Firefox oder den Newsletter
bestehen bleiben sollen, allerdings ist bisher noch nicht klar, wie
Medienhäuser davon profitieren werden.
Ob andere Kaufinteressent:innen Pocket übernehmen könnten, darauf
antwortet Mozilla auf Anfrage der taz nicht. Die Onlineplattform Heise
hatte geschrieben, dass unter anderem der CEO von Medium, Tony Stubblebine,
interessiert sei.
28 May 2025
## LINKS
[1] https://support.mozilla.org/en-US/kb/future-of-pocket?_gl=1*17dlrgn*_ga*MTI…
[2] /Mozilla-Chef-Mark-Surman-ueber-KI/!6025711
[3] /Nach-Springer-Enthuellungen/!5926113
## AUTOREN
Ann-Kathrin Leclere
## TAGS
GNS
Mozilla
Zeitung
Online-Journalismus
Schwerpunkt Pressefreiheit
Google
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Medienplattform labournet.tv: Inspiration für solidarische Arbeitskämpfe
Das Medienkollektiv labournet.tv bildet die Perspektiven von
Arbeiter:innen ab. Es dokumentiert Arbeitskämpfe und will so
Beschäftigte aktivieren.
US-Gericht urteilt: Google ist Monopolist
Ein US-Gericht fällt ein wichtiges Urteil: Google habe ein Internet-Monopol
– und verteidige es auf unfaire Weise. Der Techgigant will sich wehren.
Mozilla-Chef Mark Surman über KI: „Wir wissen nicht, was kaputtgeht“
In Kürze treten die neuen EU-Regeln zu KI in Kraft. Mark Surman, Präsident
der Mozilla-Stiftung, über einflussreiche Tech-Konzerne und lustige Hüte.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.