Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Aktion gegen Hass im Netz: Willkommen im Internet, liebes BKA
> Die Polizei geht mit Hausdurchsuchungen gegen Hetze im Internet vor. Gut
> so! Hass ist keine Meinung.
Bild: Online herrscht Wildwest, nur ohne Revolver und Gewehre, dafür mit umso …
Wer sich kurz die Plattform X des [1][Techfaschisten] Elon Musk ansieht,
erfasst das Problem innerhalb weniger Minuten: Online herrscht Wildwest,
nur ohne Revolver und Gewehre, dafür mit umso mehr Hass. Das gilt nicht nur
für die vom Techoligarchen Musk auf rechts gedrehte Hassplattform X,
sondern auch für zahlreiche andere angeblich soziale Medien von Meta,
Google und Bytedance.
Der Hass kommt [2][vor allem von rechts] und kann auch in reale Gewalt
umschlagen, wie alle spätestens nach der [3][Ermordung des CDU-Politikers
Walter Lübcke] 2019 durch einen Neonazi aus dem AfD-Umfeld wissen sollten.
Zuvor wurde Lübcke von AfD-Politikern und sonstigen Rechtsextremen immer
wieder an den Online-Pranger gestellt – in den Kommentarspalten unter
derlei Posts gab es Mordaufrufe und Gewaltandrohungen, die lange Zeit nicht
gelöscht wurden.
Am Mittwoch ging das Bundeskriminalamt bei einem Aktionstag bundesweit
gegen Hass im Netz vor. Bei zahlreichen Razzien in den Youtube-Zimmern
dieser Republik setzte die Behörde 65 von unabhängigen Richter*innen
genehmigte Durchsuchungsbeschlüsse um und vernahm in 140
Ermittlungsverfahren zahlreiche Beschuldigte. Gut so!
Die Zahl der strafbaren Hasspostings hat sich laut BKA seit 2021
vervierfacht, zwei Drittel aller Beiträge kommen aus dem rechten Spektrum,
einzelne Fälle verbindet die Behörde mit linker, religiöser oder sonstiger
Ideologie. Es geht um Volksverhetzung, Verwenden verbotener Nazi-Symbole
sowie Aufruf oder Billigung von Straftaten sowie Beleidigung.
## Ereifern mit Schaum vorm Mund
Lange Zeit standen die Sicherheitsbehörden den sich in den Kommentarspalten
Bahn brechenden Mobs [4][mehr oder weniger hilflos gegenüber]. Ermittlungen
gegen strafbare Äußerungen liefen häufig unkoordiniert oder auch gar nicht.
Die Betreiber kamen ihrer Verantwortung ebenfalls unzureichend nach oder
heizten – wie Musk – rechte Online-Treibjagd gar noch so richtig an. Weite
Teile des Online-Raumes wurden so im vergangenen Jahrzehnt zum Resonanzraum
von Rechten und ihren Trollarmeen, die kampagnenförmig versuchten, Diskurse
zu verschieben, Leute wegzumobben und so der Macht näherzukommen. Erst
simulierten sie Diskursmacht, schließlich bekamen sie die auch mit viel
Unterstützung von der immer mehr ins Autoritäre abdriftenden
gesellschaftlichen Mitte.
Wie erfolgreich das ist, zeigt sich dann etwa im Leitartikel eines
„Chef“-Kommentators bei der Welt. Der erwähnt dann zwar am Rande im Artikel
zum „Schwachkopf-Urteil“, dass der Hasskommentator gar nicht wegen eines
Schwachkopf-Memes über Robert Habeck verurteilt wurde, sondern wegen
Hitlerbildchen und Abbildungen von Hitlergrüßen. Aber er ereifert sich dann
trotzdem mit Schaum vorm Mund über die angeblich bedrohte Meinungsfreiheit
und eine Zäsur der Rechtsgeschichte.
Aber Kommentarspalten sind kein luftleerer Raum, Worte nicht folgenlos. Aus
der rassistischen Entmenschlichung durch Wutbürger*innen in
Kommentarspalten und Online-Hetze von AfD-Politiker*innen erfolgen konkrete
Straftaten – siehe Walter Lübcke. Die [5][rechte Gewalt in der
Bundesrepublik] ist so hoch wie nie zuvor seit der systematischen Erfassung
der Zahlen 2001.
Extrem junge Menschen, aber auch medieninkompetente Boomer*innen
radikalisieren sich online in Rekordzeit. Die Polizei in Deutschland
erfasste 2024 [6][alle 12 Minuten eine rechtsextreme Straftat].
## Das Netz ist kein rechtsfreier Raum
Deswegen ist es unbedingt zu begrüßen, wenn die Behörden bei der Verfolgung
von strafbaren Äußerungen im Internet endlich mal aus dem Quark kommen,
deutlich machen, dass das Netz kein rechtsfreier Raum ist. Herzlich
willkommen im Internet, liebes BKA.
Wenn die Urheber von Hassbeiträgen zur Verantwortung gezogen werden, sind
sie keine harm- und arglosen Opfer, die in ihrer Meinungsfreiheit
eingeschränkt werden, wie rechte Hetzportale oder AfD-Politiker*innen
weismachen wollen. Sie sind Täter*innen, die andere online fertigmachen
wollen, rassistisch beleidigen, zu Straftaten aufrufen oder gleich welche
begehen. Sie wollen Menschen systematisch einschüchtern, bis sie sich
zurückziehen. Und die Grenzen zur Militanz und rechter Gewalt sind dabei
mitunter fließend.
Das zeigt sich auch bei eben jenem 12. Aktionstag gegen Hass im Netz: Im
Saarland hat das BKA im Zuge der Aktion drei 19-Jährige aus der
Skinheadszene kontrolliert, gegen die der Staatsschutz schon länger
ermittelt. Sie sollen Hasspostings abgesetzt und in internen Chatgruppen
auf Snapchat Reichskriegsflaggen, SS-Abzeichen und Hitlergrüße gepostet
haben. An einer Bushaltestelle der Saarbahn sollen sie Leute mit „Scheiß
Ausländer“ bepöbelt haben. In den Chats wurden aber offenbar auch Bildchen
von Waffen und einer Handgranate ausgetauscht. Womit man dann wieder bei
Wildwest, Revolvern und Gewehren wäre.
26 Jun 2025
## LINKS
[1] https://media.ccc.de/v/gpn23-284-against-tech-fascism/playlist
[2] https://netzpolitik.org/2020/facebook-und-parteien-bei-hass-kommentaren-lie…
[3] /Drei-Jahre-Mord-an-Walter-Luebcke/!5855189
[4] https://www.youtube.com/watch?v=Xdm8SG8_v0I
[5] /Rechtsextreme-Gewalt/!6077300
[6] /Politisch-motivierte-Kriminalitaet/!6085979
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
talkshow
Big Tech
Social Media
Rechtsextremismus
GNS
Gemeinschaft
Rechte Szene
## ARTIKEL ZUM THEMA
Regionale Facebookgruppen: Blumenwiese für Boomer
Regionalgruppen auf Facebook sind digitale Atempausen. Und geprägt von
einer wunderbaren Spießigkeit.
Werbung auf rechten Youtube-Kanälen: Haribo macht Kinder froh – und rechte …
Haribo, die Investitionsbank Berlin, FreeNow warben auf rechten Kanälen.
Experten fordern Unternehmen auf, Sperrlisten für Internetwerbung
aufzustellen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.