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# taz.de -- Werbung auf rechten Youtube-Kanälen: Haribo macht Kinder froh –…
> Haribo, die Investitionsbank Berlin, FreeNow warben auf rechten Kanälen.
> Experten fordern Unternehmen auf, Sperrlisten für Internetwerbung
> aufzustellen.
Bild: Der Haribo-Bär: Ein Spot des Unternehmens lief vor dem Video eines recht…
Berlin taz | Große Unternehmen haben in YouTube-Kanälen von
AfD-freundlichen Influencern geworben. Bei einer Stichprobe der taz
erschien ein Spot für Fruchtgummis des Süßwarenherstellers Haribo vor einem
Video des Kanals „[1][Vermietertagebuch]“. Die landeseigene
Investitionsbank Berlin (IBB) und die Taxi-App FreeNow warben bei dem
Channel „[2][Ketzer der Neuzeit]“, Wirkaufendeinauto.de bei
„[3][KetzerKirche]“.
Buttons unter den Videos zeigen, dass die Kanäle Mitglied des
[4][YouTube-Partnerprogramms] sind. Dieses berechtigt die Kanalinhaber
dazu, sich an den Werbeeinnahmen zu beteiligen. Offenbar haben die Konzerne
also die Influencer durch ihre Werbung mitfinanziert. Auf jeden Fall haben
die seriösen Unternehmen den umstrittenen Kanälen Renommee verschafft.
Dabei ist Alexander Raue, der Betreiber des „Vermietertagebuchs“, laut dem
Portal [5][Übermedien] jemand, „der die Menschen systematisch manipuliert,
der ausgrenzt, stigmatisiert und Lügen verbreitet“.
Als zum Beispiel im Januar 2024 Hunderttausende Menschen gegen die AfD und
gegen Rechtsextremismus demonstrierten, behauptete Raue, „dass die
Regierung offenbar extrem viele [6][Statisten bezahlt] hat, nur um die Demo
größer wirken zu lassen“.
## Klare Wahlempfehlung für rechtsextreme Partei
Sein einziger Beleg war eine Stellenanzeige bei dem Portal Jobwork, in der
Statisten als Demoteilnehmer für eine Videoaufnahme gesucht wurden. Doch
diese Anzeige war [7][laut Jobwork] schon Mitte Oktober 2022 erschienen,
bereits am 18. Oktober sei der Bewerbungsschluss gewesen, als niemand von
den Demos gegen Rechtsextremismus Anfang 2024 hätte wissen können. Das
Inserat habe „in keinem Zusammenhang mit den Demonstrationen in Hamburg am
19.01.2024“ gestanden – sie fanden ja auch mehr als ein Jahr später statt.
Vor zwei Jahren behauptete Raue wahrheitswidrig auch: „Jetzt dreht die EU
total durch: Du darfst dich [8][nur noch 15 min bewegen] pro Tag.“ Oder
Anfang 2024: „Offiziell: [9][9/11 Anschlag ist gelogen]!“, „Es gab keine
Angriffe auf das World Trade Center“. Permanent attackiert er vor allem
Politiker, die nicht der AfD angehören und die er gern als „dieses ganze
links-grüne Gesocks“ beschimpft.
Zur EU-Wahl im Juni 2024 gab er eine [10][klare Wahlempfehlung] für die
Partei ab, die damals dem Bundesamt für Verfassungsschutz schon als
rechtsextremer Verdachtsfall galt. Raue ließ unter seinen Videos auch ein
Jahr später noch Nutzerkommentare stehen wie „ein Wahnsinn mit diesen
Grünen, [11][ab nach Auschwitz] mit ihnen!!!“. Das „Vermietertagebuch“ h…
mehr als 400.000 Abonnenten.
Den Kanal „Ketzer der Neuzeit“ haben sogar mehr als 550.000 Menschen
abonniert. Er wird von dem Berliner Influencer Leonard Jäger betrieben, der
sich als „Christ“ bezeichnet. In einem äußerst distanzlosen
[12][„Interview“ mit der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel] sagte er der
Politikerin wenige Tage vor der Bundestagswahl 2025: „Ich drück die Daumen,
dass das was wird mit der Wahl“ und „ich möchte Ihnen da wirklich einfach
Gottes Segen aussprechen.“
## Widerspruch zu ethischen Grundsätzen der Unternehmen
Bei Instagram blendete er bei dem Zitat „[13][Invasion von Barbaren]“ ein
Bild von dunkelhäutigen Männern in einem Boot auf dem Meer ein. In einem
Video von August 2024 verteilt er das vom Bundesamt für Verfassungsschutz
als gesichert [14][rechtsextremistisch eingestufte Compact]-Magazin. Immer
wieder wettert er gegen die „Gender-Ideologie“.
Auch der Betreiber von „KetzerKirche“, Marc-Philipp Längert, hat sich immer
wieder öffentlich positiv über die AfD geäußert. Oft nimmt er auf
„KetzerKirche“ (mehr als 87.000 Abonnenten) und seinem Hauptkanal
„Clownswelt“ (rund 500.000 Abos) gleiche oder ähnliche Positionen wie die
Partei zu Themen wie Migration, Gendern oder dem öffentlich-rechtlichen
Rundfunk ein.
Das „[15][ZDF-Magazin Royale]“ von Jan Böhmermann zitierte den Influencer
mit der misogynen Behauptung, „dass Frauen auf natürliche Art und Weise
mehr zu Unterwerfung tendieren als Männer“. Gern kritisiert „KetzerKirche�…
das „AfD-Bashing“ oder [16][verteidigt den extrem rechten Thüringer
AfD-Vorsitzenden Björn Höcke] gegen angeblich zu kritische Interviewer des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Die Kanäle stehen teils in einem krassen Widerspruch zu den ethischen
Grundsätzen der Unternehmen. FreeNow etwa wirbt auf seiner
[17][Internetseite] neben einem Foto unter anderem von Frauen mit Kopftuch
mit den Worten: „Wir setzen uns für einen Arbeitsplatz ein, an dem alle
gleichbehandelt werden und sich sicher, wertgeschätzt und integriert
fühlen.“ Man lege „viel Wert auf ein vielfältiges und inklusives Umfeld�…
Die IBB schreibt: „Durch [18][Diversity-Initiativen] und
Gleichstellungsmaßnahmen stärken wir die Vielfalt in unseren Teams.“
## Werbung sei unbeabsichtigt gewesen
Dass ihre Werbung auf den rechten YouTube-Kanälen gezeigt wurde, führten
die Unternehmen auf den Algorithmus der Plattform zurück. „Unsere
Online-Werbung – unter anderem auf YouTube – wird über automatisierte
Systeme wie Google Ads ausgespielt“, schrieb FreeNow der taz.
Das Unternehmen wähle nicht einzelne Kanäle aus, sondern lege lediglich
„Zielgruppen, thematische Ausschlüsse und Positivkriterien“ fest. „Ketzer
der Neuzeit“ habe man nicht „aktiv“ gebucht. „Die Platzierung unserer
Werbung dort war unbeabsichtigt und widerspricht in jeder Hinsicht in
massiver Form unseren Markenwerten.“
Nun habe FreeNow „den Kanal umgehend auf unsere interne Sperrliste
gesetzt“. Auch die Investitionsbank Berlin erklärte, sie habe den „Ketzer
der Neuzeit“ ausgeschlossen. Wirkaufendeinauto.de sperrte nach eigenen
Angaben „KetzerKirche“. Anders Haribo: Der Süßwarenhersteller teilte nur
mit, er passe seine Sperrliste laufend an.
Josef Holnburger, Geschäftsführer des Center für Monitoring, Analyse und
Strategie (CeMAS) reicht das nicht. Seine Organisation forscht zu Themen
wie Verschwörungsideologien, Antisemitismus und Rechtsextremismus. „Jeder
Werbetreibende sollte proaktiv Blacklists erstellen und nicht auf Hinweise
von Journalisten warten, dass ein Teil seines Werbeetats an rechtsextreme
Influencerinnen und Influencer fließt“, sagt Holnburger. Das müssen die
Unternehmen auch nicht selbst erledigen. Meist beauftragen sie mit der
Werbung spezialisierte Agenturen, die den Markt genau kennen.
## Mehr Klickzahlen = mehr Geld
„Monetarisierung ist immer etwas, wo die Szene sehr empfindlich reagiert“,
so Holnburger weiter. Es hätten sich bereits Influencer aus dem Geschäft
zurückgezogen, weil es nicht mehr rentabel war, den ganzen Tag Videos zu
produzieren. „Wenn man nicht mehr 9 to 5 Menschen radikalisieren kann, dann
sinkt die Reichweite.“ Der CeMAS-Chef appellierte an die „gesellschaftliche
Verantwortung“ der Unternehmen.
Alle von der taz angefragten Firmen außer die IBB wollten nicht offenlegen,
wie viel sie für die Werbung auf den Kanälen gezahlt haben. Die Bank sprach
nur von insgesamt 35 Cent. Ist das Problem also gar nicht so groß? „Das ist
immer ein Problem der Masse. Deswegen kann man das so pauschal nicht sagen,
dass es ein imminent kleiner Betrag ist“, antwortet Holnburger. Bei höheren
Klickzahlen würden auch höhere Beträge fließen.
Unabhängig vom Finanzvolumen verschafften die Spots von großen Firmen wie
Haribo oder der IBB den Kanälen auch Renommee. „Das suggeriert: Das ist im
Mainstream angekommen, wenn da auch Mainstreamwerbung läuft“, so
Holnburger. Das sei „tragisch“, weil die Botschaft vermittelt werde, dass
auch ein wichtiger Teil der Wirtschaft rechtsradikale Hetze „zumindest
toleriert“.
Holnburger ermahnte auch YouTube, seiner Verantwortung gerecht zu werden.
Die Plattform gehe weniger als etwa während der Coronapandemie gegen
Desinformation und rechtsradikale Hetze vor. Dabei könnte sie zum Beispiel
betroffene Kanäle weniger prominent in der Suche anzeigen, sie von der
Monetarisierung ausschließen oder sie löschen.
## Die einzige Lösung sei die AfD – sagen die YouTuber
Ein YouTube-Sprecher schrieb der taz jedoch: „Der Content wurde in der
Vergangenheit bereits untersucht.“ Trotzdem lässt die Plattform die Kanäle
online, das Unternehmen hat offenbar auch keine anderen Sanktionen
verhängt.
Sowohl „Ketzer der Neuzeit“ als auch „Vermietertagebuch“ und „KetzerK…
ordnet Experte Holnburger dem Vorfeld der AfD und des Rechtsextremismus zu.
„Sie tragen zur Radikalisierung, insbesondere junger Leute bei.“ Alle
hätten die Botschaft, es stehe sehr schlimm um Deutschland und die einzige
Lösung sei die AfD. Ihre Reichweite sei hoch.
Die Influencer gingen auf Bitten der taz um Stellungnahme bis
Redaktionsschluss nicht ein. Alexander Raue, der mehrmals durch eklatante
Falschinformationen aufgefallen ist, beschimpfte in seiner Antwort die taz
als „links-extremistischen Scheiß-Verein“ und warf dem Autor dieses
Artikels „Lügen“ vor.
29 Jun 2025
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=3mr2ccYZQ0g
[2] https://www.youtube.com/channel/UCjvVn-oLzoY0aZhVvdQPSTQ
[3] https://www.youtube.com/watch?v=fdMI7b5uWhw
[4] https://support.google.com/youtube/answer/13195878?sjid=3648609480896388820…
[5] https://uebermedien.de/94259/der-irre-aufstieg-eines-rechten-youtubers/
[6] https://www.youtube.com/watch?v=t5nHdPRitcE
[7] https://www.jobwork.com/de/job/statistinnen-m-w-d-als-demoteilnehmer-fuer-e…
[8] https://www.youtube.com/watch?v=m1-KwLedfRo
[9] https://uebermedien.de/94259/der-irre-aufstieg-eines-rechten-youtubers/
[10] https://www.youtube.com/watch?v=9wy8ZRBfrd8
[11] https://www.youtube.com/watch?v=kRoFn-J1R0A&lc=UgypRCgN0mYQ0cx_jsl4AaA…
[12] https://www.youtube.com/watch?v=QK9TAL9FDMk
[13] https://www.instagram.com/p/DJea_8dt6o3/
[14] https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2024/2024-07-…
[15] https://www.zdf.de/play/shows/zdf-magazin-royale-102/zdf-magazin-royale-vo…
[16] https://www.youtube.com/watch?v=I6aPhsmn1HY
[17] https://www.free-now.com/de/nachhaltigkeit/
[18] https://www.ibb.de/de/ueber-uns/nachhaltigkeit/soziales/soziales.html
## AUTOREN
Jost Maurin
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