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# taz.de -- Abtreibungsgesetze in den USA: Hirntote Schwangere zum Weiterleben …
> Im US-Bundesstaat Georgia zwingt das Abtreibungsgesetz die Ärzte, eine
> hirntote Frau künstlich am Leben zu halten – gegen den Willen der
> Familie.
Bild: Vor drei Jahren trat das verschärfte Abtreibungsgesetz in Georgia in Kra…
Berlin taz | Es ist an Grausamkeit kaum zu überbieten: Seit über 90 Tagen
ist Adriana Smith hirntot. Doch weil sie schwanger ist, zwingt das strenge
Abtreibungsgesetz im Bundesstaat Georgia die Ärzte dazu, sie künstlich am
Leben zu erhalten, bis das Kind geboren ist. Gegen den Wunsch ihrer
Familie.
Vor mehr als drei Monaten hatte die 30-jährige Krankenschwester und Mutter
mehrere Blutgerinsel in ihrem Gehirn, die zunächst unentdeckt blieben. Kurz
darauf wurde sie für hirntot erklärt. Aufgrund der strengen Gesetzgebung
wird nun ihr Körper faktisch als leblose Hülle weiter künstlich
funktionsfähig gehalten, bis der Fötus lebensfähig ist, wie eine perfide
Art eines Brutkastens. Derzeit ist sie in der 21. Schwangerschaftswoche.
Medienberichten zufolge planen die Ärzte, sie noch bis zu 32. Woche am
Leben zu erhalten, sollte der Fötus bis dahin überleben.
Im südlichen Bundesstaat Georgia gilt ein staatliches Abtreibungsverbot
nach der sechsten Woche, weil ab dem Zeitpunkt meist ein menschlicher
Herzschlag beim Fötus erkennbar ist. Landesweit gilt es als eines der
restriktivsten: Denn zu dem Zeitpunkt wissen viele Frauen noch gar nicht,
dass sie schwanger sind.
Ausnahmen gibt es unter anderem im Falle eines medizinischen Notfalls. Der
Bundesstaat definiert dies als „eine Situation, in der ein
Schwangerschaftsabbruch notwendig ist, um den Tod der schwangeren Frau oder
die erhebliche und irreversible körperliche Beeinträchtigung einer
wichtigen Körperfunktion der schwangeren Frau zu verhindern.“
## Smiths Fall liegt in einer rechtlichen Grauzone
Smiths Fall befindet sich jedoch in einer rechtlichen Grauzone. Laut der
Mutter der Patientin, April Newkirk, teilten die Ärzte der Familie mit,
dass sie aufgrund des Hirntods gesetzlich verpflichtet seien, die
lebenserhaltenden Maßnahmen aufrechtzuerhalten, bis der Fötus lebensfähig
sei.
Newkirk sagte 11Alive, einem Fernsehsender aus Georgia: „Das ist eine Qual
für mich. Ich sehe meine Tochter atmen, aber sie ist nicht da.“ Auch dem
Fötus geht es nicht gut. Die Ärzte informierten die Familie, dass sich im
Gehirn des Fötus Flüssigkeit gesammelt hat und dass das Kind nach der
Geburt möglicherweise weder sehen noch gehen oder sogar überleben könne.
„Diese Entscheidung hätte uns überlassen werden sollen, niemand sollte zu
so etwas gezwungen werden“, so Newkirk.
In den USA herrscht derzeit ein Kulturkampf um Abtreibungsrechte. Extreme
Fälle wie diese in Georgia zeigen, wie wenig Autonomie Frauen und ungewollt
Schwangere oder ihre direkten Angehörigen über ihre Körper und Situation
haben, wenn solch strikte Gesetze in Kraft treten.
## Rechtlicher Flickenteppich USA
Das Verbot in Georgia basiert auf dem sogenannten Herzschlag-Gesetz, das
2019 verabschiedet wurde und nach der Aufhebung des Grundsatzurteils Roe v.
Wade im Juni 2022 in Kraft trat. Seit der Aufhebung dieses Grundsatzurteils
können US-Bundesstaaten selbst über Abtreibungsrechte entscheiden. Diese
Entscheidung hat zu einem rechtlichen Flickenteppich im ganzen Land
geführt.
Die Situation von Smith erinnert an einen Fall in Texas vor mehr als einem
Jahrzehnt, bei dem eine hirntote Frau etwa zwei Monate lang künstlich am
Leben erhalten wurde, weil sie schwanger war. Die 33-jährige Marlise Muñoz
hatte zuvor geäußert, keine lebenserhaltenden Maßnahmen zu wünschen.
Ein Richter entschied schließlich, dass das Krankenhaus das Gesetz des
Bundesstaates falsch ausgelegt hatte, indem es sie gegen den Willen ihrer
Familie am Leben hielt. Im Januar 2014 ordnete das Gericht an, die
lebenserhaltenden Maßnahmen zu beenden.
Ed Setzler, republikanischer Abgeordnete im Senat des Staates Georgia, der
2019 das Herzschlag-Gesetz eingebracht hatte, sagte laut der
Nachrichtenagentur Associated Press, er unterstütze die Auslegung durch das
Krankenhaus im Fall Smith.
## Was für ein Leben wird das Kind haben?
„Ich halte es für vollkommen angemessen, dass das Krankenhaus tut, was es
kann, um das Leben des Kindes zu retten“, sagte Setzler. „Ich denke, es
handelt sich um einen ungewöhnlichen Fall, aber er unterstreicht den Wert
unschuldigen menschlichen Lebens.“ Die Angehörigen der Frau hätten seiner
Auslegung nach „gute Optionen“ – darunter, das Kind selbst aufzuziehen od…
zur Adoption freizugeben.
„Wir fragen uns, was das Kind für ein Leben haben wird – und wir werden
diejenigen sein, die ihn großziehen“, erklärte Newkirk mit Blick auf die
Zukunft. Für die Familie bedeutet das auch großen finanziellen Aufwand. Der
Bundesstaat beteiligt sich nicht an den medizinischen Kosten und lässt die
Angehörigen mit emotionaler und finanzieller Last allein.
16 May 2025
## AUTOREN
Julia Belzig
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Schwangerschaftsabbruch
Schwerpunkt Abtreibung
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Georgia
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Hirntod
Schwerpunkt USA unter Trump
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