| # taz.de -- Union-Boss Zingler und der Frauenfußball: Eisern geschichtsvergess… | |
| > Union-Boss Dirk Zingler maßregelt deutsche Klubs wegen fehlender | |
| > Unterstützung ihrer Fußballerinnen. Eine schnelle Wende. | |
| Bild: Jetzt auf den Dreh mit dem Frauenfußball gekommen: Dirk Zingler (rechts)… | |
| Dirk Zingler hat sich wieder markig geäußert. Der große Zampano von Union | |
| Berlin, der sich gern in Hoeneß’scher Manier [1][als Stimme des einfachen | |
| Mannes zu deutschen Zuständen auslässt], dozierte diesmal in klubeigener | |
| Sache. Nämlich zur mangelnden Unterstützung für den Frauenfußball. „Jeder | |
| Profifußballverein […] ist in der Lage, [2][seine weibliche Mannschaft | |
| angemessen zu bezahlen]“, so Zingler. | |
| Dass es kaum Vollprofiteams gebe, sei „ein jämmerliches Armutszeugnis für | |
| Deutschland“. Man müsse Frauenfußball angemessen präsentieren und „nicht | |
| als Behindertensportart behandeln“. Als Vorreiter sieht er da den eigenen | |
| Klub: „Wir werden sie ein bisschen vor uns herjagen. Aber nicht aus | |
| ideologischen Gründen. Es ist einfach richtig.“ | |
| Zingler hat zunächst mit seiner Analyse weitgehend recht. Und es ist | |
| wichtig, dass ein Verantwortlicher so klar kritisiert. Zwar [3][steigen die | |
| Investitionen], aber für die meisten Klubs und Sportmedien fallen die | |
| Frauenabteilungen ideologisch unter Charity. Zinglers Forderungen | |
| entsprechen dem langjährigen Konsens unter Expert:innen – zumindest, | |
| wenn man das neoliberale Wachstumsmodell mit Drill, Auslese, Vollprofitum | |
| und Superreichtum anstrebt. Dieser Irrweg gilt in der Branche längst als | |
| alternativlos. | |
| Folgt man der Systemlogik, hat Union zuletzt tatsächlich irre viele Dinge | |
| richtig gemacht. Der Klub hat gezielt und langfristig investiert. Er hat | |
| seine Frauenabteilung zur Saison 2023/24 voll professionalisiert und damit | |
| die Basis [4][für einen beeindruckenden Durchmarsch] von der dritten in die | |
| erste Liga gelegt. Er hat mit Geschäftsführerin Jennifer Zietz und | |
| Trainerin Ailien Poese zwei wirklich renommierte Berliner Expertinnen | |
| (wieder)gewonnen. Und er bietet seinen Frauen konsequent die große Bühne in | |
| der Alten Försterei. Belohnt wurde dieser Mut mit Rekordkulissen, zuletzt | |
| mit 20.000 Fans zum Aufstieg. | |
| Diese Unioner Konsequenz ist bemerkenswert und hat mehr Gemeinsamkeiten mit | |
| den Businessplänen aus England als mit deutscher Wurschtelei. Aber Zinglers | |
| Aufplusterei hat auch ein sehr unangenehmes Geschmäckle. Union Berlin, | |
| gerade frisch auf den Dreh gekommen, maßregelt andere. Ausgerechnet Union | |
| Berlin. Bis vor wenigen Jahren nämlich hat der Klub [5][seine Frauen | |
| berüchtigt schlecht behandelt]. Während selbst Provinzklubs wie Hohen | |
| Neuendorf ihre Frauen bezahlten, verweigerte Union jeden Cent. Auch gab es | |
| gegenüber der taz Schilderungen etwa von einer gemeinsamen Auswärtsfahrt | |
| mit einem Juniorenteam, wo nur die Jungen Essen erhielten. Wertschätzung à | |
| la Union. Immer wieder wurde damals klar, dass Protest der Frauen | |
| unerwünscht war. Und bedeuten könnte, dass Union seine Charity einstampft. | |
| ## Mehr Demut angebracht | |
| Mehr Demut und weniger Geschichtsvergessenheit wären angebracht. Völlig | |
| daneben auch der Verweis, Frauenfußball sei kein „Behindertensport“. Dass | |
| auch Behindertensport gleichwertig sein könnte, so weit ist Union offenbar | |
| noch nicht. Interessant ist zudem, wie Zingler mehrfach darauf verweist, | |
| das Projekt sei nicht „ideologisch“. Offensichtlich möchte sich der Klub | |
| mit dem BSW-Sound bloß nicht in die Nähe feministischer Strömungen begeben. | |
| Das ist auch völlig okay; für das Wirtschaftsprojekt Frauenfußball ist es | |
| zentral, breitere Milieus zu erobern. Unions Engagement ist ein Signal, | |
| dass das zunehmend gelingt. Aber Zinglers Rede ist auch ein Verweis auf | |
| eine Zukunft, in der dieses Wirtschaftsprojekt vollends losgelöst ist von | |
| einem emanzipativen Charakter. Nicht „ideologisch“, sondern „attraktiv und | |
| wertvoll“. Mit diesem Framing lässt es sich problemlos ins autoritäre | |
| Zeitalter übertragen. Und dann wird Geld gemacht. Schließlich ist das hier | |
| kein Behindertensport. | |
| 31 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alina Schwermer | |
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