# taz.de -- Berliner Verfassungsgerichtshof: AfD darf Vornamen erfragen | |
> Der Berliner Senat durfte eine Vornamen-Abfrage der AfD nicht verweigern. | |
> Der Beschluss des Berliner Verfassungsgerichtshofes fiel denkbar knapp | |
> aus. | |
Bild: Berliner Verfassungsgerichtshof am Kleistpark | |
BERLIN taz | Der Berliner Senat durfte die Frage eines AfD-Abgeordneten | |
nach den Vornamen deutscher Tatverdächtiger nicht aus Datenschutzgründen | |
verweigern. Das entschied der Berliner Verfassungsgerichtshof. Der | |
Beschluss fiel mit der knappen Mehrheit von fünf gegen vier Richterstimmen, | |
wie das Gericht am Mittwoch mitteilte. Eine Minderheit von vier der neun | |
Richter:innen hielt die Erstellung solcher Vornamenslisten sogar | |
generell für verfassungswidrig. | |
Seit 2018 fragt [1][die AfD im Berliner Abgeordnetenhaus] regelmäßig nach | |
den „Täterhintergründen“ von Messerangriffen in Berlin. Sie will damit | |
belegen, dass „Ausländer“ überproportional vertreten sind und dass unter | |
den deutschen Tatverdächtigen besonders viele eingebürgerte Deutsche sind. | |
Die AfD fragte deshalb jeweils auch nach den 20 häufigsten Vornamen der | |
deutschen Tatverdächtigen. Bis 2023 beantwortete der Senat die Frage. So | |
waren 2022 die häufigsten Vornamen unter 1194 deutschen Tatverdächtigen | |
Christian (11), Nico und Ali (je 8). | |
Erst 2024 weigerte sich der Senat, eine Vornamensliste zusammenzustellen | |
und berief sich auf ein Urteil des niedersächsischen | |
Landesverfassungsgerichts, das die Veröffentlichung der Vornamen von | |
Tatverdächtigen aus Datenschutzgründen für unzulässig erklärt hatte. Gegen | |
die Weigerung erhob der Berliner AfD-Abgeordnete Marc Vallendar eine | |
Organklage beim Berliner Verfassungsgerichtshof. | |
## Gerichtsminderheit beruft sich auf Diskriminierungsverbot | |
Die Klage des AfD-Abgeordneten hatte nun Erfolg. Zumindest die konkrete | |
Begründung des Senats verletze sein in der Landesverfassung garantiertes | |
Fragerecht, entschieden die neun Berliner Verfassungsrichter:innen | |
einmütig. Es sei „nicht plausibel“, ausgerechnet bei der Abfrage der | |
häufigsten Vornamen ein „hohes Identifizierungsrisiko“ von einzelnen | |
Personen anzunehmen. Auch der Verweis auf das niedersächsische Urteil | |
überzeugte nicht, denn dort ging es nur um 19 Tatverdächtige von | |
Gewalttaten in der Silvesternacht 2022/2023. | |
Weitere Argumente des Senats, etwa dass eine Abwertung von eingebürgerten | |
Deutschen als zweitklassige Staatsbürger drohe, hielten fünf der neun | |
Verfassungsrichter:innen für unbeachtlich, weil sie zu spät | |
„nachgeschoben“ wurden. Ob der Senat in kommenden Jahren damit | |
argumentieren kann, ließ die Gerichtsmehrheit offen. | |
Dagegen hielt eine Minderheit von vier Richter:innen die Erstellung | |
solcher Vornamenslisten generell für verfassungswidrig, weil sie gegen das | |
[2][Diskriminierungsverbot und die Menschenwürde-Garantie] der | |
Landesverfassung verstoße. Die Erstellung solcher Vornamenslisten dürfe | |
nach Auffassung der Minderheitsrichter nicht gesetzlich angeordnet und | |
daher auch nicht von Abgeordneten angefordert werden. | |
Die Gerichtsminderheit stützt sich darauf, dass die Berliner | |
Landesverfassung eine Diskriminierung wegen rassistischen Zuschreibungen | |
und daher auch eine Differenzierung deutscher Staatsbürger:innen nach | |
ethnischer Herkunft verbiete. Die Veröffentlichung der Vornamen sei | |
ebenfalls verboten, weil sie „stellvertretend“ für die ethnische Herkunft | |
stehe. Auch die Menschenwürde verbiete eine rechtliche Abwertung | |
eingebürgerter Deutscher. Die Erstellung einer Vornamensliste sei zwar weit | |
von einer Rechtlosstellung von Eingebürgerten entfernt, räumen die | |
Richter:innen ein, „der Grundansatz wäre aber der Gleiche“. | |
5 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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