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# taz.de -- Tischtennis-EM in Linz: Die Brüder und der Duda
> Nachdem Félix Lebrun sich durch Frust aus dem Turnier katapultiert hatte,
> kam sein Bruder Alexis als Rächer. Im Männerfinale bezwang er Benedikt
> Duda.
Bild: Benedikt Duda (r.) schlägt auf. Alexis Lebrun empfängt den Ball
Die Bibel muss umgeschrieben werden. Zumindest der Anfang. Denn tauchen wo
zwei sehr erfolgreiche Brüder auf, sagen wir im Tischtennis, so killen die
sich nicht gegenseitig, sondern retten sich aus der Bredouille und rächen
einander.
Was man von den Williams-Schwestern im Tennis kannte, kennt man nun von den
Brüdern Lebrun im Tischtennis. Wobei die Brüdergeschichte bei der bis
Sonntag stattgefunden habenden [1][Europameisterschaft] im
oberösterreichischen Linz noch eine ganz besondere Wendung bekommen hat –
war es doch, ähnlich wie bei Serena und Venus Williams, bislang eher der
jüngere Teil, der Glanz und Ruhm nach Hause brachte. In Linz jedoch
scheiterte [2][Félix Lebrun], gerade 18 geworden, an sich, seinem Schläger,
seinen Nerven und einem am Samstag im Viertelfinale besonders gut
aufgelegten Benedikt Duda aus der guten, alten Handballstadt Gummersbach im
Bergischen Land. Am Ende flog der Schläger – und mit ihm auch Lebruns bei
der EM errungenen Punkte. Disqualifikation wegen Frustreaktion. Ja, der
Sport kann hart sein.
Im Doppel durfte er aber noch mal ran, und so holte er sich zusammen mit
dem großen Bruder Alexis den ersten Titel bei einer Erwachsenen-EM:
Doppeleuropameister Lebrun/Lebrun 2024. Die schwedischen Finalgegner
Möregardh/Källberg hatten keine Chance.
Ebendieser Alexis, auch erst 21 Jahre alt, nutzte die Gunst der Stunde und
spielte den Großer-Bruder-Nimbus mit Genuss aus. Das kleine schwedische
Genie Truls Möregardh, in Paris bei Olympia noch Silbermedaillengewinner,
hatte im Halbfinale gegen Alexis genauso wenig eine Chance wie nachher Duda
im Finale: zu mächtig, zu schlagsicher, zu, entschuldigen Sie das
Modeenglisch, powerful war das Spiel des großen Lebrun. Manchmal war es wie
im Film: Schuss und Gegenschuss; Alexis Lebrun war sichtlich on fire, sein
Powertischtennis war allen anderen in diesen Tagen deutlich überlegen, und
im Nachhinein hätte man gerne gewusst, ob er auch gegen den kleinen Bruder
gewonnen hätte an diesem Tag. Aber da war ja der Duda vor.
## Die Post-Boll-Ära
Kommen wir also zu den Deutschen, die in Linz so einiges zu verlieren
hatten, jetzt, wo international die „Post-Boll-Ära“ angebrochen ist.
[3][Timo Boll,] der alte Großmeister, hatte in Paris abgedankt. Abdanken
musste auch [4][Dang Qiu], der Europameister von München 2022, ebenfalls
gegen Alexis Lebrun, nur bereits schon im Viertelfinale. Auch er relativ
chancenlos.
Erwartet hatte man nicht viel, umso mehr bekam man: Patrick Franziska und
[5][Dimitrij Ovtcharov] zeigten gute Leistungen und paarten sich bereits im
Viertelfinale, Sieger Ovtcharov unterlag dann Duda im zweiten rein
deutschen Duell im Halbfinale. Das Bild komplettierte der junge Andre
Bertelsmeier, der es immerhin ins Achtelfinale schaffte, wo er Félix Lebrun
unterlag.
Auch die deutschen Damen schlugen sich mehr als tapfer. [6][Nina
Mittelham], die große Tragische von München und Paris, wo sie jeweils von
Verletzungen gebremst wurde, gewann Bronze im Einzel, obwohl sie nach
eigenen Angaben längst noch nicht bei 100 Prozent war. In der Wiederauflage
des Münchner Endspiels unterlag sie diesmal schon im Halbfinale deutlich
der Titelverteidigerin Sofia Polcanova aus Österreich mit 1:4 Sätzen.
Annett Kaufmann holte Bronze im Mixed. Sabine Winter und Yuan Wan
erreichten mit dem Viertelfinale ihre Minimalziele.
Es war dann auch die Polcanova, die das Damenturnier beherrschte. Nachdem
sie mit Bernadette Szocs, dem Glamour-Girl mit dem pinken Vorhandbelag,
etwas überraschend das Doppelfinale verlor, besiegte sie ihre
Doppelpartnerin im Einzelfinale dann souverän mit 4:1. In Linz, ihrer
Wahlheimat, war die Freude entsprechend groß.
Der kleine Tischtenniszirkus zieht weiter, als Nächstes steht ein
„Championship“ in Frankfurt an, dann auch wieder mit den Stars aus Asien.
In Linz konnte man über die Schlagfertigkeit der Lebruns staunen, aber auch
über die schwedische Raffinesse, die sich bald etwas dagegen einfallen
lassen wird. Es ist jedenfalls schön, dass dieser Sport Aufmerksamkeit
erfährt, aber man muss nicht in jeder Handtuchpause Bumsmusik laufen
lassen. Gut aufgeschlagen wird auch so.
21 Oct 2024
## LINKS
[1] /Tischtennis-EM-in-Oesterreich/!6039684
[2] /Frankreichs-Shootingstar-Felix-Lebrun/!6040061
[3] /Timo-Boll/!t5036620
[4] /Tischtennisspieler-Qiu-ueber-die-EM/!5870446
[5] /Dimitrij-Ovtcharov/!t5032511
[6] /!5873227/
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Tischtennis
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Österreich
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Schwerpunkt Paralympics 2024
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