# taz.de -- Deutsche Tischtennis-Meisterschaft: Überzeugungskraft und Überdru… | |
> Bei den TT-Finals fehlt die Herren-Prominenz. So ist alles auf Annett | |
> Kaufmann zugeschnitten. Weniger Partien hätten dem Turnier gutgetan. | |
Bild: Große Show: Annett Kaufmann bejubelt den Titelgewinn | |
Erfurt taz | Die Enttäuschung unter den Besuchenden der TT-Finals in | |
Erfurt, also der Deutschen Meisterschaft im Tischtennis für Alt und Jung | |
und alles dazwischen, war schon groß. Denn für so manche Besucher wurde | |
erst mit dem Achtelfinale klar, dass bei den Herren die Prominenz erst gar | |
nicht angereist war. Gut, bei Timo Boll ([1][beendet bald seine Karriere]) | |
und [2][Dimitrij Ovtcharov] (erholt sich von Bandscheiben-OP) war das klar. | |
Doch selbst Dang Qiu, der gewiss etwas Bestätigung gebraucht hätte, Patrick | |
Franziska und sogar Benedikt Duda, der hier einen Titel zu verteidigen | |
hatte, ließen sich in den Messehallen nicht blicken. Qiu ist mit Borussia | |
Düsseldorf noch im Mannschaftsendspiel Ende Juni gefragt, die anderen | |
brauchten anscheinend eine Pause. Oder wollen sich auf Wichtigeres | |
konzentrieren als auf eine Deutsche Meisterschaft. | |
Bei den Männern lief es somit auf einen neuen Titelträger hinaus. Zweite | |
Garde und Nachwuchs, das wären die diffamierenden Begriffe, um die | |
Konkurrenz zu beschreiben. Kay Stumper und Wim Verdonschot, von Namen und | |
Potenzial her die Besten, trafen schon im Halbfinale aufeinander, mit dem | |
besseren Ende für Stumper. Gegner im Finale sollte dann Fan Bo Meng sein. | |
Wer glaubte, das würde easygoing werden für Stumper, sah sich allerdings | |
getäuscht: Am Ende stand ein knappes 11:9 im Entscheidungssatz. | |
Kay Stumper ist also erstmals Deutscher Meister im Tischtennis. Im Doppel | |
gewann Verdonschot mit Andre Bertelsmeier gegen Matthias Danzer und | |
Alexander Flemming. Da bei den Männern Lichtfiguren fehlten, war alles auf | |
sie zugeschnitten: [3][Annett Kaufmann], Vorzeigespielerin, | |
Titelverteidigerin, Juniorenweltmeisterin. | |
## Heranwachsende Konkurrenz | |
Und Kaufmann lieferte ab: Plakatmotiv in der halben Stadt, | |
Autogrammstunden, Porträts, präzises, aggressives Spiel, Titelverteidigung. | |
Kann sein, dass beispielsweise mit Lorena Morsch, Siegerin bei den | |
Juniorinnen und im normalen Wettbewerb nur deswegen im Achtelfinale | |
ausgeschieden, weil sie da schon auf die spätere Finalistin Sabine Winter | |
treffen musste, bereits Konkurrenz heranwächst. Denn auch Morsch überzeugt | |
mit präzisem, dabei etwas unaufgeregterem Spielstil. Und hat ebenfalls | |
Darstellungspotenzial. | |
Die andere Kronprinzessin, Josephina Neumann, erst 15 Jahre alt, hatte in | |
Erfurt etwas mehr zu kämpfen, vor allem mit einer Fußverletzung. Aber | |
immerhin erreichte sie mit Koharu Itagaki das Finale im Damen-Doppel, das | |
Sabine Winter und Kathrin Mühlbach mit viel Mühe im Entscheidungssatz | |
gewannen. | |
Die Konkurrenz bei den Damen war insgesamt gut besetzt. Yuan Wan lieferte | |
sich reihenweise Schlachten mit ihren Gegnerinnen und Sabine Winter zeigte, | |
dass sie seit ihrem Formatwechsel in einer eigenen Liga spielt. Die vierte | |
Halbfinalistin war mit Sophia Klee eine kleine Überraschung. Gegen Kaufmann | |
hatte sie gleichwohl keine Chance (sprich 0:4 in Sätzen). Im Finale kam es | |
also zu dem Zusammentreffen der letzten beiden Meisterinnen. Kaufmann | |
beherrschte Winter nach verlorenem ersten Satz recht klar. Die 18-Jährige | |
holte sich den Meistertitel zum zweiten Mal in Folge. | |
Die besten Storys aber lieferten die Alten. Bei den Herren startete Torben | |
Wosik eine Art Comeback. Der inzwischen 51-Jährige fiel schon rein optisch | |
auf: blondierte Haare in einer Rainald-Goetz-Frisur, dazu mit stattlich | |
aufgepumptem Körper versehen. In der Einzel-Konkurrenz fehlte ihm etwas das | |
Glück. Immerhin erreichte der Deutsche Meister von 1999 und 2008 mit Kirill | |
Fadeev das Halbfinale im Doppel. Übertrumpft wurde dieses Comeback von | |
Tanja Krämer, die ebenfalls 2008 den Titel im Einzel holte. Damals war sie | |
29. Als jetzt 46-Jährige schaffte sie es, mit Tobias Hippler den Titel im | |
Mixed zu erringen. | |
Überhaupt überzeugte die Veranstaltung mit Bandbreite: Neben ganz Jungen – | |
man konnte einer 12-Jährigen dabei zusehen, wie sie nach einem 11:13 im | |
Entscheidungssatz in Tränen ausbrach – spielten auch die Alten, also | |
Seniorinnen und Senioren, auf. So füllte sich das gesamte Messegelände in | |
Erfurt, erstreckt auf drei Hallen, während der gesamten Pfingstfeiertage. | |
Produzierte aber auch Wuseligkeit, Unübersichtlichkeit und einen latenten | |
Überdruss, wie man ihn tatsächlich von Messebesuchen kennt. | |
Vielleicht wäre ein Final 4 die bessere Idee gewesen: Halbfinale und Finale | |
bei Damen und Herren, dazu die Endspiele im Doppel und Mixed an einem Ort, | |
der alles mehr konzentriert hätte. Am Ende wäre dann auch die Prominenz | |
aufgeschlagen. Obwohl, Publikum konnten die in Erfurt. | |
10 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Tischtennis-Star-Timo-Boll-ueber-Rueckzug/!6074482 | |
[2] /Tischtennis-WM/!6087110 | |
[3] /Tischtennis-Podcasts/!6062060 | |
## AUTOREN | |
René Hamann | |
## TAGS | |
Tischtennis | |
Deutsche Meisterschaft | |
Erfurt | |
GNS | |
Kolumne Plattenspieler | |
Tischtennis | |
Tischtennis | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Tischtennis-WM: Notizen zur Lage der Ästhetik | |
Team China räumt bei der WM mal wieder ab – auch bei Schönheitsfragen. Das | |
deutsche Tischtennis steckt derweil im Biedermeier fest. | |
Tischtennis-WM 2025: Schmettern auf Pink | |
Seit Samstag findet in Doha, Katar, die Tischtennis-WM statt. Die | |
Favoritinnen und Favoriten kommen wieder aus China. Doch auch sie sind | |
besiegbar. | |
Tischtennis-EM in Linz: Die Brüder und der Duda | |
Nachdem Félix Lebrun sich durch Frust aus dem Turnier katapultiert hatte, | |
kam sein Bruder Alexis als Rächer. Im Männerfinale bezwang er Benedikt | |
Duda. |