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# taz.de -- Gekommen, um zu prügeln: Jung, rechts, gewalttätig
> In Berlin stehen vier Neonazis aus Sachsen-Anhalt wegen Körperverletzung
> vor Gericht.
Bild: Reisen gerne: Neonazis aus Sachsen-Anhalt bei einer Demo in NIedersachsen
Berlin taz | Thor-Steinar-Gürtel, T-Shirt aus dem „Freie Sachsen“-Fanshop,
dazu strammer Seitenscheitel oder Glatze: Die vier jungen Männer auf der
Anklagebank im Amtsgericht Tiergarten in Berlin machen aus ihrer Gesinnung
keinen Hehl. Sie sitzen hier an diesem Mittwochmorgen Anfang Juni, weil sie
im Dezember 2024 SPD-Wahlhelfer*innen und Polizisten im Berliner Süden
[1][auf offener Straße angegriffen und teils schwer verletzt haben sollen].
Die vier, zu dem Zeitpunkt zwischen 16 und 19 Jahre alt, waren aus
Sachsen-Anhalt angereist, um an einem Neonazi-Aufmarsch teilzunehmen.
Die Gewalttat sorgte bundesweit für Bestürzung und steht beispielhaft für
die Dynamik der neuen rechtsextremen Jugendgruppen, die vergangenen Sommer
zunächst in den sozialen Netzwerken in Erscheinung traten, wenig später
erste Mobilisierungserfolge auf der Straße verzeichneten – und
[2][inzwischen bundesweit die Sicherheitsbehörden beschäftigen]. Man
beobachte diese Entwicklung „intensiv“, schreibt etwa das
Bundesinnenministerium in einer [3][aktuellen Antwort] auf eine Anfrage der
Linken-Fraktion im Bundestag. Die Gruppierungen hätten sich im Laufe des
zurückliegenden Jahres als „Anlaufpunkt für eine neue aktionsorientierte
und ideologisch weniger gefestigte Zielgruppe“ etablieren können, heißt es
darin weiter.
## Posieren mit Reichsfahnen
Eine dieser Gruppierungen ist die „Deutsche Jugend zuerst“, der die vier
Angeklagten zugerechnet werden. „Wir fahren auf Demos gegen CSDs und
Links“, heißt es auf ihrer Instagram-Seite. Andere nennen sich „Deutsche
Jugend Voran“, „Der Störtrupp“ oder „Jung & Stark“, zum Teil handelt…
sich um regionale Ableger und Nachahmer. Ihr Auftritt erinnert [4][an die
Neonazi-Ästhetik der 1990er Jahre]; die Jugendlichen posieren mit
Reichsfahnen und formen mit ihren Händen das „White Power“-Zeichen.
Aber in vielen Fällen bleibt es nicht bei der Provokation. Inzwischen ist
die Liste der Gewalttaten lang: [5][Angriff auf den SPD-Europaabgeordneten
Matthias Ecke] in Dresden im Mai 2024, [6][Überfall auf
Demonstrant*innen am Bahnhof Ostkreuz] im Juli in Berlin, Attacken
gegen Politiker*innen in [7][Gifhorn], Dresden und [8][Görlitz] – und
in Berlin im Dezember.
## Politisch Andersdenkende
Die Angriffe richten sich gegen politisch Andersdenkende, als „links“,
„queer“ oder „nicht deutsch“ identifizierte Menschen. Fast immer sind d…
Tatverdächtigen sehr jung. Und viele Vorfälle werden gar nicht angezeigt.
Beratungsstellen für Betroffene verzeichnen zurzeit [9][Höchststände an
Gewalttaten], aber auch an Bedrohungen und Einschüchterungsversuchen, die
teils unterhalb der Strafbarkeitsschwelle liegen. Hinzu kommen [10][Sticker
und Schmierereien], Mobbing an Schulen – und Angriffe auf Jugendklubs und
[11][Hausprojekte].
Von der rechten Jugendkultur profitieren unterdessen die zuvor
dahinsiechenden Nachwuchsorganisationen der Neonazi-Kleinparteien Die
Heimat (ehemals NPD) sowie Der Dritte Weg. Das Bundesinnenministerium
stellt einen „merklichen Zulauf“ fest.
Spätestens seit Mitte Februar ein Sprengstoffanschlag auf eine
Geflüchtetenunterkunft im südbrandenburgischen Senftenberg wohl nur durch
den Hinweis einer Investigativjournalistin verhindert werden konnte,
scheinen die Sicherheitsbehörden den Ernst der Lage erkannt zu haben. Im
Mai schaltete sich erstmals die Bundesanwaltschaft ein und [12][ging mit
Razzien gegen die Gruppe „Letzte Verteidigungswelle“ vor]. Der Vorwurf:
Terrorismus; das Alter des mutmaßlichen Anführers: 15 Jahre. Auch erste
Gerichtsurteile gegen Angehörige der Szene [13][fallen verhältnismäßig hart
aus]. Bleibt es bei dieser Linie, dürfen sich auch die vier mutmaßlichen
Angreifer in Berlin wenig Hoffnung auf eine milde Strafe machen.
6 Jun 2025
## LINKS
[1] /Angriff-auf-SPD-Mitglieder-in-Berlin/!6057431
[2] /Rechtsextreme-Jugendszene/!6076353
[3] https://dserver.bundestag.de/btd/21/001/2100193.pdf
[4] /Rechtsextreme-Jugend/!6024038
[5] /Rechtsextreme-Attacke-auf-SPD-Politiker/!6009432
[6] /Neonazi-Angriff-am-Ostkreuz/!6025195
[7] /Angriff-mutmasslicher-Nazis-in-Gifhorn/!6037402
[8] /Rechte-Gewalt-in-Goerlitz/!6052280
[9] /Rechte-Gewalt-in-Brandenburg/!6078856
[10] /Rechtsextremismus-in-Berlin/!6072711
[11] /Neonazis-attackieren-Hausprojekt/!6090883
[12] /Festnahmen-in-Jungnazi-Gruppe-Anfuehrer-erst-15-Jahre-alt/!6089472
[13] /Haftstrafe-fuer-Julian-M/!6077719
## AUTOREN
Hanno Fleckenstein
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