# taz.de -- Israels Außenminister in Berlin: Wadephul sorgt sich | |
> Beim Besuch von Israels Außenminister Gideon Sa’ar zeigen sich | |
> Differenzen mit der Bundesregierung deutlich. Trotzdem gehen | |
> Waffenlieferungen weiter. | |
Bild: Bundesaußenminister Johann Wadephul will seinem Gast Sa'ar wenigstens ga… | |
Deutschlands Außenminister Johann Wadephul hat am Donnerstag seinen | |
israelischen Amtskollegen Gideon Sa’ar empfangen. Am Vormittag besuchten | |
die beiden die Gedenkstätte für die ermordeten Juden Europas, später gaben | |
sie eine Pressekonferenz im Auswärtigen Amt. | |
Dabei betonte Wadephul Deutschlands Verpflichtung für die Sicherheit | |
Israels. Auf die Frage, ob Deutschland weiter Waffen nach Israel liefern | |
werde, antwortete er klar und deutlich mit Ja. Israel müsse sich gegen | |
Angriffe verteidigen können. | |
Wadephul übte aber auch Kritik an der israelischen Regierung. Die Bilder | |
aus Gaza seien „schockierend“ und die humanitäre Hilfe, die in den | |
Küstenstreifen gelange, sei zu wenig. Wadephul habe seinem Amtskollegen | |
gegenüber seine „dringende Bitte“ erneuert, mehr Hilfsmittel nach Gaza zu | |
lassen und dabei internationale Standards einzuhalten. | |
Auch äußerte Wadephul seine Sorgen wegen der „extrem angespannten Lage“ im | |
Westjordanland. [1][Den Plan der israelischen Regierung, 22 neue Siedlungen | |
in dem palästinensischen Gebiet zu genehmigen], lehne Deutschland ab. | |
Dieser sei völkerrechtswidrig und versperre den Weg zu einer | |
Zweistaatenlösung. Stimmen aus dem israelischen Kabinett, die eine Annexion | |
des Westjordanlands fordern, würden Israels Reputation und dem Vertrauen | |
von Nachbarn und Verbündeten schaden. | |
## Erst Rivale von Netanjahu, jetzt sein Außenminister | |
Außenminister Sa’ar wies Kritik an Israels Vorgehen in Gaza zurück. Allein | |
die Hamas sei schuld am Leid von Israelis und Palästinensern. Die | |
israelische Armee halte sich strikt an die Vorgaben des internationalen | |
Rechts, das Land habe seit dem Beginn des Kriegs humanitäre Hilfe nach Gaza | |
gelassen. Internationale Menschenrechtsorganisationen sowie der | |
Internationale Strafgerichtshof kommen in zahlreichen Berichten zu anderen | |
Ergebnissen. | |
Sa’ar galt einst als parteiinterner Rivale von Ministerpräsident Benjamin | |
Netanjahu, [2][gegen den wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in Gaza ein | |
Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs vorliegt]. 2019 traten | |
beide für den Vorsitz der Likud-Partei an. Sa’ar unterlag und gründete im | |
Jahr darauf seine eigene Partei Neue Hoffnung. Er ist studierter Jurist und | |
war unter der Regierung der Netanjahu-Gegner Naftali Bennett und Jair Lapid | |
einst Justizminister. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober | |
2023 näherten sich Sa’ar und Netanjahu wieder an. Im November 2024 machte | |
Netanjahu Sa’ar zum Außenminister. | |
## Merz soll noch dieses Jahr nach Israel reisen | |
Trotz des Haftbefehls hatte Bundeskanzler Friedrich Merz im Februar eine | |
Einladung nach Deutschland an Netanjahu ausgesprochen. Ob dieser | |
tatsächlich demnächst nach Deutschland reisen werde, ließ Wadephul am | |
Donnerstag offen. Er selbst werde jedoch bald wieder nach Israel reisen, | |
auch Merz plane noch in diesem Jahr einen Besuch. | |
[3][Teile der Bundesregierung hatten zuletzt ihren Ton gegenüber Israel | |
verschärft.] Wegen der zerstörerischen Kriegsführung in Gaza, die bereits | |
zigtausend Tote forderte, und der unzureichenden Menge an Hilfsgütern, | |
durch die eine Hungersnot droht. [4][Stimmen, die einen Stop der deutschen | |
Waffenlieferungen fordern, wurden zuletzt lauter, in Politik, Kultur und | |
Zivilgesellschaft.] | |
## Demonstrationen gegen das Außenministertreffen | |
Am Vormittag demonstrierten vor dem Auswärtigen Amt deutlich über hundert | |
Menschen gegen das Treffen der Außenminister. Geladen hatte ein Bündnis, | |
darunter Amnesty International, Oxfam, und die Israelis für Frieden. Ihr | |
Protest richtete sich gegen Israels Blockade von Hilfsmitteln und die | |
deutschen Waffenlieferungen und warb für einen Waffenstillstand. | |
Bei dem Protest ist auch Nimrod Flaschenberg, Mitgründer von Israelis für | |
Frieden. Seit Januar 2024 demonstriert er regelmäßig vor dem Auswärtigen | |
Amt. Deutschland solle nicht nur andere Töne gegenüber Israel anschlagen, | |
sondern auch seine Politik ändern, sagt er: „Netanjahu und seine Regierung | |
sind sehr gut darin, mit Druck umzugehen. Womit sie nicht gut umgehen | |
können, sind konkrete Handlungen.“ Flaschenberg will ein Ende des Krieges: | |
„Solange wir das nicht erreichen, haben wir eine Verantwortung, besonders | |
als Israelis, auf die Straße zu gehen.“ | |
Auch ein paar Politiker:innen der Linkspartei sind zu der Kundgebung | |
erschienen. Nicole Gohlke, Bundestagsabgeordnete aus Bayern, spricht | |
gegenüber der taz von einer [5][„Komplizenschaft“ Deutschlands mit den | |
israelischen Verbrechen.] | |
6 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Alice von Lenthe | |
Leon Holly | |
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